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Märkte schauen nach Washington und Rom - Verunsicherung bleibt spürbar

01.03.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.53 Uhr) bei 1.3165, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im asiatischen Handel bei 1.3054 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 92.45. In der Folge notiert EUR-JPY bei 120.75, während UR-CHF bei 1.2235 oszilliert.

Italien beschäftigt uns weiter umfänglich. Während Präsident Napolitano Zuversicht bezüglich einer Regierungsbildung schürt und einen verantwortungsvollen Umgang seitens Italiens mit den Partnerländern verspricht, verweigert sich Herr Bersani öffentlich der Option einer großen Koalition mit Berlusconi.

Wir nehmen die italienische Verbalakrobatik zur Kenntnis und wiederholen, dass jeder verlorene Tag die Rechnung des Durchschnittswählers für die Protestwahl in Italien erhöht und zusätzlich die anderen Reformländer in ihrem Reformprozess behindert werden.

Wir gehen davon aus, dass Italien eine handlungsfähige Regierung auf die Beine stellen wird. Wir diskutieren intern, wie viel Selbstverstümmelung fiskalischer und ökonomischer (Investitionsstarre) Natur man sich in Italien bis dahin zufügt und wie unsolidarisch man mit den anderen Reformländern der Eurozone ist.

Washington beschäftigt uns auch. Was für ein opulenter Sturm im Wasserglas! Finanzmärkte zittern ob der Umsetzung der automatischen Budgetkürzungen in einem Volumen von 85 Mrd. USD. Wie viel % des US-BIP sind diese 85 Mrd. USD? 85 Mrd. USD entsprechen 0,62% des US-BIP. Die Erwartungshaltung, dass diese Einsparsumme 0,5%Wachstum kosten wird, nehmen wir zur Kenntnis.

Fakt ist, dass die Fed jeden Monat das US-System mit 85 Mrd. USD über Anleiheankäufe subventioniert. Fakt ist, dass die automatischen Kürzungen in Höhe von 85 Mrd. USD gerade einmal 7% der voraussichtlichen Neuverschuldung von1200 Mrd. USD sind. Fakt ist, dass die USA trotz dieser im Vergleich zu den europäischen Reformländern marginalen Budgetanpassungen sehr solides Wachstum im Dunstkreis von 2% liefern wird. Die aktuelle Diskussion an den Märkten irritiert. Das wäre anders, wenn sich die USA auf einen kontinentaleuropäischen Reformkurs bewegen würden. Dann wären diese Befürchtungen in der Tat gerechtfertigt!

In dem Zusammenhang der US-Haushaltsdebatte erlauben wir uns ein paar Haushaltsdaten aus der Eurozone per Jahresanfang 2013 zu offerieren, die leider im Gegensatz zu den negativen Haushaltsdaten von den Medien unkommentiert bleiben:

  • Im Januar 2013 kam es in Griechenland zu einem Haushaltsüberschuss in Höhe von 200 Mio. nach -900 Mio. Euro im Vorjahr.
  • Im Januar 2013 hat Irland einen Haushaltsüberschuss in Höhe von 700 Mio. Euro erreicht (Vorjahr -900 Mio.).

Bei der Interpretation von Monatsdaten ist immer Vorsicht geboten. Die Jahresvergleichswerte sind jedoch aussagekräftig.

Die politischen Unsicherheiten bestimmen das Stimmungsbild und die Risikoneigung an den Märkten und implizit in der Realwirtschaft. Diese beiden dargestellten Themen sind fraglos Sand im Getriebe. Die Menge des Sands ist jedoch überschaubar.

Wenden wir uns den Konjunkturdaten zu:

Erst einmal senden wir ein freundliches "Chapeau“ an den deutschen Verbraucher. Es ist nicht nur GfK Statistik, sondern es ist auch reales Kaufverhalten, das positive Akzente setzt. Die deutschen Einzelhandelsumsätze verzeichneten per Berichtsmonat Januar mit +3,1% den höchsten monatlichen Zuwachs seit sechs Jahren. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um +2,4% (Prognose -1,8%) nach zuvor -3,7%. Im nachfolgenden Chart ist der Index der Einzelhandelumsätze abgebildet. Basisjahr ist 2010 (=100). Der aktuelle Wert steht bei 102,00 nach 98,9 Per Dezember 2012.

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Die Verbraucherpreise der Eurozone stellten sich imJahresvergleich per Januar auf +2,0% nach zuvor 2,2%. Der Wert entsprach der Konsensusprognose.

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Der deutsche Arbeitsmarkt setzte positive Akzente. Saisonal bereinigt verharrte die Arbeitslosenquote bei 6,9%. Saisonal bereinigt waren 3000 Menschen weniger arbeitslos als im Vormonat. Seit drei Monaten sinkt die Arbeitslosigkeit in der saisonal bereinigten Fassung. Hinsichtlich der ausgeprägten Konjunkturschwäche per 4. Quartal 2012 ist diese Arbeitsmarktentwicklung als erstaunlich positiv zu klassifizieren.

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Die US-Daten waren schlicht weg und ergreifend erfrischend:

  • Die Arbeitslosenerstanträge sanken in der Berichtswoche per 23.2. von zuvor 362.000 auf 344.000 (Prognose 360.000).

  • Laut vorläufiger Berechnung legte das US-BIP per 4. Quartal in der annualisierten Fassung um +0,1% zu (Schätzung -0,1%, Prognose +0,5%).

  • Der Bloomberg Consumer Comfort Index (Verbrauchervertrauen) stieg in der aktuellen Berichtswoche von -33,4 auf -32,8 Punkte und markierte den höchsten Wert seit Dezember.

  • Der Chicago Fed Einkaufsmanagerindex verzeichnete einen unerwarteten Anstieg von 55,6 auf 56,8 Punkte und markierte den höchsten Wert seit März 2012.

Das konjunkturelle Bild auf globaler Ebene als auchdie fiskalische Gesundung in der Eurozone sind verlässliche Grundlagen für Zuversicht.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR USD favorisiert. Ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.2950 - 1.3450 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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