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Baumwollpreise fallen erstmals seit neun Monaten unter die 1-USD Marke

15.07.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise diesseits und jenseits des Atlantiks notieren heute beide gut 2 USD je Barrel niedriger als gestern. Die Ursachen sind jedoch unterschiedlich: WTI gab gestern bereits im Nachmittagshandel nach, als der Fed-Vorsitzende Bernanke zuvor aufgekommene Hoffnungen auf "QE3" dämpfte. Dass Brentöl heute morgen nur noch 116 USD je Barrel kostet, ist vor allem auf den Kontraktwechsel zurückzuführen. Da sich die Terminkurve bei Brent in Backwardation befindet, notierte der September-Kontrakt zum Umstellungszeitpunkt niedriger als der ausgelaufene August-Kontrakt. Hinzu kommt, dass ab August die Produktion in Großbritanniens größtem Ölfeld, Buzzard, nach Aussagen des Betreibers Nexen wieder auf Vollauslastung von mehr als 200 Tsd. Barrel pro Tag steigen wird.

Aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen war die Förderung zwischenzeitlich auf 80 Tsd. Barrel pro Tag reduziert worden und hatte damit zur Knappheit bei Brent beigetragen. Die sich abzeichnende höhere Verfügbarkeit von Nordseeöl sollte dazu beitragen, dass sich der Preisabstand zwischen Brent und WTI, der aktuell noch immer bei knapp 20 USD je Barrel liegt, wieder einengen wird.

Der US-Erdgasmarkt war gestern auf Achterbahnfahrt: der Preis für Henry Hub gab nach Veröffentlichung eines überraschend starken Lageraufbaus kurzzeitig deutlich nach, konnten aber im weiteren Handelsverlauf die Verluste wieder wettmachen.

Unterstützung dürfte der Preisrückgang bei WTI gegeben, denn die Anlagestrategie long Öl, short Gas erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Aktuell notiert der Preis für Henry Hub 9% niedriger als Anfang Juni. Vor allem die deutliche Aufwärtsrevision der Produktionsprognose der amerikanischen Energieagentur Mitte Juni hat den Preis zuletzt belastet.


Edelmetalle:

Gold hatte sich gestern zunächst bis auf 5 USD der psychologisch wichtigen Marke von 1.600 USD je Feinunze angenähert, hat seither aber knapp 20 USD verloren. Die Preisverluste seit gestern Nachmittag dürften auf die relativierenden Aussagen des Fed-Vorsitzenden Bernanke zurückzuführen sein, wonach weitere monetäre Stimulierungsmaßnahmen (QE3) derzeit noch nicht geplant sind. Heute richtet sich der Fokus der Marktteilnehmer auf die US-Inflationszahlen. Insbesondere die Kerninflationsrate war im Mai zum Vormonat überraschend stark gestiegen.

Sollte sich der zugrundeliegende Preisauftrieb fortgesetzt haben, dürften die Spekulationen auf QE3 einen weiteren Dämpfer erhalten, so dass der Goldpreis weiter nachgeben könnte. Allerdings sollte das Abwärtspotenzial begrenzt sein. Die Ratingagentur S&P hat mit einer Herabstufung des Kreditratings der USA noch im Juli gedroht, falls es zu keiner Einigung im Streit um die Anhebung der US-Schuldengrenze kommt. Bislang konnten sich die beiden großen Parteien im Kongress nicht auf einen gemeinsamen Gesetzestext einigen.

Das auf Edelmetalle spezialisierte Research-Institut GFMS erwartet vor allem Dank der Inbetriebnahme neuer Minen für dieses Jahr einen Anstieg der globalen Goldminenproduktion von 5% im Vergleich zum Vorjahr. Dies erscheint auf den ersten Blick etwas optimistisch. So hat beispielsweise China als weltweit größter Goldproduzent von Januar bis Mai laut Angaben des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie mit 132 Tonnen „nur“ 3,7% mehr Gold produziert als ein Jahr zuvor. Südafrika meldete kürzlich sogar für Mai einen abermaligen deutlichen Rückgang seiner Goldproduktion um 5,8%.


