Hohe Risikoaversion belastet Rohstoffpreise
20.06.2011 | Eugen Weinberg
Energie
Der Brentölpreis ist am Morgen unter die Marke von 112 USD je Barrel gefallen und notiert damit nahe eines Monatstiefs. Der WTI-Preis handelt knapp oberhalb von 91 USD je Barrel sogar auf einem 4-Monatstief. Die Griechenland-Krise hat zu einer gestiegenen Risikoaversion geführt, was sich belastend auf den Ölpreis auswirkt. Zudem deuten aktuelle Zahlen auf eine schwächere Ölnachfrage im weltgrößten Ölverbrauchsland USA hin. Im April wurden laut US-Verkehrsministerium auf den Highways 6,1 Mrd. Meilen oder 2,4% weniger gefahren als im Vorjahr. Bereits im März wurden 1,3% weniger Meilen zurückgelegt als im Vorjahr. Angesichts der bis Mitte Mai weiter gestiegenen Benzinpreise ist auch für Mai und den Beginn der Sommerfahrsaison mit keiner Besserung zu rechnen.
Dagegen benötigt Japan deutlich mehr Rohöl. Das drittgrößte Ölverbrauchsland hat im Mai 6,9% mehr Rohöl importiert als im Vorjahr. Grund hierfür ist ein höherer Bedarf an fossilen Energieträgern zur Stromerzeugung. Auch drei Monate nach der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe sind noch immer knapp zwei Drittel der AKW-Kapazitäten des Landes außer Betrieb. Angesichts dessen und eines steigenden Strombedarfs in den Sommermonaten dürften die Importe von Rohöl hoch bleiben. Dies dürfte einem weiteren Rückgang der Ölpreise ebenso entgegenstehen wie die anhaltenden Kämpfe in Libyen und die Unruhen im Nahen Osten.
Die spekulativen Finanzanleger haben in der Woche zum 14. Juni ihre Netto-Long-Positionen um 4,9 Tsd. auf 183.113 Kontrakte ausgebaut. Dies lässt sich mit der Entscheidung der OPEC erklären, ihre Förderquoten nicht anzuheben. Angesichts des deutlichen Preisrückgangs seither dürfte der Überhang an spekulativen Long-Positionen inzwischen wieder deutlich abgebaut worden sein.
Edelmetalle
Gold zeigt sich im aktuellen Umfeld weiter robust und handelt heute Morgen weitgehend unverändert bei rund 1.540 USD je Feinunze. In Euro gerechnet profitiert das gelbe Edelmetall von der erneuten Aufwertung der US-Währung und nähert sich wieder seinem Allzeithoch von Ende Mai an. Der Goldpreis dürfte durch die anhaltende Verunsicherung und hohe Risikoaversion der Marktteilnehmer im Zuge der Griechenland-Krise gut unterstützt sein.
So konnten sich die Finanzminister der Eurogruppe bei ihrem gestrigen Treffen in Brüssel nicht auf eine gemeinsame Lösung der griechischen Schuldenkrise einigen. Der deutsche Finanzminister Schäuble beharrte auf seiner Forderung, dass private Gläubiger an der Rettung beteiligt werden sollen. Dies würde jedoch von den Ratingagenturen als Zahlungsausfall gewertet werden, was die anderen Finanzminister nicht riskieren wollen. So wurde lediglich beschlossen, dass Anfang Juli die Parameter einer klaren neuen Finanzierungsstrategie festgelegt werden sollen.
Der weltweit größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete am Freitag mit 9,1 Tonnen den größten Zufluss seit vier Wochen. Die eher kurzfristig orientierten spekulativen Finanzanleger haben dagegen in der Woche zum 14. Juni ihre Netto-Long-Positionen um 4% auf 187,8 Tsd. Kontrakte abgebaut. Im Gegensatz zu den längerfristig orientierten ETF-Anlegern zeigen sie sich aktuell eher zurückhaltend.
Industriemetalle
Neben den anderen Rohstoffpreisen stehen auch die Metalle zum Wochenauftakt unter Druck. Grund hierfür ist die anhaltende Verunsicherung und hohe Risikoaversion unter den Marktteilnehmern, die sich auch in schwachen asiatischen Aktienmärkten widerspiegelt. Die EU-Finanzminister konnten sich gestern bei ihrem Treffen in Brüssel nicht auf eine gemeinsame Lösung der Schuldensituation in Griechenland einigen. Daneben belastet ein festerer US-Dollar die Preise. Allerdings können sie einen Teil ihrer anfänglichen Verluste bereits wieder wettmachen.
