Massives Angebotsdefizit am Palladiummarkt
17.05.2011 | Eugen Weinberg
Energie
Der Brentölpreis fällt am Morgen auf 111 USD je Barrel, obwohl der Gegenwind von der Wechselkursseite in Form eines etwas schwächeren US-Dollar nachgelassen hat. Ein Großteil des aktuellen Preisrückgangs ist auf den heutigen Kontraktwechsel zurückzuführen. Die Terminkurve bei Brent befindet sich derzeit in Backwardation. Zum Zeitpunkt der Umstellung notierte der Juli-Kontrakt etwa 2 USD niedriger als der ausgelaufene Juni-Kontrakt. Aber auch der WTI-Preis hat um mehr als 2% auf 97 USD je Barrel nachgegeben.
Als preisbelastend wirkte hier ein kräftiger Rückgang der US-Benzinpreise. Nach der Öffnung eines Fluttores hat sich die Gefahr verringert, dass die Überflutungen des Mississippi zu vorübergehenden Raffinerieschließungen im US-Bundesstaat Louisiana führen könnten. Das betroffene Gebiet steht immerhin für 12% der US-Raffineriekapazitäten. Aufgrund einer geringeren Raffinerietätigkeit bei anhaltend hohen Importen dürfte es in der vergangenen Woche dennoch zu einem weiteren Lageraufbau bei Rohöl gekommen sein.
Die Lagerbestände in Cushing könnten im Zuge dessen auf ein Rekordniveau steigen, was insbesondere den WTI-Preis weiter belasten dürfte und für eine Ausweitung der Preisdifferenz zugunsten von Brent spricht. Das API veröffentlicht die Daten heute Abend nach Handelsschluss, das US-Energieministerium morgen Nachmittag.
Edelmetalle
Laut dem Hedge-Bericht des Edelmetallmarktspezialisten GFMS haben die Goldproduzenten im 4. Quartal 2010 ihre Gold-Terminverkäufe gegenüber dem Vorquartal um weitere 1,51 Mio. Unzen bzw. 47 Tonnen reduziert. Im Gesamtjahr 2010 haben sie damit 3,3 Mio. Unzen bzw. 103 Tonnen Gold zurückgekauft, etwas weniger als die vom World Gold Council geschätzten 136 Tonnen. Das Volumen aller Gold-Hedges hat sich auf nur noch 4,86 Mio. Unzen bzw. 151 Tonnen reduziert, davon sogar 1,1 Mio. Unzen über Optionen, die keine Verkaufsverpflichtung darstellen. Noch Anfang 2001 lagen sie bei über 100 Mio. Unzen bzw. 3.100 Tonnen Gold und waren somit mehr als 20 Mal größer als jetzt.
In den vergangenen zehn Jahren leisteten die Hedge-Schließungen einen wichtigen Beitrag zum Preisanstieg, weil sie kontinuierlich eine signifikante Menge des Angebots entzogen. Allerdings fehlt nun künftig diese wichtige angebotsdämpfende Komponente, weil die Produzenten jährlich höchstens 40-50 Tonnen Gold zurückkaufen und somit ca. 1% der "Nachfrage" ausmachen werden.
Gestern hat Johnson Matthey seinen Jahresbericht 2010 vorgelegt. Der Überschuss bei Platin lag mit nur 20 Tsd. Unzen deutlich unter der vorherigen Schätzung von 290 Tsd. Unzen. Der Palladiummarkt wies trotz russischer Reserveverkäufe von ca. 1 Mio. Unzen sogar ein Defizit von 490 Tsd. Unzen auf. Für die deutliche Einengung sorgte zum einen die gute Weltkonjunktur, weshalb die Nachfrage nach Autokatalysatoren stärker als erwartet ausfiel. Zum anderen aber war auch die Investorennachfrage erneut sehr stark. Wir gehen davon aus, dass die beiden Faktoren auch in diesem Jahr ausschlaggebende Preisdeterminanten bleiben werden und rechnen bei beiden Metallen mit weiteren Preissteigerungen.
Industriemetalle
Zuletzt gab es am Aluminiummarkt einen Funken Hoffnung, dass sich die gigantischen Lagerbestände im LME-System bald reduzieren würden. Die Anzahl der sog. cancelled warrants, also gekündigter Lagerscheine, war Ende April auf den höchsten Stand bei über 340 Tsd. Tonnen geklettert, was auf hohe bevorstehende Auslieferungen hindeutete. Ähnlich wie im Vorjahr (Grafik des Tages) als sich die LME-Lagerbestände seit März im weiteren Jahresverlauf um über 300 Tsd. Tonnen reduziert hatten, könnte es auch in diesem Jahr laufen.
