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John Kaiser: Kann die TSX Venture noch gerettet werden? (Teil 1/2)

27.03.2013  |  The Gold Report
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The Gold Report: Sie sagen, dass viele Juniors ausgedehnte Mineralsysteme besitzen, deren Rentabilität durch die Kostenexplosion im Bergbau verschwand. Gleichzeitig scheinen Sie optimistisch zu sein, dass innerhalb dieser Systeme das Potential für neue Entdeckungen besteht. Ein Sprichwort besagt, dass der beste Ort, um nach Gold zu suchen in der Nähe bereits bekannter Lagerstätten ist. Sollte es für die Juniors mit fortgeschrittenen Projekten, deren Mineralgehalt nicht mehr ganz ausreichend ist, dann nicht ein Leichtes sein, Kapital für zusätzliche Explorationsarbeiten zu beschaffen?

John Kaiser: Während der letzten fünf Jahre wurden die Quellen, aus denen das Kapital in die Kassen der Unternehmen floss, beeinträchtigt. In ihrem Eifer, die Investoren zu schützen, änderten die Regulatoren die Regeln. Um eine Privatplatzierung durchzuführen, die Geld in die Unternehmenskasse und nicht in die Taschen der privaten Aktionäre fließen lässt, müssen Investoren heute ein Nettovermögen von 1 Mio. Dollar aufweisen (ausgenommen davon sind Nettovermögenswerte an Wohnimmobilien), eine Beziehung zum Management haben oder bereit sein, die relativ stolze Summe von mindestens 150.000 Dollar zu riskieren.

Die Regulatoren versuchen auch, den Geldfluss in die Unternehmenskassen zu beschränken, indem sie ihn zur Maklerbranche lenken. Der zugrundeliegende Gedanke dabei ist, dass Makler das Risikoprofil ihrer Kunden und das Chancen-Risiko-Profil der Rohstoff-Juniors einzuschätzen wissen. In Wirklichkeit stellen die Regulatoren dem Maklergeschäft damit eine Haftungsfalle, die die Broker zu umgehen suchen, indem sie nur die lukrativen, bereits weiter entwickelten Rohstoff-Juniors in Betracht ziehen. Es werden Regeln eingeführt, die die Zahlung einer Vermittlungsprovision an eine dritte Partei verbieten, die nicht Teil des Maklerbüros ist. Die Regulatoren denken sogar darüber nach, die Ausnahmen zu reduzieren, die die Durchführung einer Privatplatzierung ohne Brokerbeteiligung ermöglichen. Sie scheinen Missbrauchsfälle verhindern zu wollen, bei denen Anteile privater Unternehmen unter falschen Voraussetzungen an Kleinanleger verkauft werden, wobei man sich die Ausnahmen für Privatplatzierungen zu Nutze macht. Aktiengesellschaften, die strengen Offenlegungsregeln und deren Durchsetzung unterliegen, sind bei diesen Bemühungen, ein durchaus ernstes Problem anzugehen, unbeabsichtigter Kollateralschaden.

Die Maklerindustrie geht zu einem Vermögensverwaltungsmodell über, bei dem die Portfolios der Kunden mit strukturierten Finanzprodukten wie Investment- und Indexfonds oder exotischen Titeln wie Real Estate Investment Trusts gefüllt werden. Die individuellen handelsbasierten Provisionen sind zu niedrig, um das Maß an Interaktion mit den Kunden zu rechtfertigen, das für Investitionen in individuelle Juniors der Rohstoffindustrie nötig wäre. Abgesehen von einer Handvoll Firmen ist die Maklerbranche für Rohstoff-Juniors als Kanal für Risikokapital irrelevant geworden, vor allem für solche, deren Schwerpunkt nicht auf dem Demonstrieren der Wirtschaftlichkeit liegt, sondern auf Explorationsarbeiten, mit dem Ziel neue Lagerstätten zu entdecken.


The Gold Report: Änderungen der Börsenregulierung, die auf den Schutz der Investoren abzielen, und strukturelle Änderungen innerhalb der Maklerbranche erzeugen also einen Engpass, der den Geldfluss in die Unternehmenskassen verhindert?