Kupfer beispielsweise handelt um die psychologisch wichtige Marke von 9.000 USD je Tonne. Die spekulativen Finanzanleger haben bei Kupfer in der Woche zum 14. Juni die dritte Woche in Folge ihre Netto-Long-Positionen um 11% bzw. 900 auf 8.954 Kontrakte ausgeweitet. Dies entspricht einem 6-Wochenhoch. Der Aufbau der Positionen erfolgte jedoch von einem sehr niedrigen Niveau aus und sollte daher nicht überbewertet werden. Der Kupferpreis hat in der Beobachtungsperiode dementsprechend auch kaum reagiert. Sollten die spekulativen Finanzanleger demnächst wieder verstärkt auf steigende Preise setzen, dürften die Metalle und insbesondere Kupfer gut unterstützt sein.
Agrarrohstoffe
Der neue Bericht von FAO/OECD mit den Prognosen für 2011-2020, der am Freitag in Paris vorgestellt wurde, widmet sich in diesem Jahr in einem eigenen Kapitel dem Thema Preisschwankungen auf den Agrarmärkten. Die Organisationen rechnen damit, dass die Rohstoffpreise zwar von ihrem hohen Niveau der Vormonate sinken werden, da die hohen Preise zu Erhöhungen des Angebots führen sollten, erwarten allerdings insgesamt ein höheres Niveau der Agrarpreise im kommenden Jahrzehnt als in der letzten Dekade. Dabei wird bei Getreide ein bis zu 20%, bei Fleisch ein bis zu 30% höheres Preisniveau als in 2001-10 erwartet. Als Schlüsselgröße werden Investitionen in eine erhöhte Produktivität des Sektors betrachtet, wenn die Herausforderungen der Welternährung gemeistert werden sollen. Denn die Erträge haben den größten Einfluss auf die Preise und über die Möglichkeit zum Aufbau von Lagerbeständen helfen sie Volatilität zu reduzieren.
Politikeingriffe und hohe Kosten für Produktionsfaktoren verhindern aber häufig, auch in Ländern mit besonders präkerer Versorgungslage, dass die Produzenten von hohen internationalen Agrarpreisen profitieren und ihre Mengen - das Ausbleiben von Wetterextremen vorausgesetzt - nach oben anpassen. Eben dies - unvorhersehbare Witterung - wird von FAO/OECD als häufigster und wichtigster Faktor für Preisschwankungen auf den internationalen Agrarmärkten ausgemacht. Als weitere Erklärungsfaktoren werden u.a. Lagerbestände, Wechselkurse, Handelsrestriktionen und Spekulation angeführt, wobei letztere nach Ansicht der Organisationen kurzfristige Ausschläge verstärken kann, während sie keine überzeugenden Beweise für einen systematischen längerfristigen Einfluss auf die Preise sehen.
CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der Brentölpreis ist am Morgen unter die Marke von 112 USD je Barrel gefallen und notiert damit nahe eines Monatstiefs. Der WTI-Preis handelt knapp oberhalb von 91 USD je Barrel sogar auf einem 4-Monatstief. Die Griechenland-Krise hat zu einer gestiegenen Risikoaversion geführt, was sich belastend auf den Ölpreis auswirkt. Zudem deuten aktuelle Zahlen auf eine schwächere Ölnachfrage im weltgrößten Ölverbrauchsland USA hin. Im April wurden laut US-Verkehrsministerium auf den Highways 6,1 Mrd. Meilen oder 2,4% weniger gefahren als im Vorjahr. Bereits im März wurden 1,3% weniger Meilen zurückgelegt als im Vorjahr. Angesichts der bis Mitte Mai weiter gestiegenen Benzinpreise ist auch für Mai und den Beginn der Sommerfahrsaison mit keiner Besserung zu rechnen.
Dagegen benötigt Japan deutlich mehr Rohöl. Das drittgrößte Ölverbrauchsland hat im Mai 6,9% mehr Rohöl importiert als im Vorjahr. Grund hierfür ist ein höherer Bedarf an fossilen Energieträgern zur Stromerzeugung. Auch drei Monate nach der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe sind noch immer knapp zwei Drittel der AKW-Kapazitäten des Landes außer Betrieb. Angesichts dessen und eines steigenden Strombedarfs in den Sommermonaten dürften die Importe von Rohöl hoch bleiben. Dies dürfte einem weiteren Rückgang der Ölpreise ebenso entgegenstehen wie die anhaltenden Kämpfe in Libyen und die Unruhen im Nahen Osten.
Die spekulativen Finanzanleger haben in der Woche zum 14. Juni ihre Netto-Long-Positionen um 4,9 Tsd. auf 183.113 Kontrakte ausgebaut. Dies lässt sich mit der Entscheidung der OPEC erklären, ihre Förderquoten nicht anzuheben. Angesichts des deutlichen Preisrückgangs seither dürfte der Überhang an spekulativen Long-Positionen inzwischen wieder deutlich abgebaut worden sein.
