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John Kaiser: Kann die TSX Venture noch gerettet werden? (Teil 1/2)

27.03.2013  |  The Gold Report
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The Gold Report: Es gab schon immer Unternehmen, die auf der Erfolgswelle der anderen mitschwammen und selbst kaum mehr besaßen, als ein winziges Fleckchen Erde. Was hat sich mittlerweile geändert, dass Sie sich Sorgen um die anderen Unternehmen machen?

John Kaiser: In den 1980ern, 1990ern und sogar noch davor ging es hauptsächlich um die Exploration. Die Juniors beschafften sich Kapital, identifizierten ein Ziel und begannen mit den Bohrungen. Meist war es ein Reinfall. Wenn es aber interessant aussah, kam Bewegung in den Aktienkurs - frühe Investoren erzielten mit dem Verkauf einen Gewinn, während die Hoffnungen anderer zunichte gemacht wurden und die Preise wieder fielen. Die frühen Investoren legten einen Teil ihres Gewinns in ein anderes Junior-Unternehmen an und ermöglichten so den nächsten Explorationszyklus. Diejenigen, die spät einstiegen und nicht verkauften, trugen die Verluste. Einige von ihnen wandten sich von der Branche ab, andere kamen schlauer zurück. Ab und an wurde eine so große Lagerstätte entdeckt, dass der Aktienkurs des Unternehmens immer weiter stieg, bis der Junior von einem Major-Unternehmen übernommen wurde, welches das Projekt zur vollständigen Mine entwickelte. Die Metallpreise spielten beim Marktzyklus der Rohstoff-Juniors kaum eine Rolle, da diese Unternehmen sich an makroökonomischen Zyklen orientierten, die die Risikobereitschaft anzeigten, und an bedeutenden Rohstoff-Entdeckungen, die diese Bereitschaft steigerten.


The Gold Report: Sie weisen öfters darauf hin, dass sich die Dynamik der kanadischen Juniors im letzten Jahrzehnt stark veränderte und Ihrer Meinung nach zu einer Art Sackgasse geworden ist. Um was für eine Veränderung handelt es sich dabei?

John Kaiser: In den letzten zehn Jahren wurden die kanadischen Juniors erwachsen. Im Junior-Sektor ging es mit der Zeit nur noch darum, die Machbarkeit für eine existierende Lagerstätte zu beweisen. Dabei handelte es sich um ehemalige, gescheiterte Explorationsprojekte, die nun erneut hervorgeholt und im Zuge der steigenden Preise und des chinesischen Superzyklus noch einmal überdacht wurden. Das setzte eine gewisse Erfahrung unter den Rohstoff-Juniors voraus und legte die Messlatte dafür, was als ernsthaftes Unternehmen angesehen wird, deutlich höher. Das in NI 43-101 enthaltene Regelwerk zur Offenlegung, das nach dem Bre-X-Skandal eingeführt wurde, kam zu einem perfekten Zeitpunkt. Die nötige Rechnerei zum Beweisen der Machbarkeit eines Projektes und die steigenden Metallkurse zogen institutionelles Kapital in einem vorher nie dagewesenem Maße an. Der reine Explorationsmarkt wurde dabei etwas vernachlässigt, denn jetzt ging es vor allem darum, die Rentabilität vorhandener Lagerstätten zu beweisen, sodass sie von Major-Unternehmen gekauft werden konnten, die ihre Reserven auffüllen wollten.

Dieses neue Spiel scheint nun vorbei zu sein. Die institutionellen Anleger haben den Markt verlassen, weil sie bezweifeln, dass der Boom anhält und aus Sorge darüber, dass es für Gold nur in eine Richtung gehen kann: nach unten. Ich befürchte, dass wir aufgrund des Vakuums, das durch den Rückzug des an der Machbarkeit orientierten institutionellen Kapitals entstand, und aufgrund der fortgesetzten Abwesenheit von Privatanlegern, die sich vor allem auf Explorationsunternehmen und Entdeckungen konzentrieren, einen strukturellen Zusammenbruch des Junior-Sektors der Bergbauunternehmen erleben könnten. Juniors, die noch an fortgeschrittenen Projekten arbeiten, können wegen der niedrigen Aktienkurse das nötige Kapital für eine Fortsetzung der Arbeiten nicht aufbringen, es sei denn durch extreme Verwässerung. Juniors mit guten Ideen für eine Exploration haben es schwer, Kapital zu beschaffen, weil der Markt die Situation für Explorationsunternehmen sehr negativ einschätzt. Diese Gegebenheiten bedrohen die Lebensfähigkeit der 1.000 Unternehmen an der TSX Venture Exchange, die tatsächlich funktionieren. Wir könnten das Verschwinden einer ganzen Institution miterleben.


