Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Erster Lageraufbau bei Rohöl seit neun Wochen

28.07.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Die US-Rohölsorte WTI verlor gestern knapp 2,5% und handelt am Morgen bei gut 97 USD je Barrel. Brent notiert wenig verändert bei 118 USD je Barrel. Neben einem stärkeren US-Dollar waren die gestern veröffentlichten DOE-Lagerdaten ausschlaggebend für den Preisrückgang bei WTI. Diese zeigen zum ersten Mal seit neun Wochen einen überraschenden Aufbau der US-Rohöllagerbestände um 2,3 Mio Barrel an. Der Grund liegt in höheren Rohölimporten und einer gesunkenen Kapazitätsauslastung. Zudem wurden erstmals seit der IEA-Bekanntgabe vor gut einem Monat gut 2 Mio. Barrel aus den strategischen Reserven ausgeliefert.

Da Brent durch die Daten weniger in Mitleidenschaft gezogen wurde und WTI zudem durch den anhaltenden US-Schuldenstreit belastet wird, weitete sich die Preisdifferenz auf aktuell über 20 USD aus. Trotz der niedrigeren Rohölverarbeitung durch die Raffinerien stiegen die Vorräte an Ölprodukten.

Bei Benzin kam es zu einem Lageraufbau um 1 Mio. Barrel, die Destillatebestände stiegen sogar um 3,4 Mio. Barrel. Dies lässt auf eine schwache Nachfrage schließen. In der Tat lag die Benzinnachfrage in den vergangenen vier Wochen 3,3% niedriger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Umso bemerkenswerter ist, dass der Benzinpreis nach der Veröffentlichung kaum nennenswert gefallen ist und der Crackspread zwischen Benzin und Rohöl auf 33 USD je Barrel gestiegen ist.

Open in new window


Im Golf von Mexiko hat sich ein tropischer Sturm gebildet, welcher Kurs auf die texanische Küste nimmt. Dies könnte einem weiteren Preisrückgang bei Rohöl und einer Verringerung des Crackspreads zunächst entgegenstehen. Texas ist der führende US-Bundesstaat bei der Ölproduktion und verfügt über mehr als ein Viertel der US-Raffineriekapazitäten.


Edelmetalle

Die Verunsicherung an den Märkten spielt Gold weiter in die Hände. Gestern konnte der Preis bei knapp 1.630 USD je Feinunze ein neues Rekordhoch verzeichnen, bevor ein stärkerer US-Dollar den Preis zunächst unter Druck brachte. Weitere deutliche Preisrückgänge sehen wir allerdings nicht, da Gold vielfältig unterstützt sein sollte. So bleibt es in den USA weiterhin bei der politischen Pattsituation hinsichtlich der Anhebung der Schuldengrenze.

Darüber hinaus hat die Ratingagentur S&P das Kreditrating von Griechenland und Zypern gesenkt und zugleich den negativen Ausblick beibehalten. Wie von uns gestern berichtet, treten ab heute die Goldminenarbeiter in Südafrika in den Ausstand. Südafrika stellte im vergangenen Jahr knapp 8% der weltweiten Minenproduktion. Die Nationale Gewerkschaft der Minenarbeiter fordert u.a. eine Lohnerhöhung von 14%, eine schnelle Einigung erscheint derzeit unwahrscheinlich.

Der Goldminenindustrie gehen dadurch täglich rund eine halbe Tonne Gold verloren. Die Ausfälle dürften auch nur bedingt durch eine Mehrproduktion andernorts wie z.B. in Russland aufgefangen werden. Dort wurden nach Angaben des russischen Verbands der Goldindustrie im ersten Halbjahr 2011 81,1 Tonnen Gold produziert, 8,6% mehr als im Vorjahr. Das zusätzliche Gold dürfte allerdings kaum auf den Weltmarkt gelangen, sondern aufgrund der hohen inländischen Nachfrage und zur Diversifizierung der Währungsreserven im Land bleiben.


Industriemetalle

Schwache asiatische Aktienmärkte und ein fester US-Dollar konnten die Metallpreise heute Morgen nur kurzzeitig belasten. Einige der Metalle wie z.B. Kupfer haben sich bereits wieder in positives Terrain vorgearbeitet.

Das allseits bestimmende Thema hier bleibt der Streik in der weltweit größten Kupfermine, Escondida in Chile. Während der Minenbetreiber BHP Billiton weiterhin nicht zu Verhandlungen bereit ist, hat die Gewerkschaft gedroht, das Gelände zu besetzen. Mittlerweile hat BHP Billiton "force majeure" erklärt, eine Klausel, die es dem Unternehmen erlaubt, ohne Strafzahlungen seine vertraglichen Kupferlieferungen an die Kunden auszusetzen. Dies könnte bedeuten, dass auf dem Minengelände nur geringe Lagerbestände vorhanden waren. Denn normalerweise werden in der Minenindustrie bei den jeweiligen Anlagen gewisse Lagerbestände - meist für einige Wochen ausreichend - vorgehalten, um kurzfristige Produktionsausfälle auffangen zu können. Gewerkschaftsangaben zufolge fällt die Förderung durch den Streik rund 3 Tsd. Tonnen pro Tag niedriger aus.

Das geringere Angebot könnte sich somit schneller als erwartet auf dem Weltmarkt bemerkbar machen. Die International Copper Study Group erwartet für dieses Jahr am globalen Kupfermarkt ein Angebotsdefizit von 377 Tsd. Tonnen. Das unabhängige Research-Institut Brook Hunt geht sogar von einem Defizit von 465 Tsd. Tonnen aus. Der Kupferpreis dürfte daher unserer Meinung nach im weiteren Jahresverlauf gut unterstützt sein.


Agrarrohstoffe

Die Weizenpreise bleiben hin und hergerissen zwischen positiven und negativen Nachrichten zum Angebot. In Russland kommt die Getreideernte gut voran. Bislang wurden laut dem russischen Landwirtschaftsministerium 21,2 Mio. Tonnen Weizen eingebracht. Der Verband der russischen Getreideindustrie rechnet insgesamt mit einem Erntevolumen von 58 Mio. Tonnen Weizen in diesem Jahr und ist damit deutlich optimistischer als das US-Landwirtschaftsministerium mit einer Schätzung von 53 Mio. Tonnen. Angesichts dieser Entwicklung überrascht es nicht, dass der russische Präsident Medwedew keine Notwendigkeit für Exportbeschränkungen sieht. Russland könnte also mehr Weizen exportieren als die bislang erwarteten 10-12 Mio. Tonnen.

Auch in der EU haben sich die Ernteperspektiven dank der ergiebigen Regenfälle zuletzt aufgehellt. Das EU-Agrarprognoseinstitut MARS rechnet in diesem Jahr mit einer EU-Weizenernte von 137 Mio. Tonnen. Damit ist das Institut deutlich optimistischer als das USDA oder der International Grains Council mit 132,1 bzw. 133,1 Mio. Tonnen. Dem stehen die weiterhin schlechten Ernteaussichten in den USA gegenüber. Nachdem schon die inzwischen zu 75% abgeschlossene US-Winterweizenernte von ungünstigen Witterungsbedingungen in Mitleidenschaft gezogen wurde, droht nun auch die Sommerweizenernte zu enttäuschen. Laut USDA befanden sich letzte Woche 74% der Pflanzen in gutem und sehr gutem Zustand. Das sind neun Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr.


DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas

Open in new window


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

Open in new window


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"