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Gute Wirtschaftsdaten, ein Blick auf Überschussliquidität und klare Worte an IFO!

06.03.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.48 Uhr) bei 1.3058, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3011 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 93.20. In der Folge notiert EUR-JPY bei 121.70, während EUR-CHF bei 1.2288 oszilliert.

Die Einkaufsmanagerindices aus der Eurozone als auch den USA setzten gestern positive Akzente.

Der "Markit" Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor der Eurozone stellte sich im finalen Wert per Februar auf 47,9 Punkte. Der vorläufige Wert lag bei lediglich 47,3 Punkten. In Frankreich kam es zu einer positiven Anpassung gegenüber dem vorläufigen Wert um einen vollen Prozentpunkt (von 42,7 auf 43,7). Der deutsche Index stellte sich auf 54,7 Zähler (vorläufiger Wert 54,1).

Mit 47,9 Punkten bewegt sich dieser Index immer noch unterhalb der bei 50 Punkten angesiedelten Wachstumsschwelle. Die jüngste Tendenz ermutigt.

Die Einzelhandelsumsätze der Eurozone legten unerwartet stark im Monatsvergleich per Januar um 1,2% zu. Die Prognose lag bei lediglich 0,2%. Im Jahresvergleich kam es in der Folge zu einem Rückgang um -1,3% (Prognose -2,9%). Der Vormonatswert wurde von -3,4% auf -3,0% revidiert. Die Tendenz ist ermutigend. Das Jahresvergleichsergebnis belegt jedoch auch, dass es sich hier aktuell um ein zartes Pflänzchen handelt.

Der im Chart abgebildete Index der Einzelhandelsumsätze erreichte das höchste Niveau seit August 2012.

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Der ISM-Dienstleistungsindex aus den USA stieg unerwartet von 55,2 auf 56,0 Punkte und markierte den höchsten Stand seit März 2012. Die Prognose war bei 55,0 Punkten angesiedelt. Der Geschäftsaktivitätsindex nahm von 56,4 auf 56,9 Punkte zu. Der Auftragsindex verzeichnete einen Anstieg von 54,4 auf 58,2 Punkte. Der Beschäftigungsindex sank von 57,5 auf 57,2 Zähler. Insgesamt impliziert dieses Resultat eine nachhaltige Wachstumsdynamik im US-Dienstleistungssektor.

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Wenden wir uns kurz der Entwicklung der Überschussliquidität in der Eurozone zu. Hier kommt es zu massiven Rückflüssen. Nachfolgender Chart belegt diese Tendenz eindrucksvoll. Der Unterschied zu anderen westlichen Wirtschaftsräumen/Zentralbanken ist markant.

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Um Sachlichkeit zu gewährleisten, bedarf das Zeugnis des IFO-Instituts an die Euroretter einer Kommentierung. Unsere Einlassungen sind in blau eingefärbt.

Berlin, 05. Mrz (Reuters) - Das Münchner Ifo-Institut hat den Euro-Rettern ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Die Sorgenkinder des Währungsraumes drohten sogar noch tiefer in die Krise zu stürzen.

Dieses Statement ist unscharf und hinsichtlich der Bewertung mehr als anfechtbar. Bezieht sich der Begriff Krise auf Fiskallage oder Konjunktur? Im Sektor Fiskallage sind massivste Fortschritte gemacht worden, hier ist genau das Gegenteil der These des IFO-Instituts gegeben. Konjunkturell ist der Krisenmodus in Takt. Das IFO-Institut blendet dabei jedoch aus, dass die strukturelle Gesundung fiskalisch und strukturell das Potentialwachstum mittel- und langfristig in den Reformländern erhöht und damit in die richtige Richtung führt. Implizit fordert das IFO-Institut Kosmetik.

Es sei mittlerweile klar, "dass die Rettungspolitik die Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer verringert hat", heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten "Ifo Standpunkt" zum Wahlausgang in Italien."

Diese Sichtweise ist schlicht weg und ergreifend falsch. Die Entwicklung der Lohnstückkosten seit 2010 belegt genau das Gegenteil (bei Italien versus Deutschland unausgeprägt, trotzdem große exporterfolge Italiens). Die Entwicklung der Waren- und Dienstleistungsbilanz der Eurozone ist Ausdruck nachhaltiger Gesundung und gewonnener Wettbewerbsfähigkeit. Wie lassen sich ansonsten steigende Exporte erklären?

