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Zypern, klein, aber oho …. Klartext!

20.03.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.29 Uhr) bei 1.2888, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden kurse im US-Handel bei 1.2844 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 95.12. In der Folge notiert EUR-JPY bei122.55, während EUR-CHF bei 1.2205 oszilliert.

Nun ja, wir haben ein Problem: Zypern.

Es ist überschaubar, es ist sogar klein. Es betrifft 860.000 Menschen auf einer Insel im Mittelmeer umgeben von Gas und Öl, nicht nur Olivenöl. Damit betrifft es circa 30% mehr Menschen als im Bundesland Bremen leben.

Es ist überschaubar bezüglich der Größe des Finanzierungsvolumens. Es sind 6 Mrd. Euro, die offen sind. Sollte deswegen die Eurozone scheitern,die europäische Wirtschaft verunglücken und die Weltwirtschaft destabilisiert werden nach all den Anstrengungen der Reform- und Geberländer und den in der Eurozone erzielten Reformerfolgen?

Nein, das wäre absurd. Ergo ist die Reaktion der Märkte und der Wirtschaft auf die aktuelle Stresssituation rational und belegt Krisenerfahrung.

Diesen 860.000 Menschen ist Solidarität in Höhe von10 Mrd. Euro seitens der Troika angeboten worden für selbstverschuldete Probleme und ein Geschäftsmodell, dass den ethischen Ansprüchen (Steuerdumping, Geldwäsche) der Eurozone nur wenig genügt.

Für diese erhebliche Solidarität hat die Troika undnicht Deutschland alleine gefordert, dass Zypern einen Eigenanteil in der Größenordnung von 6 Mrd. Euro schultern muss nebst Anpassungen des Geschäftsmodells. Hinsichtlich der Schuldentragfähigkeit des Landes und den Ansprüchen der Eurozone auf nachhaltige Geschäftsmodelle ist dieseEntscheidung der Troika sachlich nicht anfechtbar.

Der zunächst zwischen Zypern und Troika vereinbarteTabubruch, Einlagen konfiskatorisch zu behandeln, ist fraglos einfach, überschaubar und kameralistisch Ziel führend. Er liegt in der Verantwortung Zyperns, nicht in der Verantwortung der Troika. Es ist aber ein Tabubruch, so wie der „freiwillige Schuldenschnitt“ Griechenlands einTabubruch war. Das schadet in einem solitär auf Vertrauen basierten System grundsätzlich. Das sollte auch der Troika bewusst sein, das sollte uns in der Eurozone bewusst sein!

Die parlamentarische Entscheidung Zyperns, das Hilfspaket mit der Konditionierung der Troika abzulehnen, ist sowohl Ausdruck einer starken Emotion als auch einer verantwortungslosen Haltung gegenüber der Eurozone, insbesondere den Reformländern und ultimativ gegenüber den eigenen Bürgern.

Spielen wir den Gedanken durch. Zypern verweigert sich weiter und erhält keine exogene Hilfe. Die Banken wären abrupt insolvent, da bei Wiedereröffnung die Konten geplündert und voraussichtlich aufgelöst würden. Der Staat wäre in der Folge zahlungsunfähig. Die Spareinlagen wären verloren. Es wäre also nicht ein „Haircut auf Einlagen von 6,5% bis 9,9%, sondern es wären sportliche 100%.

Ja, der Preis der Ehre kann hoch sein. Meine Erkenntnis ist, dass man in diesen Regionen, die in Rede stehen, gerne mit Pathos über Ehre redet und in dem Moment, in dem Ehre kostspielig wird, das Spielfeld zügig, aber leise verlässt. Schauen wir einmal …

Vor diesem Hintergrund ist eine Lösung der Zypernfrage in dem Zeitraum möglich, in dem die Banken geschlossen bleiben. Dieser Zeitraum ist laut aktuellen Meldungen bis auf kommenden Dienstag begrenzt.

Welche Lösungsmöglichkeiten bieten sich an:

  • Die Troika lässt sich erpressen und knickt ein undliefert 17 Mrd. Euro. Einnahmen aus zukünftigen Öl- und Gaslieferungen werden verpfändet. (Wahrscheinlichkeit: Gering)

  • Das zypriotische Volk und Parlament lernt rechnen und stellt fest, dass 6,5% bis 9,9% weniger sind als 100%. Es kommt bis Dienstag zu einer Annahme des Hilfspakets unter den obwaltenden Konditionen bei unmaßgeblichen Änderungen. (Wahrscheinlichkeit: Erheblich)

  • Russland kommt ins Spiel. Moskau verliert gerade seine militärische Marinepräsenz des Mittelmeerraums in Syrien (Aleppo). Da kommt Zyperngerade recht. Die sechs Mrd. Euro werden von Moskau gestemmt. Langfristige Vereinbarung einer russischen Marinepräsenz auf Zypern verbunden mit Ansprüchen auf zypriotisches Gas und Öl als Pfand bieten Moskau eine historische und günstige (einmalige) Chance. (Wahrscheinlichkeit: Hoch)

Ein Staatsbankrott Zyperns kann nicht vollkommen ausgeschlossen werden. Die Märkte, die Politik und die Institutionen sind darauf jedoch vorbereitet. Die Risikolagen sind klar definiert, Positionen sind gesichert, Aufsichtsbehörden kennen die Risiken, Gegensteuerungsmaßnahmen können kurzfristig punktuell genau greifen.

Eine unkontrollierte Kettenreaktion schließen wir an dieser Stelle aus.

Wir wünschen unseren europäischen Brüdern und Schwestern auf Zypern weniger Emotion, um sachlich die Chancen einzuwerten und die angeboteneSolidarität nicht mit Hochmut und Arroganz zu begleiten …

Der deutsche ZEW-Index setzte positive Akzente. PerBerichtsmonat März legte der Sentimentindex von 48,2 auf 48,5 Punkte. Die Prognose lag bei 48,0 Zählern. Die Bewertung der aktuellen Lage nahm massiv von 5,2 auf 13,6 Punkte zu und erreichte den höchsten Wert seit August 2012. Analysten hatten lediglich einen Anstieg auf 6 Zähler unterstellt.

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Neubaubeginne verzeichneten in den USA im Monatsvergleich einen Anstieg um 0,8% auf 917.000 nach zuvor 910.000 (revidiert von 890.000). Baugenehmigungen legten von 905.000 auf 946.000 in der annualisierten Darstellung zu. Die Erholung am subventionierten US-Wohnimmobilienmarkt setzt sich unter Schwankungen fort.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.3150 -80 verändert das Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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