Keine Kohle mehr
01.02.2013 | Robert Rethfeld
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Der Smog in Peking ist heftiger denn je, wenn man die Medienberichte verfolgt. Die chinesische Führung folgt der erwartbaren menschlichen Reaktionsabfolge. Wenn ein unangenehmes Ereignis eintritt, wird es zunächst geleugnet. Oder man versucht es zu verscheuchen. Bleibt es bzw. kehrt es immer wieder zurück, wird man gezwungen, sich mit der Realität zu befassen. Auch die offiziellen chinesischen Stellen stellen jetzt auffällige Smogwerte fest. Smog in Peking bedroht die Politiker, deren Familien, deren Kinder. Je persönlicher die chinesische Führung getroffen ist, desto stärker dürfte eine erwartbare Anpassungs- und Veränderungsreaktion ausfallen.
Ein Vergleich mit Situation in Deutschland vor 30 Jahren erscheint durchaus angebracht. Die Hochzeit des Smog in Deutschland betraf der Zeitraum 1975 bis 1985. Mehrfach wurden Smog-Alarme ausgerufen. Im Jahr 1985 kam es zu einem Smogalarm der Stufe III im westlichen Ruhrgebiet (z.B. in Duisburg), verbunden mit Fahrverboten und Einschränkungen für die Industrie. Bonn - als damalige Bundeshauptstadt - liegt keine 100 km von Duisburg entfernt. Neben der persönlichen Betroffenheit war die Schaffung einer medialen Öffentlichkeit für dieses Thema die Grundlage für den Sinneswandel. Die Bewegung der Grünen nahm Anfang der 1980er Jahre an Fahrt auf, nicht zuletzt befeuert durch die Smog-Diskussionen. Der Zusammenbruch der DDR und die damit verbundene De-Industialisierung bedeutete den Sargnagel für Smog-Alarme in Deutschland.
Nimmt China einen ähnlichen Weg wie Deutschland in dem Sinne, dass die Führung versucht, die Schadstoffkonzentrationen zu reduzieren? Wichtig ist, dass auch in China ein öffentlicher, medialer Druck zu wirken beginnt. Dies scheint der Fall zu sein.
Aber: Mit Wachstumsraten von 7 bis 8 Prozent pro Jahr kann das Reich der Mitte die Kohlekraftwerke nicht einfach abschalten. Deutschlands Primärenergiebedarf erreichte sein Maximum im Jahr 1979. BP rechnet in seinem Energieausblick für 2030 mit einem Anstieg des chinesischen Energiebedarfs um 80% gegenüber dem heutigen Stand. Wie sollen unter diesen Umständen Kohlekraftwerke abgeschaltet werden können? Dies geht nur, wenn andere Energieformen ausgebaut werden. China plant den massiven Ausbau der Atomkraft sowie weitere Investitionen in erneuerbare Energien. Der Smog dürfte die Ausbaupläne beschleunigen. Nur dauert es, bis neue Kraftwerke ans Netz gehen. Der Smog dürfte daher in den kommenden Jahren als hartnäckiger Kollateralschaden des chinesischen Wirtschaftswachstums erhalten bleiben.
Wie stellen sich die Investment-Opportunitäten dar? Kohle negativ, Erdgas positiv, Erdöl neutral/positiv, Erneuerbare Energien positiv. Dies ist die kurze Antwort. Der Blick auf den Preischart für US-Kohle offenbart Überraschendes: Trotz des in den vergangenen Jahren extrem gestiegenen Kohleverbrauchs in China befindet sich der "US-Coal-Future" in New York auf dem Niveau des Jahres 2004.
Unter den geschilderten Umständen und auch aufgrund des Umstandes, dass billiges "Shale Gas" Kohle in den USA zunehmend ersetzt, sollte der Kohlepreis in den kommenden Jahren tendenziell ein "Short" sein.
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© Robert Rethfeld
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