Diese Hoffnungen dürften seit gestern einen massiven Dämpfer bekommen haben, als die LME erneut kräftige Materialzuflüsse gemeldet hat, wobei die gesamten Lagerbestände jetzt einen Rekordwert von 4,7 Mio. Tonnen aufweisen. Zuletzt hat der unerwartet starke Anstieg der LME-Lagerbestände in Asien die Märkte besorgt, die seit Jahresbeginn um 85 Tsd. Tonnen und in den letzten Tagen allein um rund 50 Tsd. Tonnen zugenommen haben. Nun aber wurde für den Lagerort Detroit, wo im Übrigen auch über 90% aller "cancelled warrants" gemeldet sind, gestern ein Anstieg der Lagerbestände um 53,5 Tsd. Tonnen gemeldet. Dies könnte Befürchtungen vor einer möglichen Abschwächung der US-Nachfrage schüren und den Rückgang der Metallpreise begünstigen.
Genährt werden diese Befürchtungen von den jüngsten Importzahlen. Die US-Einfuhren für Aluminium im ersten Quartal lagen mit 311 Tsd. Tonnen 20% niedriger als im Vergleichzeitraum des Vorjahres. Die Importe Chinas beliefen sich in den ersten vier Monaten auf 321 Tsd. Tonnen und waren damit 8,4% niedriger als im Vorjahr.
Agrarrohstoffe
Während der gestrige USDA-Erntefortschrittsbericht für Mais zumindest ein Aufholen im verzögerten Aussaatprozess bescheinigt, spitzt sich die Lage bei Winterweizen in den USA weiter zu. Der Anteil der in gutem oder sehr gutem Zustand beschriebenen Pflanzen wird mit 32% nochmals um einen Prozentpunkt niedriger als in der Vorwoche angesetzt. 44% der Pflanzen sind dagegen in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand. Dies ist die schlechteste Bewertung seit 1996. Besonders dramatisch ist die Situation in den Staaten mit den größten Winterweizenflächen.
In Kansas fallen gut die Hälfte, in Oklahoma und Texas sogar 80% bzw 75% der Pflanzen in die Kategorie "schlecht" oder "sehr schlecht". Gerade in den südlichen Gebieten käme nun Regen zu spät, um noch eine wesentliche Verbesserung herbeiführen zu können.
Auch die Aussaat von Sommerweizen hinkt aufgrund von zuviel Nässe in den nördlichen Anbaugebieten des Mittleren Westens mit 36% dem langjährigen Durchschnitt um mehr als zwei Wochen hinterher. Daher mehren sich Stimmen, die die letzte Woche veröffentlichte Schätzung des USDA, wonach die gesamte Weizenernte der USA in diesem Jahr gegenüber 2010 "nur" um 7,5% niedriger ausfallen soll, für zu optimistisch halten. Auch wir sehen die Risiken im weltgrößten Exportland auf der unteren Seite. Wir erwarten daher, dass sich die Weizenpreise in Chicago wieder auf die 8 USD-Marke zubewegen werden.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der Brentölpreis fällt am Morgen auf 111 USD je Barrel, obwohl der Gegenwind von der Wechselkursseite in Form eines etwas schwächeren US-Dollar nachgelassen hat. Ein Großteil des aktuellen Preisrückgangs ist auf den heutigen Kontraktwechsel zurückzuführen. Die Terminkurve bei Brent befindet sich derzeit in Backwardation. Zum Zeitpunkt der Umstellung notierte der Juli-Kontrakt etwa 2 USD niedriger als der ausgelaufene Juni-Kontrakt. Aber auch der WTI-Preis hat um mehr als 2% auf 97 USD je Barrel nachgegeben.
Als preisbelastend wirkte hier ein kräftiger Rückgang der US-Benzinpreise. Nach der Öffnung eines Fluttores hat sich die Gefahr verringert, dass die Überflutungen des Mississippi zu vorübergehenden Raffinerieschließungen im US-Bundesstaat Louisiana führen könnten. Das betroffene Gebiet steht immerhin für 12% der US-Raffineriekapazitäten. Aufgrund einer geringeren Raffinerietätigkeit bei anhaltend hohen Importen dürfte es in der vergangenen Woche dennoch zu einem weiteren Lageraufbau bei Rohöl gekommen sein.
Die Lagerbestände in Cushing könnten im Zuge dessen auf ein Rekordniveau steigen, was insbesondere den WTI-Preis weiter belasten dürfte und für eine Ausweitung der Preisdifferenz zugunsten von Brent spricht. Das API veröffentlicht die Daten heute Abend nach Handelsschluss, das US-Energieministerium morgen Nachmittag.
Edelmetalle
Laut dem Hedge-Bericht des Edelmetallmarktspezialisten GFMS haben die Goldproduzenten im 4. Quartal 2010 ihre Gold-Terminverkäufe gegenüber dem Vorquartal um weitere 1,51 Mio. Unzen bzw. 47 Tonnen reduziert. Im Gesamtjahr 2010 haben sie damit 3,3 Mio. Unzen bzw. 103 Tonnen Gold zurückgekauft, etwas weniger als die vom World Gold Council geschätzten 136 Tonnen. Das Volumen aller Gold-Hedges hat sich auf nur noch 4,86 Mio. Unzen bzw. 151 Tonnen reduziert, davon sogar 1,1 Mio. Unzen über Optionen, die keine Verkaufsverpflichtung darstellen. Noch Anfang 2001 lagen sie bei über 100 Mio. Unzen bzw. 3.100 Tonnen Gold und waren somit mehr als 20 Mal größer als jetzt.