The Gold Report: Sind die Zombies einfach Unternehmen, die zurück in den Explorationssektor gehen und die zum Scheitern verurteilt sind?

John Kaiser: Bei einigen der Zombies handelt es sich um Unternehmen, die sich wirklich bemüht haben, aber nicht profitabel waren. Die Gewinne durch steigende Metallpreise im letzten Jahrzehnt wurden von der exorbitanten Kostenexplosion im Bergbausektor - sowohl der Kapitalkosten als auch der Betriebskosten - wieder verschlungen. Die aufgrund der höheren Preise angenommene Rentabilität ist also wieder verschwunden. Ich habe Schätzungen von einer Inflation von 10% während der letzten fünf Jahre gesehen. Vergleichen Sie das mit der durch den Verbraucherpreisindex angezeigten Inflation von 2% im gleichen Zeitraum ...

Denken Sie zur Veranschaulichung an eine Goldlagerstätte, die 2008 bei 900 Dollar je Unze kaum wirtschaftlich war. Aktuell wird Gold mit 1.610 Dollar je Unze fast 80% höher gehandelt. Man könnte also meinen, dass die Zeit der Juniors, deren Lagerstätten sich bei 900 Dollar je Unze am Rande der Rentabilität bewegten, gekommen sei. Das ist jedoch nicht der Fall, da die Betriebskosten in den letzten fünf Jahren um jährlich 10% gestiegen sind. Betriebskosten von 900 Dollar je Unze sind heute also 60% höher und belaufen sich auf 1.450 Dollar je Unze. Wenn man die selbe Preiseskalation von 10% auf die Kapitalkosten anwendet, die bereits im Vorfeld aufgebracht werden müssen, erhält man eine hässliche Explosion der Kapitalausgaben. Nimmt man dann noch die höheren Royalties und Steuerabgaben mit auf Rechnung, die den Unternehmen von finanziell in Bedrängnis geratenen Regierungen auferlegt wurden, die nur auf den phänomenalen Anstieg des Goldpreises fixiert waren, stellt sich die Finanzsituation noch unerfreulicher dar. Daher sind viele Projekte trotz des fast doppelt so hohen Goldpreises heute schlechter dran als vor einem Jahrzehnt.

Die Projekte vieler Unternehmen, die eine Ressourcenschätzung und vielleicht sogar eine vorläufige Wirtschaftlichkeitsstudie durchgeführt haben, sind selbst bei den aktuellen Metallpreisen nicht rentabel. Bedenkt man dann noch die latente Angst, dass es sich bei den Edelmetallpreisen um eine Blase handeln könnte, ist es wenig verwunderlich, dass die Juniors des Rohstoffsektors aufgegeben wurden. Einige der Projekte können in rund zehn Jahren eventuell recycelt werden, aber heute bedeutet das für die Unternehmen, dass sie ein Asset besitzen, welches bei den aktuellen Metallpreisen keinen wirklichen Wert besitzt. Auf dem Markt für unedle Metalle ist die Situation ähnlich.


The Gold Report: Welche Möglichkeiten haben diese Unternehmen mit fortgeschrittenen Projekten?

John Kaiser: Einige dieser Unternehmen führen weiterhin Explorationsarbeiten durch, in der Hoffnung eine höhergradige Lagerstätte auf ihrem Projektgebiet zu finden, die die Wirtschaftlichkeit erhöht. Ein gutes Beispiel dafür aus der Zeit des Bärenmarktes von 1998 bis 2002 ist das Gold- und Silberprojekt Veladero in Argentinien. Nach dem Bre-X-Skandal sah es so aus, als würde es sich aufgrund der niedrigen Mineralgehalte nicht rentieren. Doch die Bohrarbeiten wurden fortgesetzt und 1998 wurde eine hochgradige Lagerstätte gefunden, die zu einem Übernahmeangebote von Homestake Mining Co. in Höhe von 500 Mio. Dollar führte. Heute ist Veladero im Besitz von Barrick Gold Corp. (ABX:NYSE).

Viele Juniors verfügen noch über ein Explorationsteam, haben aber kein Geld mehr. Wenn sie nicht mit einer einzigartigen Geschichte aufwarten können, können sie im Moment kein Kapital beschaffen. Der Markt hat kein Interesse an sukzessivem Fortschritt und glaubt nicht länger daran, dass höhere Metallpreise in Aussicht sind, durch die alles besser wird. Zwar reagiert der Markt durchaus auf sensationelle Entdeckungen. Er ist jedoch nicht bereit, eine Wette allein auf Grundlage des Zielgebiets einzugehen. Ein überraschender Anstieg des Goldpreises oder eine große Entdeckung eines Juniors in einem Gebiet wie Nevada, das das Potential für weitere Entdeckungen dieser Art birgt, könnte der Branche helfen, aus dieser Sackgasse zu entkommen.




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