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Weltwirtschaft läuft - Politikansatz der Eurozone angemessen?

10.04.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.53 Uhr) bei 1.3075, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3006 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 99.18. In der Folge notiert EUR-JPY bei 129.65, während EUR-CHF bei 1.2198 oszilliert.

Die Weltwirtschaft läuft. Wir hatten gestern darüber geschrieben. Weitere Indizien wurden gestern geliefert.

Die zweitgrößte Ökonomie der Welt, China, reüssiert. Per März nahmen die Importe der "Werkbank der Welt“ im Jahresvergleich um 14,1% zu.Dieses Ergebnis war knapp dreimal höher als die Prognose. Im Monatsvergleich kam es zu einem Anstieg von 124,1 auf 183,1 Mrd. USD. Exporte legten im Jahresvergleich um 10% zu. Im Monatsvergleich kam es zu einem Anstieg von 139,4 Mrd. USD auf 182,2 Mrd. USD.

Wir schauen heute auch interessiert auf den OECD Frühindikator. Veröffentlicht werden die Februardaten. Der Indexverlauf seit dem „Draghi-Event“ im September letzten Jahres ist nachhaltig positiv.

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Wo bleibt die Eurozone in der Weltwirtschaft?

Ja, Deutschland läuft gut, aber längst nicht perfekt, da die Nachfrage aus der Eurozone stockt. Die europäischen Reformländer, die ihre Lohnstückkostenaggressiv senkten, die Arbeitsmärkte dergulierten oder deregulieren (aktuell Frankreich), die ihre internationale Attraktivität stark erhöhten, nehmen an diesem Aufschwung nicht teil. Warum ist das so?

Große Teile der Medien haben die Eurozone international in Grund und Boden geschrieben und trotz unserer latenten Aufforderungen die Erfolge bestenfalls unterproportional und kleingedruckt dargestellt. Um es augenfällig zu gestalten: Die Targetdebatte, die von einem Professor aus München mit massivster Medienpräsenz (ganze Seiten in Printmedien und massiv im TV) in die Öffentlichkeit gebracht wurde, war laut.

  • Wie laut ist aktuell die Kommentierung der sinkenden Targetsalden?

  • Wie laut ist die mediale Darstellung der Exporterfolge der Reformländer (Abbau der Nord-Süd Divergenz - Kernursache des Targetsaldos)?

  • Wie laut ist die mediale Begleitung bei der Reduzierung der strukturellen Haushaltsdefizite in der Eurozone, die sich massiv von den USA und Japan abhebt?

Es sind aber nicht nur Medien, es ist auch das politische Krisenmanagement der Eurozone, das für die aktuell missliche konjunkturelle und im Nachgang fiskalische Lage Verantwortung trägt.Wir sehen am Beispiel USA, dass es zu einer Gesundung der Haushaltslage (sehe unten Treasury Budget) im Rahmen der Belebung der Wirtschaft kommt. Dabei haben die USA keine strukturellen Maßnahmen ergriffen.

Der Einfluss einer stabilisierten Konjunktur auf die Fiskallage wäre bei den europäischen Reformländern ungleich höher. Belege finden sich inder aktuellen irischen oder griechischen Haushaltslage, die trotz erheblichen Wirtschaftsproblemen im Januar 2013 Haushaltsüberschüsse aufwiesen.

Was passiert, wenn es in den Reformländern zu Wachstum oder nachhaltigen Wachstum kommt? - Dann gehörte die Debatte über Defizite weitestgehend der Vergangenheit an! Den größten Teil der strukturellen Anpassungen haben wir hinter uns (Italien muss noch an Arbeitsmarktreform und Staatsapparat). Insgesamt war das Tempo bei den Reformländern der Eurozone bisher mehr als ambitioniert.

Nach einer Faustformel sind Anpassungen in der Größenordung von 1% - 2% des BIP konjunkturell und gesellschaftspolitisch verträglich. Was in Südeuropa geleistet wurde, war dramatisch mehr.

So etwas muss konsolidiert werden, ansonsten haben die strukturellen Reformen nicht die gewünschte fiskalische Traktion, da der konjunkturelle Körper auf den die Strukturreformen wirken kleiner wird!

Genau dieses Problem belastet die Reformländer! Es ist erstaunlich, dass diese Sichtweisen offensichtlich von den Eliten des europäischen Krisenmanagements ausgeblendet werden. Wenn wir der Erwartungshaltung einer Partizipation der Reformländer an dem globalen Aufschwung ein Fundament verleihen wollen, heißt esstabilisierende Konjunkturimpulse zu setzen.

  • Dazu ist der Wirtschaftspakt im Volumen von 120 Mrd. Euro geeignet,
  • aber wesentlicher ist, die weiteren strukturellen Anpassungen zeitlich zu strecken
  • und Abschirmungen im Rahmen des ESM zu erweitern.

Dann sind auch Forderungen des Herrn Soros voraussichtlich gegenstandslos, dass Eurobonds unverzichtbar seien.

Wir brauchen eine Neuausrichtung im europäischen Krisenmanagement, ansonsten nehmen konjunkturelle Zerfallsrisiken zu, ansonsten nimmt auch die nationale Emotionalisierung und damit die gesellschaftspolitische Fragmentierung der Eurozone zu.

Die Kunst der Politik ist der nachhaltige Kompromiss in der Demokratie. Kommt es zu einseitiger offensichtlicher Dominanz ergeben sich Friktionen, die fatal ausfallen können. "Food for thought!“

In den USA nahmen die Lagerbestände per Februar um -0,3% ab. Die Prognose lag bei +0,5%. Der Vormonatswert wurde von +1,2% auf +0,8% revidiert. Der Absatz im Großhandel legte stärker als antizipiert um 1,7% (Prognose 1,3%) zu. Das Verhältnis Lagerbestand zu Umsatz sank von 1,21 auf 1,19 Monatsumsätze, dem Tiefpunkt der letzten 12 Monate. So etwas impliziert eben nicht Übersättigung, sondern Untersättigung …

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR/USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.2730 - 1.3150 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



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