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Zypernproblem gelöst - Anmerkungen zur Krisenpolitik - IFO enttäuschte …

25.03.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.48 Uhr) bei 1.3035, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.2889 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 94.70. In der Folge notiert EUR-JPY bei 123.45, während EUR-CHF bei 1.2235 oszilliert.

Die Herbeiführung der Lösung der Zypernkrise war am Wochenende ein "High Noon" Ereignis. Der Verzicht, die Einlagen als primäre Quelle der Problembewältigung heranzuziehen und sich auf Aktionäre und Nachranggläubiger zu erholen, ist sachlich richtig und zu begrüßen.

Werfen wir einen Blick über den Tellerrand:

Dramaturgie ist gut und unverzichtbar für Filme, sie ist für erfolgreiches Krisenmanagement unangemessen. Das gilt um so mehr, als dass diese Charaktermerkmale uns seit mehreren Jahren offensichtlich ohne nachhaltige Lernkurve begleiten.

Es ist fraglos nicht einfach, marode Geschäftsmodelle von Teilnehmerländern der Eurozone in Richtung Zukunftsfähigkeit zu verändern. Das funktioniert nur mit Druck und auch mit Sanktionen. Die Vieltönigkeit der europäischen Stimmen wirkte und wirkt kontraproduktiv. Die sich daraus entwickelnden Ressentiments zwischen den Ländern, die von Medien und auch Teilen der politischen Klassen unsachlich angefacht werden, sind für das europäische Ziel mehr als nur schädlich.

Die Konsequenz aus diesem Krisenmanagement für die Realwirtschaft der Reformländer ist eine Verschärfung der Finanzierungsbedingungen mit negativen Implikationen für die konjunkturelle Lage losgelöst von erreichten Strukturerfolgen.

Man kann diesen Hang zur Dramaturgie als einen Mangel an Solidarität und Respekt gegenüber den Menschen in den Reformländern beschreiben.

Professionelles Krisenmanagement funktioniert leise und nicht laut. Es funktioniert ohne Vorfestlegungen, die nicht gehalten werden können. Es funktioniert durch sachliche mediale Begleitung und nicht unsachliche und unverantwortliche Emotionalisierung. Maßgeblich funktioniert professionelles Krisenmanagement, wenn es bei den politisch Verantwortlichen der Opposition und Regierung ein Verständnis für übergeordnete Prioritäten gibt (Historie Europas, zukünftige Herausforderungen). In der aktuellen Lage gehört dazu auch eine Analyse der Verschiebung der Machtachsen im finanzökonomischen Sektor und die Frage, welche Rolle die Eurozone spielen will oder muss, wenn wir unsere europäische Agenda verteidigen wollen. Auch gehört zu einem professionellen Krisenmanagement eine Analyse, ob es eine unsachliche Diskontierung an Finanzmärkten gibt, die Ausdruck einer politischen Agenda Dritter sein könnte.

Haben wir das in den letzten drei Jahren erlebt?

Wir leben in der Eurozone in Demokratien. Die Problembewältigung erfordert von allen Teilnehmerländern erhebliche Opfer. Der Diskurs über die Richtung zwingt zur intensiven politischen Debatte. Sachlichkeit sollte dabei nicht auf der Strecke bleiben …

Was wurde und wird in Deutschland debattiert? Es wurden in den letzten Jahren maßgeblich die Hilfsmaßnahmen und deren Höhe diskutiert.

Europa wurde als Resultat aus Deutschland heraus maßgeblich als Finanzveranstaltung begriffen. Mutig wurden die Reformerfolge der Reformländer ausgeblendet. Das wirkte verschärfend auf die Krise und erhöhte den Preis der Solidarität. Deutschland wurde medial als Verlierer der Eurozone (Münchener Kamarilla & Co.) geoutet, obwohl wir finanziell und ökonomisch bisher der größte Gewinner waren und sind (Währung, deutsche Refinanzierung, Konjunkturmaßnahmen Dritter 2008-2010, insgesamt > 100 Mrd. Euro).

Die Kontingentierung deutscher Solidarität war der Schlüssel der verschärften Spekulation gegen die Reformländer. Erst Mario Draghis Schritt im September 2012 löste dieses Debakel und zwang Märkte zu einer sachlicheren Diskontierung.

Die Eurozone hat ein konjunkturelles Problem. Hintergrund ist zu wesentlichen Teilen die Form des Krisenmanagements. Trotz massiver Reformerfolge, werden diese Erfolge der Reformländer nicht honoriert. Sollte dieser Zustand weiter anhalten, ergibt sich konjunktureller und in der Folge gesellschaftspolitischer Sprengstoff, der die Eurozone genauso in einen Zerfall führen kann, wie das in der Vergangenheit dominierende Problem der Staatsfinanzierung.

Der deutsche IFO-Index verfehlte die Konsensusprognose. Per Berichtsmonat März ergab sich ein Rückgang von zuvor 107,4 auf 106,7 Punkte. Die Prognose war bei 107,6 Punkten angesiedelt. Der Index, der die aktuelle Lage abbildet, verlor von 110,2 auf 109,9 Zähler. Der Erwartungsindex sank von 104,6 auf 103,6 Punkte. Der Index gab nach vier Anstiegen in Folge von November bis Februar das erste Mal nach.

Damit weisen sowohl der Markit Index als auch der IFO-Index in Richtung einer Abschwächung der Konjunkturlage.

Die Verschärfung der politischen Situation ist der Maßgebliche Hintergrund der leichten Abkühlung. Vertreter des IFO-Instituts verwiesen darauf, dass der aktuelle Indexstand Ausdruck einer grundsätzlich positiven Geschäftslage ist und nicht als niedrig klassifiziert werden kann.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.3150 -80 verändert das Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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