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"Hign Noon" auf Zypern - "Deadline" rückt näher - Russland hält sich erst einmal raus …

22.03.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.42 Uhr) bei 1.2900, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden kurse im europäischen Handel bei 1.2880 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 94.70. In der Folge notiert EUR-JPY bei 122.15, während EUR-CHF bei 1.2212 oszilliert.

Die Finanzmärkte schauen gebannt auf die kleine Mittelmeerinsel. Die Wünsche und Vorgaben aus der Eurozone sind klar definiert. Zypern muss einenEigenanteil von circa 6 Mrd. Euro liefern, um Hilfen in Höhe von 10 Mrd.: Euro zu erhalten. Die Bereitschaft ist ausgeprägt Zypern in der Eurozone zu halten.

Fakt ist, dass das Verhalten der Verantwortlichen Zyperns alle anderen Reformländer belastet und eine Negierung der Eigenverantwortlichkeit für die Probleme darstellt. Solidarität zu fordern und gegenüber den anderen Reformländern nicht zu leben,ist mindestens ein zweischneidiges Schwert. In diesem Zusammenhang mit Pathos von zypriotischer Ehre zu fabulieren, setzt viel Kreativität und geistige Asymmetrie voraus.

Risikoaversion nimmt an den Märkten und in der europäischen Realwirtschaft zu. In der Folge stockt die längst fällige realwirtschaftliche Erholung der Reformländer der Eurozone mangels Investitionstätigkeit. Deutlich wurde das an den gestern veröffentlichten "Markit PMIs“. Es wird aber auch deutlich an den zurückgenommenen Wachstumsprognosen Italiens und Finnlands. Der zeitliche Ablauf der Zypernkrise ist klar determiniert. Die EZB hält sich an ihre Regularien. Ergo ist bis Anfang der Woche der Zeitrahmen gesetzt, umaus Nikosia zu liefern. Das hat Charaktermerkmale eines "Showdowns“, die an den Klassiker "High Noon“ erinnern. Wir erlauben uns heute auf zwei Aspekte hinzuweisen.

Wenn es zu dem "Worst Case“ eines Staatsbankrotts mit der Möglichkeit eines zypriotischen Exits aus der Eurozone käme, wäre das für die Glaubwürdigkeit der Eurozone an den Finanzmärkten belastend, jedoch zunächst nicht fatal. Das Problemist hinsichtlich der Größe und Internationalisierung in die Eurozone überschaubar.Das in Frage stehende Volumen der Ansteckung (Bankensektor) liegt bei circa 450 Millionen Euro. Das eigentliche Problem würden stockende realwirtschaftliche Kapitalzuflüsse in die erfolgreichen Reformländer der Eurozone darstellen. Wir können uns weder in Spanien noch inGriechenland als auch in Portugal weitere schwere Einbrüche der Konjunkturlagen erlauben. Ansonsten ergäbe sich ein konjunkturelles Zerfallsrisiko der Eurozone.

Ein zweiter Aspekt ist das Volumen des aktuellen Problems von circa 17 Mrd. Euro. Dem gegenüber steht ein geschätzter Wert der Gas- und Ölreserven von 600 Mrd. USD. Bei solchen Konstellationen finden sich normalerweise Lösungen. Das Problem liegt in einer aktuell nicht gegebenen Kongruenz der "Cash-Flows“. Können wir inder Eurozone nicht rechnen? Stellen die Gas- und Ölvorkommen vor Zypern und Griechenland nicht Möglichkeiten dar, sich von Abhängigkeiten der Energieliegerungen aus Russland oder anderen Regionen zu emanzipieren?

Russland hält sich bedeckt und wartet laut heutigenPressemeldungen ab. Bei einer Verunfallung Zyperns stehen die "Konkursverwerter“ voraussichtlich zur Verfügung.

Das aktuelle Verfahren wirft Fragen auf, die wir bewusst unbeantwortet lassen. Es sind Fragen, die gestellt werden müssen!

  • Was für ein Bild geben wir in der Eurozone ab?
  • Wie nehmen ausländische Investoren dieses Debakel aus der Ferne auf?
  • Wann kommt es zu belastbaren Lernkurven aus den Fehlern der Vergangenheit der Defizitkrise?
  • Wann werden die Menschen in den Reformländern durch wirkliche Solidarität auf politischer Ebene geschützt, so dass die Reformerfolge auch konjunkturelle Impulse entwickeln können?

Die Veröffentlichung der Wirtschaftsdaten liefert klare Erkenntnisse. In den USA läuft es immer besser, in der Eurozone stockt es. Das ist Ausdruckdes "professionellen“ Umgangs innerhalb der Eurozone mit absolut überschaubaren Problemen.

"Markit“ lieferte die ersten "Flash“-Schätzungen der PMIs der Eurozone und der USA per März. In der Eurozone sank der Einkaufsmanagerindex für das produzierende Gewerbe unerwartet von 47,9 auf 46,6 Punkte (Prognose 48,2, Deutschland von 50,3 auf 48,9), während der Index in den USA von 54,3 auf 54,9 Punkte zulegte. Der Index fürden Dienstleistungssektor der Eurozone gab von 47,9 auf 46,5 Zähler (Deutschland von 54,7 auf 51,6) nach.

Unsere kritische Haltung zu "Markit“ Datenerhebungen bezüglich der Eurozone setzen wir als bekannt voraus. Um so gespannter sind wir auf die heutigen IFO-Daten. Bei IFO werden 7.000 Unternehmen befragt, bei "Markit“ sind es gerade einmal 1.000.

Die Daten aus den USA waren durchgängig positiv. Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich per 16.3.2013 auf 336.000 nach zuvor 334.000. Das Niveau verschiebt sich von 350.000 - 370.000 auf das aktuelle Niveau. Der Arbeitsmarkt gewinnt in den USA an Traktion.

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Der FHFA Hauspreisindex verzeichnete per Berichtsmonat Januar einen Anstieg im Monatsvergleich um 0,6% und im Jahresvergleich um 6,5% nach zuvor 5,8%. Der Blick auf den Chart verdeutlicht die positive Tendenz.

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Die US-Frühindikatoren legten im Monatsvergleich um0,5% zu. Die Prognose lag bei 0,4%. Der Vormonatswert wurde markant von +0,2% auf +0,5% revidiert. Ergo ist das Gesamtbild deutlich aufgehellter als unterstellt.

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Im Sektor der "Existing Home Sales“ kam es in der annualisierten Darstellung per Februar zu einem Anstieg von 4,94 auf 4,98 Mio. Objekte. Auch hier setzt sich die Erholung fort. Es wurde das höchste Umsatzniveau seit 2009 erreicht.

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Der Philadelphia Fed Survey lieferte das konjunkturelle I-Tüpfelchen. Per März kam es zu einem unerwarteten Anstieg von zuvor -12,5 auf +2,0 Punkte. Die Prognose war bei -7,5 Zählern angesiedelt. Der Index signalisiert das erste Mal seit Dezember wieder Wachstum in diesem Fed-Bezirk.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.3150 -80 verändert das Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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