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Größter Tagesverlust bei Gold seit mehr als 30 Jahren

16.04.2013  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Ölmarkt stand auch gestern im Schatten der Geschehnisse bei den Edelmetallen. So ist beinahe untergegangen, dass der Brentölpreis erstmals seit Juli 2012 unter die Marke von 100 USD je Barrel gefallen ist. Die zuletzt schwächer als erwarteten Konjunkturdaten aus China und den USA haben die Sorgen hinsichtlich der Nachfrageentwicklung noch einmal verstärkt. Zugleich dürften sich weitere Finanzanleger verunsichert über den anhaltenden Preisrückgang bei den Rohstoffen verabschiedet haben. In der Woche zum 9. April haben die spekulativen Finanzanleger ihre Netto-Long-Positionen bereits um 27,5 Tsd. auf ein 4-Monatstief von 109,4 Tsd. Kontrakte reduziert. Seither hat der Brentpreis weitere sechs US-Dollar verloren, so dass von einem weiteren Abbau der Netto-Long-Positionen auszugehen ist.

Im Sommer 2012 waren die Netto-Long-Positionen im Tief bis auf 38 Tsd. Kontrakte gefallen, so dass nach wie vor Spielraum nach unten besteht. Ein fortgesetzter Preisrückgang ist dennoch unwahrscheinlich. Denn in diesem Fall würde die OPEC das Angebot reduzieren, um den Preis zu stützen. Bei einem Ölpreis von weniger als 100 USD je Barrel bekommen einige OPEC-Produzenten Probleme, ihre Staatsausgaben mit den Öleinnahmen zu finanzieren. Auch der hauchdünne Sieg des Chavez-Vertrauten Maduro bei der Präsidentschaftswahl in Venezuela dürfte den Ölpreis unterstützen. Die Opposition will das Wahlergebnis nicht anerkennen und fordert eine Neuauszählung. Venezuela verfügt über die größten nachgewiesenen Ölreserven der Welt.


Edelmetalle

Bei Gold und Silber kam es gestern zu einem panikartigen Ausverkauf. Der Goldpreis ist auf Schlusskursbasis um mehr als 9% eingebrochen und hat damit in Prozent ausgedrückt den höchsten Tagesverlust seit Februar 1983 verzeichnet. Absolut betrachtet entsprach der Verlust von rund 135 USD je Feinunze sogar dem höchsten Tagesrückgang aller Zeiten. In der Nacht ist der Goldpreis vorübergehend auf 1.322 USD je Feinunze gefallen, den tiefsten Stand seit Ende Januar 2011. Damit hat sich Gold der nächsten charttechnisch wichtigen Unterstützungsmarke genähert, welche bei 1.300 USD liegt. In Euro gerechnet fällt Gold zwischenzeitlich auf 1.014 EUR je Feinunze, den niedrigsten Stand seit Mai 2011.

Wie schon am Freitag ging auch der gestrige Preisrückgang mit außerordentlich hohen Handelsvolumina einher - an der COMEX in New York wurde mit über 750 Tsd. Kontrakten sogar ein rekordhohes Handelsvolumen registriert. Dies übertraf den bisherigen Rekordwert von Ende November um 54%. Auf dem Papier wurden damit an einem Tag mehr als 2.300 Tonnen Gold umgesetzt, was gut 80% der gesamten jährlichen Goldminenproduktion entspricht.

Heute Morgen kann sich der Goldpreis etwas erholen und legt um 2% auf rund 1.380 USD je Feinunze zu. Die niedrigen Preise werden anscheinend als attraktive Kaufgelegenheiten erachtet, vor allem in Asien. Darüber hinaus dürften die Zentralbanken der Schwellenländer das niedrige Preisniveau nutzen und verstärkt Gold zur Diversifizierung ihrer Währungsreserven kaufen. Nicht zu vernachlässigen ist der Effekt des Goldpreisverfalls auf die Minenunternehmen. Denn bei Preisen unter 1.400 USD je Feinunze geraten die ersten Goldproduzenten in Schwierigkeiten. Sollte der Preis länger auf dem niedrigen Niveau verharren oder gar weiter fallen, dürften einige Unternehmen ihre Produktion kürzen und dem Markt so Angebot vorenthalten.

