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John Kaiser: Kann die TSX Venture noch gerettet werden? (Teil 1/2)

27.03.2013  |  The Gold Report
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Naht bereits das Ende der TSX Venture Exchange, die das Opfer von "Algotradern", geringen Volumina und dem Mangen an institutioneller Investoren ist? Wenn der Newsletter-Verfasser John Kaiser Recht behält, werden dieses Jahr bis zu 500 der 1.484 an der TSX gelisteten Rohstoffunternehmen aufgrund unzureichender Kapitaleinlagen untergehen. In diesem Interview mit Gold Report deutet Kaiser an, dass ein auf Crowdsourcing beruhendes Bewertungssystem die Investoren mit den Informationen versorgen könnte, die sie benötigen, um Anlageentscheidungen mit Zuversicht zu treffen und die Eigenhändler abwehren zu können.


The Gold Report: Auf der Cambridge Conference in Vancouver sprachen Sie von einer Alternative zum "Zombie-Land", wobei es sich bei den Zombies um die mehr als 1000 Unternehmen im Rohstoffsektor handelt, deren Aktien zu weniger als 0,20 Dollar gehandelt werden. Dazu gehören auch viele der über 600 Unternehmen, die nur über Kapitaleinlagen von weniger als 200.000 Dollar verfügen. Sie haben vorhergesagt, dass mindestens 500 von ihnen im nächsten Jahr den Betrieb einstellen werden. Ist das ein bedrohlicheres Szenario als zuvor oder gibt es einfach nur mehr Unternehmen?

John Kaiser: Die Zeit von 1998 bis 2002 war für den Junior-Sektor sehr schwierig. Die Metallpreise, und vor allem der Goldpreis, waren sehr niedrig. 1997 zerstörte der Bre-X-Skandal das Vertrauen der Investoren in den Weitblick der Rohstoff-Juniors. Junge, interessante Explorationsunternehmen gab es kaum. Sogenannte Area Plays waren von Anfang an aussichtslos. Und das Sirenenlied der Dotcom-Blase nahm den Privatanlegern das noch verbliebene Risikokapital. Die fünf Jahre andauernde Baisse war eine dunkle Zeit für die Branche, aber sie überdauerte und erlebte anschließend eine phänomenale Hausse. In dieser Zeit brachten die Junior-Unternehmen der TSX Venture (TSX.V) 57 Mrd. Dollar auf und mehr als 200 kanadische Rohstoff-Juniors verschwanden durch Übernahmevereinbarungen mit einem Gesamtwert von 115 Mrd. Dollar.


The Gold Report: Woher kommt dann die momentane Aufregung, nach nur zwei Jahren Bärenmarkt?

John Kaiser: Diesmal gibt es einen beunruhigenden Unterschied. 2008 wurde der Rohstoffsektor von der Finanzkrise überrascht und erlebte dann in den folgenden beiden Jahren einen plötzlichen Aufschwung. Viele der Unternehmen mit halbfertigen Projekten wurden dank des unerwarteten Anstiegs der Preise für unedle Metalle und des erwartungsgemäßen Kursanstiegs der Edelmetalle wiederbelebt. Zwischen 2009 und 2012 wurden 98 Junior-Unternehmen durch Übernahmeangebote in Höhe von insgesamt 51 Mrd. Dollar aufgekauft. Aber was die Rohstoffaktien betrifft, befinden wir uns trotz anhaltend hoher Kupfer-, Gold- und Silberpreise seit dem zweiten Quartal 2011 in einem Bärenmarkt. Im Unterschied zu der Zeit von 1998 bis 2002, als es tatsächlich kaum Junior-Rohstoffunternehmen gab, sehe ich heute viele Juniors mit fortgeschrittenen Projekten, die viel höher bewertet sein sollten, wenn man davon ausgeht, dass die aktuellen Metallkurse das neue Minimum sind. Ich sehe auch viele interessante Explorationsunternehmen, auf deren enormes Potential ich zu Spottpreisen wetten kann.

Wenn Sie mich also nach den 500 Juniors fragen, die verschwinden werden, scheint mir das die falsche Frage zu sein. Ich glaube eine Reduzierung der Junior-Unternehmen um 500 wäre für die Branche sehr gesund. Was mir bei diesem zweiten Einbruch Sorgen bereitet, ist die systematische Zerstörung der verbliebenen Juniors, die damit einhergeht und die letztlich den gesamten Juniorsektor der Rohstoffindustrie betreffen könnte.


The Gold Report: Bevor Sie auf das zurückkommen, was Ihnen die meisten Sorgen bereitet: Können Sie genauer erläutern, warum Sie so begierig darauf scheinen, die 500 in Bedrängnis geratenen Juniors verschwinden zu sehen?

John Kaiser: An der TSX.V ist es Tradition, dass sich die Juniors aus dem Rohstoffsektor durch Aktienzusammenlegungen wiederbeleben, wenn ihre Projekte nicht den gewünschten Erfolg haben, die ausgegebenen Aktien ineffektiv werden und ihnen das Geld ausgeht. Diese zurückgekehrten Juniors refinanzieren sich selbst und erwerben neue Projekte um den Explorationszyklus von Neuem zu beginnen. Manchmal geschieht das unter dem selben Management-Team, manchmal wird das Unternehmen von einer anderen Gruppe übernommen. Mir gefällt dieses System, denn dadurch erhalten die Aktionäre die Chance, ihr Geld zurückzuerhalten und manchmal mehr als das. Im Laufe der Zeit gab es unter dem Strich mehr überlebende Junior-Unternehmen als solche, die Pleite gingen und deren Börsennotierung aufgehoben wurde.

Die meisten dieser Juniors gingen mit einem lohnenswerten Projekt an die Börse. Aber innerhalb des letzten Jahrzehnts änderte die kanadische Maklerbranche ihren Fokus hin zu Aktienerstemissionen von sogenannten Capital Pool Companies. Seit Januar 2000 wurden 1.135 dieser Unternehmen an der TSX.V notiert. Viele von ihnen erwarben während des Rohstoffbooms der letzten zehn Jahre fortgeschrittene Projekte. Viele verschwanden durch Übernahmeangebote. Doch viele kauften auch mittelmäßige Rohstoffprojekte, bei denen fast keine Chance auf eine neue Entdeckung bestand oder die so unbedeutend waren, dass ihnen nicht einmal die hohen Metallpreise helfen konnten. Mittlerweile ist die Finanzierung des Rohstoffsektors zum großen Teil versiegt. Neben der alten Gruppe der wiederbelebten Juniors und der neueren Auswahl an ehemaligen Capital Pool Companies gibt es jetzt ein Überangebot an Junior-Rohstoffunternehmen.

Jedes dieser Unternehmen hat jährlich laufende Geschäftskosten in Höhe von etwa 200.000 Dollar, nur damit es als Aktiengesellschaft bestehen kann. Ich bin ziemlich geschickt darin, die seriösen von den unseriösen Unternehmen zu unterscheiden, aber ich habe mich auch 30 Jahre lang auf diesen Sektor konzentriert, um diese Fähigkeit zu erlangen. Für die weniger spezialisierten Anleger übertönen die Nebengeräusche das Signal, um einmal den Statistiker Nate Silver zu zitieren. Das Verschwinden von 500 Juniors würde der Branche guttun. Investoren könnten sich dann auf die wirklich seriösen Unternehmen konzentrieren.




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