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Wir sind nicht oberflächlich ...

08.02.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (08.02 Uhr) bei 1.3395, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3371 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 93.25. In der Folge notiert EUR-JPY bei 124.90, während EUR-CHF bei 1.2288 oszilliert. Wir bemühen uns hier in Bremen, nicht oberflächlich oder gar opportunistisch zu analysieren. Wir sind durchaus erstaunt, was der Finanzmarkt aus den Daten und Nachrichten des gestrigen Tages "gezaubert" hat. Zunächst konstatieren wir, dass der Euro ebenso wie der Aktienmarkt für Korrekturen technischer Natur überreif waren und sind. In solchen Situationen sucht sich der "Markt" oder wer sich dafür hält dann Argumentationsmuster ….

Entscheidend war gestern die Pressekonferenz Mario Draghis nach der EZB-Ratssitzung. Draghi hat eine überzeugende und sachlich bestechende Argumentation als auch Beantwortung der Fragen geliefert. Das Thema Monte Paschi/Draghi, das von dem Medien lautstark begleitet wurde, dürfte nach Draghis Einlassungen nun sehr zügig erkalten. Die BoI hat unter seiner Führung geliefert. Die Aufsicht über Banken obliegt nicht der BoI. Draghi Vorwürfe für vernachlässigte Aufgaben zu machen, die nicht in seinem Aufgabengebiet lagen, ist nicht nachvollziehbar. Die Konjunkturlage bezeichnete Draghi als fragil. Unverändert betont die EZB Abwärtsrisiken. Der Ausblick fällt für den Jahresverlauf grundsätzlich positiv aus. Nach anfänglicher Schwäche sollte die Konjunktur schrittweise anziehen, sagte Draghi. Die Bedingungen an den Finanzmärkten seien deutlich weniger angespannt. Inflationsdruck ist für die EZB derzeit kein kritisches Thema. Die Inflationsrisiken seien ausgewogen. Die Geldpolitik wird weiter akkomodierend ausfallen.


Mit Argusaugen war der Finanzmarkt auf Äußerungen Draghis zum Anstieg des Euros fixiert.

• Draghi sagte, dass die Aufwertung ein Zeichen für die Rückkehr des Vertrauens sei. Daraus eine Abneigung gegen einen freundlichen und stabilen Euro abzuleiten, überlassen wir anderen Analysten.
• Darüber hinaus sagte Draghi sachlich vollständig richtig, dass Wechselkurse Fundamentaldaten spiegeln sollten. Dem stimmen wir umfänglich zu. Die vergangenen 12 Monate lieferten Bewertungen, die eben nicht fundamental zu rechtfertigen waren. Das gilt vor allen Dingen für JPY, CHF und GBP und in Ansätzen für den USD.
• Genau aus diesem Grunde sagte Draghi, dass sowohl der nominale als auch der reale Effekt der Wechselkurse bei oder in der Nähe der langfristigen Durchschnittswerte liege. Mehr noch betonte Draghi, dass die EZB keine Wechselkursziele habe. In diesen Äußerungen den Willen erkennen zu wollen, den Euro schwach zu reden, wäre abstrus.
• Draghi sagte darüber hinaus, dass der Wechselkurs wichtig für Wachstum und Preisstabilität ist. Man wolle sich anschauen, ob die Aufwertung dauerhaft sei und ob sich die Risikoeinschätzung für die Preisstabilität verändere. Fakt ist, dass ein fester Euro Inflationsdruck verhindern hilft. Ergo ist hier nicht ansatzweise ein Katalysator für aggressive Euro-Verkaufswelle gegeben.

Wir nehmen die Marktreaktion zur Kenntnis und verbinden sie mit technischen Modalitäten. Die uns angetragenen Argumentationen der „Profis“ lassen uns irritiert zurück …

Wenden wir uns dem nächsten europäischen Thema zu. Gestern hat kaum jemand einen Pfifferling darauf gesetzt, dass die EU in der Haushaltsdebatte zu einem Kompromiss finden würde. Nun haben wir den Kompromiss. Wir sind hoch erfreut. Das „Outline“ ist in der Rubrik "Letzte Nachrichten" nachzulesen. Fraglos wird jetzt noch an vielen Details gearbeitet. Schlussendlich muss das Europäische Parlament auch noch seinen Segen geben. Grundsätzlich sind wir optimistisch, dass eine Tragfähigkeit des aktuell gefundenen Kompromisses auf parlamentarischer Ebene gefunden wird. Ein Belastungsfaktor stellt diese positiv überraschende Wendung auf keinen Fall für den Euro dar.


Haben die Konjunkturdaten gestern enttäuscht oder positiv überrascht?

Schauen wir zunächst nach China! Was sich in den Importen und Exporten im Januar abspielte war massiv. Exporte legten im Jahresvergleich um mehr als 25% und Importe um mehr als 28% zu. Der Verweis auf das „Lunar New Year“ als Verwerfung lassen wir nur ansatzweise gelten. Auch in Japan tut sich was. Die Ankündigungen der japanischen Regierung und Zentralbank zeigen im Sentiment Wirkung. Der Index der „Economy Watchers Poll” legte per Berichtsmonat Januar deutlich von 45,8 auf 49,5 Punkte zu.

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Erste Ansätze der Belebung der Kreditvergabe sind in Japan erkennbar. Die Kreditvergabe durch Banken nahm per Januar im Jahresvergleich um 1,3% nach zuvor 1,1% zu.

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Die Kreditvergabe an private Haushalte lässt in den USA keine Wünsche offen. Die USVerbraucherkredite verzeichneten per Dezember einen Anstieg um 14,50 Mrd. USD (Prognose
13,3 Mrd. USD) nach revidiert +15,91 Mrd. USD per November. Die US-Arbeitslosenerstanträge sanken in der Berichtswoche per 2. Februar von zuvor 371.000 auf 366.000. damit lag das Niveau leicht über den bei 360.000 angesiedelten Erwartungen, ohne eine neue Tendenz zu begründen. Der beigefügte Chart lässt keine andere Sichtweise zu.

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Die deutsche Industrieproduktion legte per Dezember um 0,3% zu. Die Prognose lag bei +0,2%. Der Vormonat wurde von +0,2% auf -0,2% revidiert. Hier enttäuschte das aggregierte Ergebnis leicht. Der Chart verdeutlicht die Abschwächung seit 3. Quartal 2011 mit einer aktuellen Bodenbildung der Produktion.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1.3200 - 30 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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