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Ohne die stümperhaften Rettungsversuche der Politik hätte die Krise den Euro in eine starke Abwertung getrieben und einen Teil der Volkswirtschaften Südeuropas bereits wieder wettbewerbsfähig gemacht." Zudem hätten Abwertung und niedrigere Preise "auf ganz natürliche Weise Kapital angezogen" - und so die Basis für künftiges Wachstum gelegt.

Das IFO-Institut setzt also auf Heilung durch starke Währungsabwertung und nicht auf Lösung struktureller Defizite in Wirtschaft und Fiskalwesen. Das nehmen wir vollständig irritiert zur Kenntnis.

Wir erlauben uns herauszustellen,

• dass der Euro seit Mitte 2008 gegenüber dem USD von 1.60 auf aktuell 1.30 abgewertet hat. Das war stark!
• Der Euro hat gegenüber dem JPY hat im identischen Zeitraum von 170 auf 122 abgewertet. Das war noch stärker und hat Japan ökonomisch erschüttert!
• Der Euro hat gegenüber dem CHF in diesem Zeitfenster von 1,63 auf 1,23 abgewertet. Das war durchaus heftig und hat die Schweiz ökonomisch erschüttert.

Die Reformländer haben damit den Nektar der starken Währungsabwertung genießen dürfen.

Sie erfahren aber anders als Schweden 1992 in der EWS-Krise die Gunst der günstigen Refinanzierung durch EFSF und ESM.

Gekoppelt mit der Abwertung des Euros sind die Modalitäten für die Reformländer professionell und Ziel gerichtet gemanaged. Hier von stümperhaft zu sprechen, ist ambitioniert. Eine deutliche Währungsabwertung des Euros nicht zu berücksichtigen ist unakademisch und unprofessionell!

Das Dilemma der Rettungspolitik in Europa sei, dass Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzmärkte nicht nur die Kurse von Staatsanleihen nach oben trieben, sondern auch den Euro. Das sei zwar gut für die Bilanzen der Gläubiger, aber schlecht für die Wettbewerbsfähigkeit. Inländer und Ausländer wendeten sich in der Folge von den Krisenländern ab und kauften verstärkt im Ausland. Die Euro-Rettungspolitik würde somit eher die Rezession verstärken.

Der konjunkturelle Einbruch der Reformländer ist unseres Erachtens mit der Spekulation auf den Zerfall der Eurozone korreliert. Diese Spekulation hat realwirtschaftliche Kapitalzuflüsse (Investitionen) verhindert.

Erst mit Mario Draghis Intervention im September 2012 wurde dieses Risiko drastisch minimiert. Dieser Schritt der EZB, der bisher keine Interventionen am Kapitalmarkt erforderte, bietet die Grundlage, dass die Reformerfolge (Lohnstückkosten, Strukturreformen) jetzt auch von der globalen Realwirtschaft umgesetzt werden können. Damit rechnen wir per 2. Halbjahr 2013. Nissan investiert übrigens in ein neues Werk in Barcelona. Für andere Großkonzerne gilt die Regel: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben …

Für die Euro-Aufwertung sind aus Ifo-Sicht vor allem die Europäische Zentralbank (EZB) und der dauerhafte Rettungsschirm ESM verantwortlich. Der vergleichsweise starke Wechselkurs gegenüber dem Dollar und Yen bereite nun Frankreich große Probleme. Dies sei ein Kollateralschaden. Diese Aufwertung könnte die EZB aber leicht verhindern.

Welche Euro-Aufwertung? Vor zwölf Monaten stand der Euro gegenüber USD bei 1.30 - 1.33! Erstaunlicherweise hatte das IFO-Institut zu diesem Zeitpunkt nichts an der Bewertung
auszusetzen.

Es entsteht der Eindruck, dass diese Kritik an den Eurorettern polemisch ist und der sachlichen Grundlage auf allen Ebenen entbehrt.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.2950 - 1.3250 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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