In den vergangenen zehn Jahren leisteten die Hedge-Schließungen einen wichtigen Beitrag zum Preisanstieg, weil sie kontinuierlich eine signifikante Menge des Angebots entzogen. Allerdings fehlt nun künftig diese wichtige angebotsdämpfende Komponente, weil die Produzenten jährlich höchstens 40-50 Tonnen Gold zurückkaufen und somit ca. 1% der "Nachfrage" ausmachen werden.
Gestern hat Johnson Matthey seinen Jahresbericht 2010 vorgelegt. Der Überschuss bei Platin lag mit nur 20 Tsd. Unzen deutlich unter der vorherigen Schätzung von 290 Tsd. Unzen. Der Palladiummarkt wies trotz russischer Reserveverkäufe von ca. 1 Mio. Unzen sogar ein Defizit von 490 Tsd. Unzen auf. Für die deutliche Einengung sorgte zum einen die gute Weltkonjunktur, weshalb die Nachfrage nach Autokatalysatoren stärker als erwartet ausfiel. Zum anderen aber war auch die Investorennachfrage erneut sehr stark. Wir gehen davon aus, dass die beiden Faktoren auch in diesem Jahr ausschlaggebende Preisdeterminanten bleiben werden und rechnen bei beiden Metallen mit weiteren Preissteigerungen.
Industriemetalle
Zuletzt gab es am Aluminiummarkt einen Funken Hoffnung, dass sich die gigantischen Lagerbestände im LME-System bald reduzieren würden. Die Anzahl der sog. cancelled warrants, also gekündigter Lagerscheine, war Ende April auf den höchsten Stand bei über 340 Tsd. Tonnen geklettert, was auf hohe bevorstehende Auslieferungen hindeutete. Ähnlich wie im Vorjahr (Grafik des Tages) als sich die LME-Lagerbestände seit März im weiteren Jahresverlauf um über 300 Tsd. Tonnen reduziert hatten, könnte es auch in diesem Jahr laufen.
Diese Hoffnungen dürften seit gestern einen massiven Dämpfer bekommen haben, als die LME erneut kräftige Materialzuflüsse gemeldet hat, wobei die gesamten Lagerbestände jetzt einen Rekordwert von 4,7 Mio. Tonnen aufweisen. Zuletzt hat der unerwartet starke Anstieg der LME-Lagerbestände in Asien die Märkte besorgt, die seit Jahresbeginn um 85 Tsd. Tonnen und in den letzten Tagen allein um rund 50 Tsd. Tonnen zugenommen haben. Nun aber wurde für den Lagerort Detroit, wo im Übrigen auch über 90% aller "cancelled warrants" gemeldet sind, gestern ein Anstieg der Lagerbestände um 53,5 Tsd. Tonnen gemeldet. Dies könnte Befürchtungen vor einer möglichen Abschwächung der US-Nachfrage schüren und den Rückgang der Metallpreise begünstigen.
Genährt werden diese Befürchtungen von den jüngsten Importzahlen. Die US-Einfuhren für Aluminium im ersten Quartal lagen mit 311 Tsd. Tonnen 20% niedriger als im Vergleichzeitraum des Vorjahres. Die Importe Chinas beliefen sich in den ersten vier Monaten auf 321 Tsd. Tonnen und waren damit 8,4% niedriger als im Vorjahr.
Agrarrohstoffe
Während der gestrige USDA-Erntefortschrittsbericht für Mais zumindest ein Aufholen im verzögerten Aussaatprozess bescheinigt, spitzt sich die Lage bei Winterweizen in den USA weiter zu. Der Anteil der in gutem oder sehr gutem Zustand beschriebenen Pflanzen wird mit 32% nochmals um einen Prozentpunkt niedriger als in der Vorwoche angesetzt. 44% der Pflanzen sind dagegen in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand. Dies ist die schlechteste Bewertung seit 1996. Besonders dramatisch ist die Situation in den Staaten mit den größten Winterweizenflächen.
In Kansas fallen gut die Hälfte, in Oklahoma und Texas sogar 80% bzw 75% der Pflanzen in die Kategorie "schlecht" oder "sehr schlecht". Gerade in den südlichen Gebieten käme nun Regen zu spät, um noch eine wesentliche Verbesserung herbeiführen zu können.
Auch die Aussaat von Sommerweizen hinkt aufgrund von zuviel Nässe in den nördlichen Anbaugebieten des Mittleren Westens mit 36% dem langjährigen Durchschnitt um mehr als zwei Wochen hinterher. Daher mehren sich Stimmen, die die letzte Woche veröffentlichte Schätzung des USDA, wonach die gesamte Weizenernte der USA in diesem Jahr gegenüber 2010 "nur" um 7,5% niedriger ausfallen soll, für zu optimistisch halten. Auch wir sehen die Risiken im weltgrößten Exportland auf der unteren Seite. Wir erwarten daher, dass sich die Weizenpreise in Chicago wieder auf die 8 USD-Marke zubewegen werden.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.