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Komiker und verurteilter Populist in Italien drehen das globale Szenario - Risiken für Jahresausblick 2013 nehmen zu!

26.02.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.41 Uhr) bei 1.3065, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im asiatischen Handel bei 1.3040 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 91.77. In der Folge notiert EUR-JPY bei 119.90, während EUR-CHF bei 1.2148 oszilliert.

Alles ist mit allem verknüpft. Die Wahl in Italien ist in der globalen Finanzwirtschaft und damit auch in der globalen Realwirtschaft zunächst als Erschütterung spürbar. Es kann jedoch deutlich mehr werden.

In den kommenden Tagen wird in Italien entschieden, wie der globale Konjunkturzyklus weiter verlaufen wird,

  • ob es zu dauerhaften Ansteckungen innerhalb der Eurozone zu Lasten der Reformländer kommt (Spanien leidet bereits vehement),
  • ob die Eurozone Zukunft hat
  • und ob ein Zerfall der Eurozone das von der Prognos AG ermittelte Schadensniveau von 17,6 Billionen Euro (dagegen waren Lehman „Peanuts“) erfüllt, unterschreitet oder trifft.

Schlussendlich entscheidet die Elite der Politik in Italien auch,

  • ob die eigene Bevölkerung unter Reformen leidet, aber Zukunftsfähigkeit schafft
  • oder in einer weltweiten Depression als Folge des Zerfalls der Eurozone ganz anderen Belastungen ausgesetzt wird.

Unsere Wahlannahme, dass Berlusconi er nicht schaffen wird, war richtig und dennoch falsch. Alle Gesetze müssen den Senat passieren. Im Senat gibt es keine Mehrheit für das Mitte-Links Bündnis, auch keine Mehrheit für Mitte-Rechts Bündnis. Diese Pattsituation ist das Problem Italiens, der Reformländer, der Eurozone und der Weltwirtschaft als auch des Weltfinanzsystems.

Die Protestwahl, die Herrn Grillo weit nach vorne katapultierte, weil die Italiener mit den Belastungen der Reformpolitik Montis unzufrieden waren (nachdem sie zuvor mit Berlusconi unzuzfrieden waren), wird nun die Belastungen der Italiener drastisch erhöhen, sofern es nicht zu einer sinnvollen politischen Zusammenarbeit im Senat kommt.

Noch irritierender ist der Zuspruch, den Berlusconi erfährt. Dieser Mann hat Italien in seinen Amtszeiten vor die Wand gefahren. Es ist immer wieder irritierend, wenn Täter belohnt werden. Musste Berlusconi nicht wegen Erfolglosigkeit und des Risikos der italienischen Insolvenz sein Amt zu Gunsten Montis abgeben?

Den Vorgeschmack der Folgen der Wahl hat Italien an den Finanzmärkten bereits erfahren. Nachdem der Aufschlag gegenüber deutschen Bundesanleihen gestern zunächst mit den für Bersani positiven Prognosen sank, liegt dieser Aufschlag nur wenige Stunden später um circa 0,5% höher.

Je länger die politische Unsicherheit andauert, desto teurer wird es für den Durchschnittsitaliener und den Staat. Unter diesen Bedingungen werden realwirtschaftliche Investitionen, die zwingend für eine Belebung der italienischen Wirtschaft erforderlich sind, ausbleiben. Arbeitslosigkeit wird zunehmen, nicht abnehmen. Protestwahlen können sehr teuer sein!

Hilfestellung der EZB bekommen nur die Länder, die unter den ESM schlüpfen und sich an den Fiskalpakt halten. Mit Berlusconi und Grillo wird da nichts zu machen sein. Ergo führt diese Wahl das italienische Volk in eine prekäre Situation.

Es sei denn Ratio obwaltet und populistische Parolen weichen der normativen Kraft des Faktischen.

Diese Chance sollte nicht unterschätzt werden. Vor der Wahl ist nicht nach der Wahl. Fakt ist jedoch, dass jeder Tag zählt. Risikoaversion nimmt immer schneller zu, als dass sie abnimmt. Verzögerung bedeutet, dass alle Reformländer in Mithaftung genommen werden und damit die erfolgreichen Reformen nicht von der Finanz- und der Realwirtschaft diskontiert werden.

Das Thema Neuwahl in Italien mag auf ersten Blick attraktiv wirken. Es ist hinsichtlich des Zeitablaufs nicht Ziel führend.

Das Wahldebakel in Griechenland war im letzten Jahr der Katalysator für eine Verschärfung der europäischen Defizitkrise mit dem Höhepunkt im September 2012. Ob die Eurozone eine zweite derartige Belastung aushalten würde, ist mit Fragezeichen versehen.

Fakt ist, dass das Risiko für die Jahresprognose 2013 hinsichtlich des aktuellen politischen Hintergrunds deutlich zunimmt.

Fakt ist, dass die positiven Konjunkturdaten, ob aus Deutschland, Fernost oder USA durch die derzeitige politische Wendung in ihrer Aussagekraft mit dem gestrigen Wahlausgang nachhaltig nivelliert wurden.

Seit September nahm die europäische Defizitkrise sukzessive in ihrer Virulenz dank der verantwortungsvollen Rolle der EZB ab. Dank der italienischen Wahl hat sie seit dem 25. Februar 2013 stark zugenommen.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR USD favorisiert. Ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.2950 - 1.3450 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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