Industriemetalle:

Nachrichten aus den USA und China setzen die Metallmärkte unter Druck. Die Ankündigung von S&P, ihr Rating für die USA womöglich schon im Juli herabzustufen, wenn man sich im Kongress nicht bald über die Schuldensgrenze einigen kann, belastet ebenso wie der stärkere US-Dollar. Außerdem dürfte der Markt gespannt auf die heutigen US-Zahlen zu Inflation, Industrieproduktion und Verbrauchervertrauen warten. Die Interpretation der Märkte hängt oft von der Stimmung ab. Und wenn die Stimmung skeptisch ist, dann lassen sich auch positive Zahlen negativ interpretieren, weil die QE3-Perspektiven weiter in die Ferne rücken. Auf der anderen Seite wächst die Sorge, dass die chinesische Wirtschaft vor einer Abkühlung steht, weil die Inflationsgefahren zunehmen und die Regierung weitere Straffungsmaßnahmen beschliesst.

Auch der unerwartete Anstieg der Kupferlagerbestände in Shanghai belastet. Sie haben in einer Woche um knapp 20 Tsd. Tonnen bzw. über 22% zugenommen. Seit dem Zwischentief Mitte Juni sind sie sogar um über 35% gestiegen.

Die Entscheidung Chinas, die Exportquoten für sog. Seltene Erden für das zweite Halbjahr auf 15.738 Tonnen zu erhöhen, würden wir nicht überbewerten. Denn zum einen liegt die Exportquote für das Gesamtjahr mit 30.184 Tonnen fast genauso hoch wie im Vorjahr. Zum anderen beinhalten die neuen Quoten auch neue Materialien, wie z.B. seltenerdhaltige Ferrolegierungen, weshalb die Anhebung nicht allzu dramatisch ausfällt. Der Schritt erfolgt eine Woche nach der WTO-Entscheidung, dass die chinesischen Exportzölle und -quoten bei neun Rohstoffen nicht den Richtlinien der WTO entsprechen. Aus unserer Sicht dürfte eine weitere Lockerung der Exporteinschränkungen für Rohstoffe langfristig zu höherer Preistransparenz und -Stabilität auf den globalen Rohstoffmärkten beitragen.


Agrarrohstoffe:

Der Baumwollpreis ist heute erstmals seit Oktober letzten Jahres unter die Marke von 100 US-Cents je Pfund gefallen. Die Baumwollimporteure halten sich in Erwartung eines weiteren Preisrückgangs offensichtlich weiter mit Käufen zurück. In der vergangenen Woche wurden laut US-Landwirtschaftsministerium erneut Exportaufträge von 132 Tsd. Ballen storniert. Allein China zog Aufträge von gut 70 Tsd. Ballen zurück. In der Folge waren die US-Exporte zum 15. Mal in den letzten 16 Wochen negativ. Der Minussaldo summiert sich seit Mitte März auf knapp 780 Tsd. Ballen. Das entspricht mehr als 5% der US-Baumwollexporte.

Spätestens mit Beginn des neuen Erntejahres dürften die Exportaufträge jedoch wieder anziehen, weil dann die Lagerbestände weitgehend aufgebraucht sein dürften, von denen die Importeure derzeit noch zehren. Die Erwartung einer deutlichen Entspannung des Angebots, welche ebenfalls für den Preisrückgang ins Feld geführt wird, dürften enttäuscht werden. In den USA soll die Baumwollernte aktuellen USDA-Schätzungen zufolge aufgrund der lang anhaltenden Trockenheit im wichtigsten Anbaugebiet Texas 12% niedriger ausfallen als im Vorjahr. Wir rechnen daher mit einer baldigen Stabilisierung und einer anschließenden Erholung der Preise auf 130 US-Cents je Pfund im vierten Quartal.

Aufgrund technischer Probleme erscheint die "Tagesinfo Rohstoffe" leider nur in der reiner Textform.


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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