Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Zum Thema Umgang mit Freunden …

29.04.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.57Uhr) bei 1.3048, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.2992 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 97.60. In der Folge notiert EUR-JPY bei127.35, während EUR-CHF bei 1.2285 oszilliert.

Diese Woche warten auf uns vielfältige Daten aus den Industrienationen (u.a. diverse Europa, USA aber auch China-Einkaufmanagerindices). Der Fokus liegt aber ganz eindeutig auf den Sitzungen der Notenbanken aus USA und Euroland.

Im Kern erwarten sich die Märkte Hinweise zur weiteren Politik des billigen Geldes. Während auf Seiten der FED die Nachrichten eher zwischen den Zeilen zu lesen sein wird, wie die aktuelle und zukünftige Lage am Arbeitsmarkt beurteilt wird und daraus Prognosen über die Fortführung der aktuellen Geldpolitik abzuleiten sind, gilt eine Änderung des aktuellen Leitzinses zwischen 0,00-0,25% als ausgeschlossen.

Bei der EZB sieht dagegen die Erwartungshaltung anders aus. Hier wird inzwischen von der Vielzahl der Ökonomen eine Leitzinssenkung um 0,25%erwartet. Damit wären wir bei einem neuen Rekordtief von 0,50% angelangt. Gleichzeitig sind die ökonomischen Effekte aber höchst umstritten. Spielräume beim Leitzins ergeben sich aus der Begründung, dass die EZB per Definition die Geldwertstabilität gewährleisten soll. Die Inflationsrate ist zurzeit rückläufig und es sind in kurzer Zeit keine großen Sprünge zu erwarten. Von Seiten der Staatenrefinanzierung ist die Situation wieder entspannt. Italiens Anleihen liegen nach der erfolgreichen Regierungsbildung erstmals wieder unter 4,00% Rendite. Auch die Risikoaufschläge auf andere Länder sind tendenziell rückläufig.

Wir zitieren aus der Meldung "Bank-Kredite fließen vor EZB-Zinssitzung spärlicher“

(…) Jedes neunte kleine oder mittelständische Unternehmen in der Euro-Zone bekommt kein Bank-Darlehen. Denn elf Prozent klagten über eine Ablehnung ihres Kreditantrags, so die EZB unter Verweis auf eine Umfrage unter mehr als 7500 Firmen. Im Oktober 2012 waren es sogar 15 Prozent gewesen.

Allerdings sind die Unterschiede in den einzelnen Euro-Staaten sehr groß - sowohl was den Zugang zu Darlehen betrifft als auch die Konditionen. "In einer Reihe von Euro-Ländern blieb die Verschlechterung gravierend, besonders in Griechenland und Portugal", hieß es. Lediglich jedes vierte griechische Unternehmen habe auch den gewünschten Kredit in voller Höhe bekommen. In Deutschland waren es dagegen 80 Prozent. In Spanien, Italien und Portugal klagen zudem mehr als die Hälfte der Unternehmen über höhere Zinskosten.

In den Aussagen der EZB kommt häufig der Ausdruck Fragmentierung zum Ausdruck, der sich auch in der obigen Situation zeigt. Unter gleichen Voraussetzungen kann sich ein Unternehmen in einem belasteten Land Geld nur zu deutlich schlechteren Konditionen leihen als z.B. in Deutschland. Diese Situation ist besonders Besorgnis erregend, wenn wir uns vor Augen führen, dass die Zinsen für Unternehmenskredite Ende 2011 in Europa fast noch einheitlich waren. Gerade kleine und mittlere Unternehmen refinanzieren sich im Gegensatz zu großen Konzernen nicht über den Kapitalmarkt, sondern zu 70% über Bankdarlehen.In Europa arbeiten ¾ aller Arbeitnehmer in solchen Unternehmen.

Banken haben aufgrund der unsicheren Aussichten in Europa und der schwachen Konjunktur ihre Kreditvergabebedingungen geändert. Verschärfend kommt hinzu, dass die Banken durch neue Rechnungslegungsstandards häufig weniger Kapazitäten für herausgereichte Kredite haben als noch vor einigen Monaten, weil sie ihre Bilanzsummen schrumpfen müssen. Das Rekordhoch bei den Arbeitslosenzahlen verstärkt den Abwärtsstrudelin dem sich die Eurozone aktuell befindet. Es liegt auf der Hand, dass in dem Wiederanspringen eines ordentlichen Kreditmarktes für Unternehmen ein wesentlicher Schlüssel zur Gesundung der Eurozone liegt.

Natürlich kann die EZB durch eine Leitzinssenkung den Kreditmarkt nicht direkt beeinflussen, sondern nur in der Hoffnung handeln, dass die Banken diese Finanzierungsvorteile an ihre Klientel durchreichen. Denkbar wäre auch, dass die EZB auf alternative Modelle ausweicht und ähnlich der Bank of England Unternehmenskredite aufkauft. Lassen wir uns überraschen, wie kreativ die EZB sein wird am Donnerstag.

So lange die Wirtschaft in Europa darbt und kein Wachstum generiert werden kann, werden wir uns an weitere Hiobsbotschaften aus den Reformländern gewöhnen müssen. Mehr denn je gilt das Credo: Fiskallagen folgen Konjunkturlagen.

Nach unserer Kritik im Umgang mit unseren französischen Partnern aus den Reihen deutscher Politiker in der letzten Woche kommt eine deutlicheRückmeldung aus Paris. Wenig überraschend wird der Ton zwischen den Ländern direkter. Frankreich stellt sich offen gegen die deutsche Europapolitik. "Die Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland ist keine Freundschaft zwischen Frankreich und der Europapolitik von Kanzlerin Merkel" - in der aktuellen Situation Frankreichs (Franzosen trauen Hollande Senkung der Arbeitslosigkeit nicht zu) hat man es wieder einmal geschafft einen Partner in eine Anti-Haltungzu zwingen. Nach den diversen Rettungspaketen sind Lernkurven im Umgang mit anderen Ländern immer noch Fremdwörter in einigen Büros.

Dass die Franzosen mit ihrer Forderung nach Wachstum Unterstützung aus den meisten Euroländern bekommen, ist ausgemachte Sache. Wem diese Frontenbildung dient und ob nicht gerade Politiker zur Versachlichung einer Situationbeitragen sollten sind die Fragen, die sich in den letzten Tagen aufdrängen.

Daten vom Freitag:

Das US-BIP ist im ersten Quartal hochgerechnet auf das Jahr um 2,5% gewachsen. Die Erwartungen lagen allerdings mit +3,0 darüber. Positiv ist die Entwicklung der privaten Ausgaben, die um 3,2 nach 1,8 zulegten. Ebenfalls zulegen konnten der Lageraufbau und die Verteidigungsausgaben, die nicht mehr so schnell sanken wie zuletzt. Bremsspuren dagegen gibt es auf der Seite der Exporte aufgrund der aktuell etwas abgekühlten Weltwirtschaft, besonders in Europa bleibt die Nachfrage wenig ausgeprägt.

Open in new window


Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Uni Michigan legte auf 76,4 Zähler nach 72,3 zu. Erwartet wurde nur ein leichter Zuwachs auf 73,2 Punkte. Eine größere Marktreaktion blieb aber aus.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2950 - 80 neutralisiert den aktuellen Bias.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"