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Rohstoffmärkte im Bann der US-Konjunkturdaten

03.06.2011  |  Eugen Weinberg
Energie:

Der Ölmarkt konnte sich gestern von den Verlusten des Vortages in Folge der stark enttäuschenden US-Konjunkturdaten nicht erholen. Brentöl fiel zurück auf 115 USD je Barrel, WTI notiert bei 100 USD.

Zusätzlich belasteten gestern die US Lagerdaten, die am Nachmittag vom amerikanischen Energieministerium veröffentlicht wurden (Der Effekt der Schließung der Keystone-Pipeline schlägt sich in den Daten noch nicht nieder.) Demnach waren die Rohölvorräte in der Woche zum 27. Mai um 2,9 Mio. Barrel gestiegen statt wie erwartet um 1,6 Mio. Barrel zu fallen. Auch die Benzinvorräte stiegen trotz des Beginns der Fahrsaison kräftig um 2,6 Mio. Barrel.

Nicht ins Bild passte zwar die zugleich gestiegene Benzinnachfrage, aber im gleitenden Vierwochen-Durchnitt liegt diese noch immer unter Vorjahr. Zudem haben sich die Perspektiven für die Ölnachfrage im mit Abstand wichtigsten Verbrauchsland angesichts der schlechten Konjunkturdaten eingetrübt. Am Ölmarkt rückt zunehmend die OPEC-Sitzung in der kommenden Woche in den Fokus. Erstmals seit langem wird eine Quotenerhöhung nicht ausgeschlossen. Schließlich hat sich Rohöl seit der letzten Sitzung im Dezember nicht zuletzt in Folge der Produktionsausfälle in Libyen um 25 USD je Barrel verteuert. Auch wenn - wie wir mutmaßen - die Quoten nicht offiziell verändert werden, signalisiert die OPEC ihre Bereitschaft zu einer Produktionsausweitung.

So zeigte sich bspw. der saudische Ölminister al-Naimi bereit, einer stärkeren Nachfrage mit einer höheren Förderung zu begegnen. Aus Industriekreisen hieß es, man bereite eine zusätzliche Produktion von 0,5 Mio. Barrel pro Tag vor. Im Mai hatte die OPEC ihr Angebot gemäß der jüngsten Bloomberg-Schätzung nur leicht um 165 Tsd. Barrel pro Tag ausgedehnt. Saudi-Arabien produzierte demnach 8,9 Mio. Barrel pro Tag.


Edelmetalle:

Gold hält sich aufgrund seiner Funktion als stabile Währung im allgemeinen Abwärtstrend der Rohstoffmärkte relativ gut und notiert weiterhin bei gut 1.530 USD je Feinunze. Konjunktursorgen sowie die Warnung der Ratingagentur Moody’s vor einer Herabstufung der amerikanischen Kreditwürdigkeit machen die Märkte nervös und lassen die Investoren nach einem "sicheren Hafen" suchen. Im Gegensatz dazu geraten die anderen Edelmetalle, die einen stärkeren Rohstoffcharakter als Gold aufweisen, vermehrt unter Druck.

Der größte Verlierer ist Silber, das seit Mittwoch knapp 7% eingebüßt hat und damit wieder einmal der nervöseste Markt ist. Die durchschnittliche historische 10-Tagesvolatilität seit Jahresbeginn liegt bei Silber drei Mal so hoch wie bei Gold. Es scheinen sich im übrigen nicht nur die spekulativen Finanzinvestoren aus dem Markt zu verabschieden, die seit Jahresbeginn ihre Nettolongpositionen um 43% reduziert haben. Auch die langfristigen Anleger werden zunehmend skeptisch: die Bestände des iShares Silver Trust fielen im letzten Monat um 1.077 Tonnen, etwa 10% seines Gesamtvolumens.


Industriemetalle:

Die Konjunktursorgen lasteten am schwersten auf den Industriemetallen, die sich heute Morgen allerdings etwas erholen können. Nicht zuletzt in Folge des starken Einbruchs des ISM Index haben unsere Volkswirte ihre US-Wachstumsprognose für das laufende Jahr von 3% auf 2,3% nach unten angepasst. Immerhin sind die USA nach China an fast allen Metallmärkten der zweitwichtigste Verbraucher.

Die heute Nachmittag zu Veröffentlichung anstehenden US-Arbeitsmarktdaten werden deshalb am Markt mit Spannung erwartet. Aluminium gab mit gut 2% unterdurchschnittlich nach: wie gesagt stützen hier die Sorgen vor möglichen Produktionsausfällen in China. Dies könnte derzeit auch zu vorgezogenen Käufen führen. Immerhin sind die Lager in Shanghai in der letzten Woche um weitere 14 Tsd. auf 319 Tsd. Tonnen abgebaut worden. Ingesamt wurden seit Jahresbeginn 122 Tsd. Tonnen dem Lager entnommen.

Auch an den LME Lagern waren zuletzt wieder leichte Abflüsse zu verzeichnen, nachdem diese allerdings Mitte Mai noch auf einen Rekordniveau von 4,7 Mio. Tonnen gestiegen waren. Kupfer fiel im Zuge der Korrektur unter die psychologisch wichtige Marke von 9.000 USD je Tonne, kann diese Marke aber heute Morgen zurückerobern. Die Kupfer-Lagerbestände in Shanghai sind zwar im Vergleich zur Vorwoche leicht gestiegen, aber sie sind noch immer nur halb so hoch wie im März.

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Agrarrohstoffe:

Notierungen für Rohzucker an der ICE in New York haben im gestrigen Tagesverlauf um 4,7% angezogen. Hintergrund sind Befürchtungen, dass die auf Rekordniveau erwartete brasilianische Ernte die in sie gesteckten Erwartungen nicht erfüllt. Die regenbedingten Verzögerungen bei der Ernte lasten auf der Stimmung, ebenso wie der von der Industrievereinigung UNICA Ende Mai gemeldete enttäuschende Zuckergehalt des geernteten Rohrs. Die Korrektur nach dem starken Preissturz im Februar und März, als erhöhte Überschussprognosen den Markt belasteten und Finanzanleger deutlich skeptischer bezüglich der weiteren Preisentwicklung wurden, dürfte sich noch moderat fortsetzen.

Am Weizenmarkt hat die anfängliche Euphorie über die baldige Wiederaufnahme russischer Exporte neuer Skepsis Platz gemacht. Zum einen wird befürchtet, die nach der Ankündigung sprunghaft gestiegenen russischen Preise für Weizen könnten die Regierung zu einem (Teil-)Rückzug, etwa in Form von Exportsteuern oder -höchstgrenzen, bewegen. Zudem hat auch die benachbarte Ukraine ihre offizielle Schätzung für das Exportpotenzial an Getreiden reduziert und das Analysehaus Informa seine Ernteprognosen für Weizen in den USA, der EU und Kanada zum Teil empfindlich zurückgenommen. Dagegen erwartet China trotz langer anfänglicher Trockenheit eine sehr gute Ernte. Da das Land aber am internationalen Weizenmarkt bisher quasi nicht engagiert ist, fällt diese Meldung kaum ins Gewicht.


DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst





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