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Gold bei 1.600 USD, Silber bei 40 USD

18.07.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

"Und sie dreht sich doch!" könnte man die Reaktion der Märkte am Freitag in Bezug auf die US-Wirtschaftsdaten bezeichnen. Denn obwohl die Daten allesamt relativ schwach und sogar unter den Konsenserwartungen ausfielen, waren die Marktteilnehmer offensichtlich noch von Schlimmerem ausgegangen. Auch heute halten sich die Ölpreise angesichts des starken US-Dollar relativ gut. Die relative Stärke sehen wir jedoch nicht so sehr der wirtschaftlichen Vernunft oder den aktuellen Lieferengpässen geschuldet.

Vielmehr zeigt sie das steigende Anlegerinteresse an Rohstoffinvestments, die wegen der Unsicherheiten an den Aktien- und Devisenmärkten stark nachgefragt werden. An der NYMEX haben sich die Netto-Long-Positionen bei WTI zuletzt weiter auf mittlerweile 162,3 Tsd. Kontrakte ausgeweitet. Die heute zur Veröffentlichung stehenden Zahlen für Brent an der ICE dürften diesen Trend bestätigen. Auch wenn die relative Stärke und das Momentum kurzfristig die Preise unterstützen, sehen wir mittelfristig insbesondere bei Brent die Gefahr einer größeren Preiskorrektur.

Dass die schnelle Rückführung des spekulativen Überhangs durchaus starke Preisreaktionen auslösen kann, konnte man aus unserer Sicht bereits am Freiatg am US-Gasmarkt sehen. Den starken Preisanstieg um über 3% in wenigen Stunden führen wir in erster Linie auf die Schließung von vorhandenen Short-Positionen zurück. Die Netto-Short-Positionen bei US-Erdgas sind zuvor um knapp 20% auf den höchsten Stand seit Anfang April gestiegen.


Edelmetalle

Dass Gold viel mehr als ein Rohstoff ist, ist dem Markt sehr wohl bewusst. Seine gegenwärtige Entwicklung zeigt, dass Gold nicht nur als Inflationsschutz, Angstindikator oder "Anti-Dollar" dient. Es ist vielmehr eine Währung, die vor allem von den Finanzmarkt- und Wirtschaftsindikatoren abhängt und aktuell von der Schwäche der beiden großen Währungen, US-Dollar und Euro, profitiert. Während der Goldpreis in US-Dollar heute erstmals überhaupt die psychologisch wichtige Marke von 1.600 USD je Feinunze erreicht hat, konnte er in Euro gerechnet in nur zwei Wochen sogar über 10% zulegen und handelt mit rund 1.140 EUR je Feinunze ebenfalls auf einem Rekordhoch.

Das derzeit starke Interesse der Finanzanleger spiegelt sich auch in deren Positionierung wider: In der Woche zum 12. Juli haben sie ihre Netto-Long-Positionen an der COMEX um gut 20% auf 199,1 Tsd. Kontrakte ausgeweitet; sie dürften seitdem weiter gestiegen sein. Außerdem verzeichnete der größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, allein am Freitag Zuflüsse von 10,6 Tonnen. Auch wenn angesichts der gegenwärtigen Euphorie kurzfristige Rückschläge möglich sind, bleibt das Umfeld für Gold günstig.

Der Euro-Sondergipfel am Donnerstag und die anhaltende Unsicherheit wegen der Schuldengrenze in den USA stützen die Preise. Im Schlepptau von Gold kann Silber sogar stärker zulegen und handelt heute zum ersten Mal seit Anfang Mai wieder über 40 USD je Feinunze. Dabei wird Silber offensichtlich nicht als Industriemetall, sondern ähnlich wie Gold als wertstabile Anlage gesehen. Der Anstieg wird von Anlegern unterstützt, die ihre Netto-Long-Positionen auf ein 10-Wochenhoch von 18,3 Tsd. Kontrakten ausgebaut haben.

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Industriemetalle

Nachdem die Metallpreise am Freitag bereits ihre anfänglichen Verluste komplett aufholen konnten, starten sie in der Breite freundlich in die neue Handelswoche.

Kupfer beispielsweise notiert heute Morgen bei rund 9.700 USD je Tonne. Deutlichere Preissteigerungen werden durch einen festen US-Dollar gebremst. Die Finanzanleger haben im Falle von Kupfer die dritte Woche in Folge ihre Wetten auf steigende Preise ausgebaut. In der Woche zum 12. Juli wurden die Netto-Long-Positionen um gut 23% bzw. 5,1 Tsd. auf 27 Tsd. Kontrakte ausgeweitet. Dies entspricht dem höchsten Stand seit Mitte Februar. Damit waren die Investoren in der Beobachtungsperiode erneut eine treibende Komponente des Kupferpreises. Nach dem starken Preisanstieg der vergangenen Wochen und dem deutlichen Aufbau der Netto-Long-Positionen - diese haben sich in einem Monat fast vervierfacht - wächst mittlerweile allerdings auch die Gefahr vor Preiskorrekturen, sollten die Finanzanleger Gewinne mitnehmen.

Die Londoner Metallbörse plant, in ihren Lagerhäusern neue Auslieferungsbedingungen für die Metalle einzuführen. So sollen ab 1. April 2012 die täglichen Minimum-Liefermengen, die aus den Lagerhäusern abfließen, erhöht und an die Gesamtbestände des jeweiligen Lagerhauses angepasst werden. Mit diesem Schritt sollen Lieferengpässe, wie sie derzeit vor allem bei Aluminium bestehen, zukünftig vermieden werden.


Agrarrohstoffe

Die schwächere Importnachfrage Chinas nach Sojabohnen im ersten Halbjahr, wobei die Importe um 8% auf 23,7 Mio. Tonnen fielen, hat zu Prognosesenkungen für das Volumen im Gesamtjahr 2010/11 geführt. Während das US-Landwirtschaftsministerium noch im April die chinesischen Importe auf 57 Mio. Tonnen schätzte, liegt die derzeitige Prognose nur noch bei 52 Mio. Tonnen. Allerdings dürften die Importe bald wieder anziehen, da die Lagerbestände inzwischen abgebaut werden und eine Reihe politischer Maßnahmen ergriffen wurde, durch die mehr Schweine in China produziert werden sollen, wodurch mehr Futter benötigt wird. Die Schweinefleischpreise in China sind allein seit Anfang Mai um 30% gestiegen.

Der nächstfällige Weizen-Kontrakt (September) an der CBOT ist am Freitag wieder unter die Marke von 7 USD je Scheffel gefallen. Hintergrund ist vor allem eine skeptischere Einschätzung der US-Exportaussichten, nachdem der weltgrößte Weizenimporteur Ägypten bereits zum zweiten Mal in Folge russische Ware bestellte. Dies zeigt, dass Russland nach dem Auslaufen der Exportstopps mit Erfolg zurück auf die internationalen Getreidemärkte drängt. Da inzwischen eine russische Getreideernte von 90 Mio. Tonnen möglich scheint, dürfte auch weiterhin kein Mangel an preisgünstig angebotener Ware aus Russland bestehen. Auch die Exporte der EU sind dieser harten Konkurrenz ausgesetzt. Gleichzeitig drücken die inzwischen wieder etwas verbesserten Ernteaussichten in der EU auf die europäischen Weizenpreise in Paris.


CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank, Corporates Markets






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