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Industriemetalle

Im Abwärtssog der Edelmetalle gaben auch die Industriemetalle gestern weiter nach. Der Index der Londoner Metallbörse, LMEX, fiel auf 3.126 Punkte und damit den niedrigsten Stand seit August 2012. Einige Metallpreise rutschten zwischenzeitlich auf mehrmonatige oder sogar mehrjährige Tiefstände, konnten sich im späten Handelsverlauf jedoch wieder etwas erholen. So handelt z.B. Kupfer heute Morgen wieder über der Marke von 7.200 USD je Tonne, nachdem es gestern zeitweise auf 7.085 USD und damit auf ein 1½-Jahrestief gefallen war. Die Auswirkungen des Erdrutsches in der "Bingham Canyon"-Kupfermine in den USA letzte Woche sind offensichtlich größer als zunächst angenommen. Die Mine ist die größte Kupfermine in den USA und hat eine Produktionskapazität von jährlich 300 Tsd. Tonnen. Im letzten Jahr wurden in dieser Mine laut Angaben des Minenbetreibers Rio Tinto aber nur gut 163 Tsd. Tonnen Kupfer gefördert.

Nun geht Rio Tinto davon aus, dass in diesem Jahr nur noch rund 40 Tsd. Tonnen Kupfer abgebaut werden können. Dies impliziert, dass die Mine über mehrere Monate hinweg außer Betrieb sein wird. Sollte die Produktion tatsächlich über längere Zeit stillstehen, könnte dies auch Auswirkungen auf den Weltmarkt haben. Denn der Produktionsausfall könnte den für dieses Jahr erwarteten Angebotsüberschuss merklich reduzieren. Einhergehend mit potenziellen Produktionsproblemen andernorts wäre der globale Kupfermarkt wesentlich angespannter als bislang erwartet.


Agrarrohstoffe

Das schwächer als erwartete Wirtschaftswachstum Chinas im ersten Quartal hat nicht nur die stärker konjunkturabhängigen Rohstoffe getroffen, sondern in deren Gefolge auch die Notierungen für Getreide und Ölsaaten gedrückt. Bei Weizen wurde die Hoffnung gedämpft, auf den vor acht Tagen angekündigten und gestern bestätigten Großauftrag Chinas an die USA in Höhe von 480 Tsd. Tonnen könnten weitere folgen. Aus unserer Sicht wird allerdings das Preisniveau entscheidender für Chinas Kaufverhalten sein als ein geringfügig niedrigeres Wachstum. Bei Sojabohnen verwundert die negative Reaktion nicht, da China für weit mehr als die Hälfte der globalen Sojabohnenimporte steht. Hinzu kommt, dass der Markt derzeit nervös die weitere Entwicklung der Vogelgrippe abwartet, die die Nachfrage nach Sojabohnen zu Futterzwecken dämpfen könnte.

Daneben dürften auch andere Themen die Märkte umtreiben: Noch immer verharren die Bewertungen für die Qualität des US-Winterweizens laut USDA auf dem niedrigsten Niveau zu dieser Jahreszeit seit dem Jahr 2002. Auch aus Russland wird eine unterdurchschnittliche und zuletzt nochmals etwas verschlechterte Pflanzenqualität gemeldet. Bei Mais und Sojabohnen beginnt die diesjährige Aussaat in den USA kälte- und nässebedingt mit Verzögerungen. Auch wenn aufgrund der Flächenausweitung mit einer deutlichen Marktentlastung insbesondere bei Getreide in 2013/14 zu rechnen ist, sind die erwarteten hohen Überschüsse noch nicht eingefahren.




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