Edelmetalle
Gold zeigt sich im aktuellen Umfeld weiter robust und handelt heute Morgen weitgehend unverändert bei rund 1.540 USD je Feinunze. In Euro gerechnet profitiert das gelbe Edelmetall von der erneuten Aufwertung der US-Währung und nähert sich wieder seinem Allzeithoch von Ende Mai an. Der Goldpreis dürfte durch die anhaltende Verunsicherung und hohe Risikoaversion der Marktteilnehmer im Zuge der Griechenland-Krise gut unterstützt sein.
So konnten sich die Finanzminister der Eurogruppe bei ihrem gestrigen Treffen in Brüssel nicht auf eine gemeinsame Lösung der griechischen Schuldenkrise einigen. Der deutsche Finanzminister Schäuble beharrte auf seiner Forderung, dass private Gläubiger an der Rettung beteiligt werden sollen. Dies würde jedoch von den Ratingagenturen als Zahlungsausfall gewertet werden, was die anderen Finanzminister nicht riskieren wollen. So wurde lediglich beschlossen, dass Anfang Juli die Parameter einer klaren neuen Finanzierungsstrategie festgelegt werden sollen.
Der weltweit größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete am Freitag mit 9,1 Tonnen den größten Zufluss seit vier Wochen. Die eher kurzfristig orientierten spekulativen Finanzanleger haben dagegen in der Woche zum 14. Juni ihre Netto-Long-Positionen um 4% auf 187,8 Tsd. Kontrakte abgebaut. Im Gegensatz zu den längerfristig orientierten ETF-Anlegern zeigen sie sich aktuell eher zurückhaltend.
Industriemetalle
Neben den anderen Rohstoffpreisen stehen auch die Metalle zum Wochenauftakt unter Druck. Grund hierfür ist die anhaltende Verunsicherung und hohe Risikoaversion unter den Marktteilnehmern, die sich auch in schwachen asiatischen Aktienmärkten widerspiegelt. Die EU-Finanzminister konnten sich gestern bei ihrem Treffen in Brüssel nicht auf eine gemeinsame Lösung der Schuldensituation in Griechenland einigen. Daneben belastet ein festerer US-Dollar die Preise. Allerdings können sie einen Teil ihrer anfänglichen Verluste bereits wieder wettmachen.
Kupfer beispielsweise handelt um die psychologisch wichtige Marke von 9.000 USD je Tonne. Die spekulativen Finanzanleger haben bei Kupfer in der Woche zum 14. Juni die dritte Woche in Folge ihre Netto-Long-Positionen um 11% bzw. 900 auf 8.954 Kontrakte ausgeweitet. Dies entspricht einem 6-Wochenhoch. Der Aufbau der Positionen erfolgte jedoch von einem sehr niedrigen Niveau aus und sollte daher nicht überbewertet werden. Der Kupferpreis hat in der Beobachtungsperiode dementsprechend auch kaum reagiert. Sollten die spekulativen Finanzanleger demnächst wieder verstärkt auf steigende Preise setzen, dürften die Metalle und insbesondere Kupfer gut unterstützt sein.
Agrarrohstoffe
Der neue Bericht von FAO/OECD mit den Prognosen für 2011-2020, der am Freitag in Paris vorgestellt wurde, widmet sich in diesem Jahr in einem eigenen Kapitel dem Thema Preisschwankungen auf den Agrarmärkten. Die Organisationen rechnen damit, dass die Rohstoffpreise zwar von ihrem hohen Niveau der Vormonate sinken werden, da die hohen Preise zu Erhöhungen des Angebots führen sollten, erwarten allerdings insgesamt ein höheres Niveau der Agrarpreise im kommenden Jahrzehnt als in der letzten Dekade. Dabei wird bei Getreide ein bis zu 20%, bei Fleisch ein bis zu 30% höheres Preisniveau als in 2001-10 erwartet. Als Schlüsselgröße werden Investitionen in eine erhöhte Produktivität des Sektors betrachtet, wenn die Herausforderungen der Welternährung gemeistert werden sollen. Denn die Erträge haben den größten Einfluss auf die Preise und über die Möglichkeit zum Aufbau von Lagerbeständen helfen sie Volatilität zu reduzieren.
Politikeingriffe und hohe Kosten für Produktionsfaktoren verhindern aber häufig, auch in Ländern mit besonders präkerer Versorgungslage, dass die Produzenten von hohen internationalen Agrarpreisen profitieren und ihre Mengen - das Ausbleiben von Wetterextremen vorausgesetzt - nach oben anpassen. Eben dies - unvorhersehbare Witterung - wird von FAO/OECD als häufigster und wichtigster Faktor für Preisschwankungen auf den internationalen Agrarmärkten ausgemacht. Als weitere Erklärungsfaktoren werden u.a. Lagerbestände, Wechselkurse, Handelsrestriktionen und Spekulation angeführt, wobei letztere nach Ansicht der Organisationen kurzfristige Ausschläge verstärken kann, während sie keine überzeugenden Beweise für einen systematischen längerfristigen Einfluss auf die Preise sehen.
CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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