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Schuldenschnitt in Zypern - (k)eine "Blaupause" für den Euroraum

03.04.2013  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 3 -
Die drängende Frage

Die Euro-Politiker bemühen sich, die Sorge von Investoren und Sparern zu zerstreuen, dass ein Schuldenschnitt wie in Zypern den Weg markiere, der auch in anderen Euroraum-Ländern beschritten werden wird.

Sie bemühen sich, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, ein Schuldenschnitt wie in Zypern sei keine "Blaupause“ für die Krisenbewältigung in anderen Euroraum-Ländern, es sei vielmehr ein "Einzelfall".

So ökonomisch richtig ein Schuldenschnitt als ein Beitrag zur Lösung der (Über-) Verschuldungskrise auch sein mag, so verständlich ist auch, dass die Mehrheit der Euro-Politiker vor einem solchen Schritt zurückschreckt.

Denn würden Investoren davon ausgehen, dass weitere Schuldenschnitte folgen, könnte es zu einer "Flucht aus Schuldtiteln“ kommen, der Kreditmarkt und die Wirtschaft würden ins Trudeln geraten.

Es wäre gewissermaßen das Ende des "Kreditbooms“, also des künstlichen Aufschwungs, finanziert durch ein immer weiteres Anwachsen der Kredite. Es wäre vor allem auch das Ende der auf Kredit finanzierten Umverteilungsstaaten im Euroraum.


Das Problem des Papiergeldes

Mit Schuldenschnitt allein ist es übrigens nicht getan: Denn selbst wenn die Schulden erlassen werden, bleibt das Kernproblem der Misere bestehen: das ungedeckte Kredit- oder Papiergeldsystem.

Es mag eine unangenehme Wahrheit sein, aber die aktuelle Krise ist eine direkte Konsequenz eines Geldsystems, in der die Geldmenge fortgesetzt per Bankenkredit und damit quasi "aus dem Nichts“ vermehrt wird.

Ein solches Papiergeldsystem verursacht nicht nur "Boom-und-Bust“-Zyklen. Es sorgt auch für eine im Zeitablauf anwachsende Schuldenlast, vor allem bei Banken, Staaten, aber auch privaten Konsumenten.

Die sich auftürmende Schuldenlast führt letztlich zum wirtschaftlichen Zusammenbruch: Schuldner sind nicht mehr in der Lage oder willens, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen.

Ein Schuldenschnitt ist folglich keine grundsätzliche Lösung der Probleme, für die das Papiergeldsystem sorgt. Denn wird das Papiergeldsystem fortgeführt, werden sich früher oder später wieder die gleichen Problematiken - Geldwertschwund, Überschuldung etc. - einstellen.


"Zwangsjacke" Euro

Die sich abschwächenden Konjunkturen und die steigenden Arbeitslosenzahlen schaffen in vielen Euroraum-Ländern eine sehr prekäre Lage. Viele von ihnen werden sich nicht aus ihren Verschuldungslasten herausreformieren können. Der Euro wird für sie zur "Zwangsjacke".

Wenn politisch davor zurückgeschreckt wird, Schulden, die die Kreditnehmer nicht mehr bedienen können und/oder wollen, zu erlassen beziehungsweise zu streichen, steigt unweigerlich der Druck auf die Zentralbank, die offenen Rechnungen mit neu gedrucktem Geld zu bezahlen, also eine Inflationspolitik zu befolgen.


"Bankensturm" in Zypern

Die EZB hat Bargeld in Höhe von etwa fünf Mrd. Euro nach Zypern geschafft, um der erwarteten Bargeldnachfrage nachkommen zu können, wenn die Banken nach mehr als zehn Tagen die Pforten öffnen. Die zypriotische Regierung hat nun eine Reihe von drastischen Maßnahmen beschlossen. So kann pro Person und Konto maximal 300 Euro pro Tag abgehoben werden. Auslandsüberweisungen und Zahlungen mit Kreditkarten im Ausland werden pro Person und Bank auf 5.000 Euro beschränkt. Zyprioten sollen zudem pro Auslandsreise nur maximal 3.000 Euro Bargeld mit sich führen dürfen.

Festgeldanlagen dürfen nicht vorzeitig gekündigt werden. Diese Regeln sollen zunächst für vier Tage gelten, und sie sollen verhindern, dass Kapital in großem Umfang aus Zypern abgezogen wird. Der Katalog der Drangsalierungen geht weiter: So müssen zum Beispiel Exporteinnahmen den Behörden binnen zwei Wochen gemeldet werden. Dies gilt auch für Gewinne, die mit dem Verkauf von Immobilien erzielt werden. Die Ereignisse in Zypern sollte jedem zu denken geben: Euro-Bankguthaben sind nicht mehr sicher.




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