John Kaiser: Wir haben die paradoxe Situation, dass eine Einzelperson einen beliebig hohen Kredit aufnehmen, sich durch den Kauf von Lotteriescheinen arm machen, beim Roulette alles auf Rot setzen oder sogar ihr gesamtes Vermögen in ein Daytrading-Konto mit einem zu einhundert Prozent hohem Risiko anlegen kann. Aber er oder sie darf es nicht direkt in die Kasse einer stark regulierten Aktiengesellschaft fließen lassen. Ich glaube nicht, dass wir die Arbeitsweise der Maklerfirmen ändern können und wir sollten auch nicht argumentieren, dass die Regulatoren sich weniger um die Sicherheit der Investoren kümmern sollen. Jeder muss verstehen, dass der Junior-Sektor der Rohstoffindustrie ein hohes Maß an Unsicherheit birgt und dass Investoren in diesem Bereich sehr aufmerksam sein müssen.


The Gold Report: Dass es zunehmend schwieriger wird, Geld direkt den Unternehmenskassen zuzuführen, wo es arbeiten und neuen Wohlstand erschaffen kann, scheint im Widerspruch zu dem zu stehen, was Sie als das ruchlose Feiern einer Trading-Kultur bezeichnen, die nicht mehr auf Fundamentaldaten beruht. Gewinne aus dem Aktienhandel werden als Belohnung für das Durchsetzen von Disziplin an ineffizienten Märkten angesehen, was im Allgemeinen positiv bewertet wird. Warum lehnen Sie diese Trading-Kultur, zumindest was die Rohstoff-Juniors betrifft, ab?

John Kaiser: Im Grunde bin ich nicht gegen Arbitrage, wenn ineffiziente Märkte solche Gelegenheiten bieten. Schließlich betreibe ich ebenfalls Bottom Fishing und setze auf spekulative Gewinne. Wenn der Junior-Rohstoffsektor effizient wäre, wäre das keine produktive Strategie. Man muss hier zwischen struktureller und zufälliger Ineffizienz unterscheiden. In einer Umgebung mit starkem Wettbewerb stellt sich eine Ineffizienz als Zeitfenster für eine Chance dar, das sich sehr schnell wieder schließt. Ich spreche dabei nicht von Insider-Informationen, sondern von der ineffizienten oder falschen Verarbeitung von öffentlich zugänglichen Informationen. Wer auch immer diese zuerst bemerkt, kann einen Gewinn erzielen. Die Möglichkeit, aus so einer Gelegenheit Nutzen zu ziehen hängt davon ab, wie schnell andere ebenfalls darauf aufmerksam werden und ein Stück vom Kuchen abbekommen wollen. So funktioniert ein transparenter Markt.

Im Gegensatz dazu verschwindet eine strukturelle Ineffizienz nicht durch Wettbewerb, sobald sie ausfindig gemacht wurde. Es handelt sich dann vielmehr um das gemeinsame Übervorteilen eines Opfers, wobei die Gewinne von sogenannten Arbitrageuren systematisch untereinander aufgeteilt werden. Diese stehen dabei nicht im Wettbewerb miteinander, sondern haben sich vielmehr gegen das Opfer zusammengeschlossen.

Der kanadische Junior-Sektor der Rohstoffmärkte wurde von einer solchen strukturellen Ineffizienz befallen. Die Trading-Kultur, die dafür sorgte, dass 40% des Handelsvolumen an den US-Märkten mittlerweile automatisiert abgewickelt werden, hat nun auch den kanadischen Junior-Sektor erreicht. Computerprogramme und mit Computern ausgestattete Eigenhändler machen sich im System breit. Sobald Geld in den Markt fließt, streiten sie sich darum, erhalten es durch den Verkauf von Aktien, die sie nicht einmal besitzen, und stellen die Position am Ende des Tages glatt. Die Regulatoren lassen solche „neutralen“ Konten zu, die das Privileg haben, nicht zu den eigentlichen Leerverkäufen zu zählen, da die Short-Positionen am Ende des Tages ausgeglichen sein sollten.

Bei traditionellen Leerverkäufen wettet der Anleger auf die Diskrepanz zwischen der Bewertung eines Unternehmens durch den Markt und der Bewertung desselben Unternehmens basierend allein auf den Fundamentaldaten. Ein solcher Short-Verkäufer muss die Short-Position für mehr als einen Tag halten und dafür muss er oder sie Aktien leihen, was nicht immer einfach ist. Diese Art Short-Verkäufer spielt eine wichtige Rolle am Aktienmarkt, da solche Short-Positionen dem Markt wichtige Informationen geben. Die Regulatoren bestehen daher darauf, dass sie auch als Leerverkäufe ausgewiesen werden.




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