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John Kaiser: Kann die TSX Venture noch gerettet werden? (Teil 2/2)

01.04.2013  |  The Gold Report
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The Gold Report: Welchen Nutzen hätte eine Visualisierung, die einen NPV von 1 Mrd. Dollar und interne Rendite von 20% für eine imaginäre Lagerstätte mit 5 Mio. Unzen Gold ausgibt? Wie lässt sich das in Beziehung setzen zu einen Junior, dessen potentielle 5-Mio-Unzen-Lagerstätte nur von einem einzigen Bohrloch geschnitten wurde?

John Kaiser: Die 1 Mrd. Dollar ergeben nicht viel Sinn, solange es keine Möglichkeit gibt, die Wahrscheinlichkeit für dieses Ergebnis ebenfalls anzugeben. In meinem rationellen Spekulationssystem verwende ich neun Stufen der Unsicherheit im Explorations- und Entwicklungszyklus. Ganz zu Beginn beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Liegenschaft die erwünschten Lagerstätten enthält zwischen 0,5 und 1%. Wenn ein Bohrloch auf eine Mineralanreicherung trifft, steigt sie auf 2,5-5%. Bei Veröffentlichung einer vorläufigen Wirtschaftlichkeitsstudie hat sie sich auf 10-25% erhöht. Der Explorationszyklus besteht aus dem Sammeln von Informationen beziehungsweise der Reduzierung von Unsicherheit, wobei das Vorstellungsvermögen immer weiter eingeschränkt wird, bis man schließlich eine produzierende Mine hat.

Der Preis, den man bereit ist in der aktuellen Explorationsphase zu bezahlen, sollte den Gewinn diskontieren, den man erwartet, wenn das Projekt alle Phasen wie in der Visualisierung durchläuft. Dieser Abschlag ist die Unsicherheit. Wenn man also ein Ergebnis von 1 Mrd. Dollar bei einem Projekt mit einem vielversprechenden Bohrloch erhält, beläuft sich der Marktwert auf 25-50 Mio. Dollar oder 2,5-5% von 1 Mrd. Dollar. Wenn man die Stufen der Unsicherheit als Rahmen für die Bewertung akzeptiert, kann man sie verwenden, um festzustellen, ob die Bewertung durch den Markt über, unter oder innerhalb des Bereiches liegt, in dem sich der diskontierte Marktwert des visualisierten Projektes bewegt.


The Gold Report: Wie würde die Manipulation der visualisierten Ergebnisse verhindert werden?

John Kaiser: Das Schöne an einem offenen System wie diesem ist die Transparenz, die hinsichtlich der Annahmen der Nutzer zu einem bestimmten Projekt und hinsichtlich ihrer bisherigen Visualisierungen besteht. Ein nachgeschalteter Rechner kann Statistiken darüber aufstellen, wie die aggregierte Visualisierung erzeugt wird und das System ermöglicht außerdem sowohl eine detailliertere Analyse als auch das Nachverfolgen der Nutzeraktivitäten. So lässt sich erkennen, wo sich jemand im Spektrum derer befindet, die den Kurs nach oben treiben beziehungsweise ihn fallen sehen wollen. In dieser informationsreichen Online-Welt könnte man sogar Mitglieder-Allianzen ausfindig machen und die Nutzer könnten bestimmte Annahmen mit Kommentaren versehen. Die Verfasser von Newslettern könnten Inhalt erschaffen, indem sie über die Bewegungen und Trends berichten. Das gesamte System würde sich selbst korrigieren, denn für jede Visualisierung, die die Kurse zum Fallen bringen soll, würde jemand anders eine erstellen, die sie steigen lassen soll. Mittendrin entstehen wohlüberlegte Visualisierungen ehemaliger Geologen oder Bergbauingenieure.

Es könnte zu einem Online-Spiel werden, in dem sich die Short- und Long-Positionen gegenseitig attackieren und positive und negative Szenarien für ein mögliches Ergebnis kreieren. Der Großteil der Nutzer, der nicht in die Details der Projekte vordringen will, kann den Konsens sehen. Dieser wird sich natürlich im Laufe der Zeit verändern. Immer wenn es eine neue Information gibt, wird sich die Visualisierung und damit auch die Bewertung durch den Markt ändern.

Das würde dem Junior-Rohstoffsektor eine Struktur geben, die ihm zurzeit fehlt, da es keine richtige analytische Berichterstattung gibt. Die Maklerfirmen stellen Analysen von Unternehmen, die sie finanziert haben, zur Verfügung. Die Verfasser von Newslettern, mich eingeschlossen, sind rar gesät. Ein zentrales System, das die Erfahrung und das Wissen der breiten Masse zusammenbringt, würde eine stabile Struktur schaffen und der Trading-Kultur entgegenwirken, die derzeit den gesamten Markt heimsucht.


The Gold Report: Das klingt ein bisschen wie Yelp mit Zahlen. Viele Menschen steuern ihre Meinung bei, Investoren lesen sie und ziehen dann ihre eigenen Schlüsse.

John Kaiser: Es hätte eine gewisse Ähnlichkeit zu Yelp, aber Kritik oder Lob würden sich nicht auf etwas beziehen, dass niemand anderes bezeugen kann. Sie würden sich auf die Entscheidungen beziehen, die die Mitglieder beim Erstellen ihrer Visualisierungen gemacht haben. Ich spreche hier von einem groß angelegten Erfassungssystem für Einschätzungen, das aus vielen Blickwinkeln heraus betrachtet werden kann. Sowohl aktive Teilnahme als auch bloßes Beobachten wären sehr aufschlussreich darüber, wie die Bergbau- und Geologiebranche tickt. Es würde dabei helfen, die Auswirkungen des Bre-X-Skandals von 1997 zu überwinden, nach dem die Kleinanleger den Bezug zum Rohstoffsektor verloren hatten. Obwohl dem Sektor die Aufmerksamkeit der Goldbugs schon immer gewiss war, schwankte die Situation in den letzten Jahrzehnten zwischen steigenden Goldpreisen und bevorstehendem Kollaps.

Für die Kleinanleger steht der Besitz von Aktien eines Goldunternehmens nicht mehr stellvertretend für den Besitz von Gold. Sie sind dazu übergegangen, selbst physisches Gold zu halten und vielleicht einen Gold-ETF. Bei einem höherem Realgoldpreis, das heißt, wenn der Goldpreis steigt ohne dass das allgemeine Preisniveau steigt und die Fiatwährungen zusammenbrechen, werden Investoren die Goldproduzenten wiederentdecken, denn sie wissen, wie man Erlös und Cashflow richtig analysiert. Die Juniors, die noch nicht produzieren, werden jedoch Waisen bleiben, da nur wenige Anleger wissen, wie man ihre Situation richtig analysiert. Und selbst wenn die Investoren über das nötige Wissen verfügen, fehlen ihnen effiziente Mittel dazu und andere, mit denen sie die Früchte ihrer Arbeit teilen können. Ein Crowdsourcing-System, das die Nutzer zwingt anhand der Zahlen Schätzungen abzugeben, würde die Lernkurve der Investoren sehr schnell ansteigen lassen und eine Produktivität erzeugen, deren gesamter Output weit wertvoller ist, als die Summe des Inputs.




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