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EZB facht weitere Zinssenkungsfantasien an

03.05.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.51Uhr) bei 1.3075, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im US- Handel bei 1.3038 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 98.00. In der Folge notiert EUR-JPY bei 128.12,während EUR-CHF bei 1.2220 oszilliert.

Die EZB hat es also gestern tatsächlich getan. Sie hat den Leitzins tatsächlich um 0,25 Prozentpunkte auf 0,50% gesenkt. Sie möchte damit den Ländern der Eurozone helfen, die unter der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung ächzten.In der Hoffnung, dass die Banken die günstigeren Bedingungen an kleine und mittlere Unternehmen weiterreichen, hat die EZB an der Zinsschraube gedreht. Der Euro reagierte während der Pressekonferenz mit Verlusten und verlor innerhalb kurzer Zeit von 1,3175 auf 1,3160 gegenüber dem US-Dollar. Als die Leitzinsänderung eine dreiviertel Stunde vorher verkündet wurde, gewann der Euro noch dazu und durchbrach kurzfristig die 1,3200 Marke, die aber nicht lange gehalten werden konnte.

Die Kursverluste dagegen sind die gewohnte Reaktionauf Leitzinssenkungen. Interessant waren die Informationen "zwischen den Zeilen“, die durch die Aussagen Mario Draghis gesendet wurden. Wir haben einige Zitate aus der Pressekonferenz um unseren Kommentar in blau ergänzt.

Zinsentscheid: "Diese Entscheidungen stehen im Einklang mit dem geringen zugrunde liegenden Preisdruck auf mittlere Sicht." Die EZB hat gemäß ihrer originären Aufgabe gehandelt und bei einer (zu) niedrigen Inflation einen gewissen Spielraum bei den Zinssätzen angewendet.

Zinssenkung: "Im (EZB-)Rat gab es einen sehr starken Konsens, die Zinsen zu senken. Dabei wiederum gab es den Konsens in Richtung einer Senkung um 25 Basispunkte." Wir hatten vermutet, dass man sich die Daten noch einen Monat länger ansieht, bevor man eine Entscheidung dieser Dimension trifft.Eine Zinsänderung um 25 Basispunkte entspricht dem normalen Vorgehen bei Zinssänderungen.

Zinssenkung jetzt wirksamer: "Man kann nicht sagen, dass die Geldpolitik die Konjunktur nicht unterstützt hat. Wir schauen uns die Daten an, wir beobachten sie genau und wir sindzum Handeln bereit, wenn nötig." "Wir haben zunehmend mehr Belege dafür gehabt, dassdiese Aktion (Zinssenkung) durch die konventionelle Geldpolitik wirksamer sein würde als sie es vor ein paar Monaten gewesen wäre." Ein Hinweis an die Banken, die der EZB zu restriktiv bei ihren Kreditvergaben agieren? Die bisherigen 0,75% stellten bereits ein Rekordtief dar - die Konjunktur dümpelt in den meisten Euroländern trotzdem dahin. Die Arbeitslosigkeit liegt auf Rekordniveau. Die Argumente pro Zinssenkung sind offensichtlich.

Auf die Frage nach künftigen Zinssenkungen: "Wir werden uns sicher alle neuen Daten anschauen ... Wie ich schon beim letzten Mal gesagt habe: Wir sind zum Handeln bereit." Die EZB sagt niemals nie…

Geldpolitik: "Die Geldpolitik wird solange konjunkturunterstützend ("akkommodierend") sein wie nötig." "Wir werden uns alle neuen Informationen sehr genauanschauen und jedweden Einfluss auf den Ausblick für die Preisstabilität bewerten." Die Auswirkungen des günstigeren Zinses sind wohl sehr überschaubar. Blicken wir über den großen Teich nach Amerika können wir aktuell in der dritten Runde feststellen, wie gering die Auswirkungen von milliardenschweren Notenbankoperationen (QE3) sein können. Auch die anderen Notenbanken wieBank of Japan und Bank of England zielen in diese Richtung. Die EZB hat andere Möglichkeitenin Betracht gezogen wie den Ankauf von verbrieften Kreditforderungen, um sicherzustellen, dass Kredite im größeren Umfang ausgereicht werden. Man wird kreative Wege einschlagen, um die Kreditversorgung der Unternehmen tatsächlich zu verbessern - die bloße Hoffnung auf ein Durchreichen der günstigeren Kreditkonditionen wird sicher um konkrete Maßnahmenergänzt.

"Wir sind technisch auf negative Einlagezinsen vorbereitet" Nicht nur durch den Leitzins nimmt die EZB Einfluss auf die Konditionen der Banken, sondern auch durch den Einlagezins. Dieser ist zurzeit noch bei 0,00%. Sollte die EZB diesen Wert in den negativen Bereich setzen, müssen Banken für diesen Geldparkplatz bezahlen. Das bedeutet im Endeffekt für die deutschen Sparer, dass die beliebten Tages- und Festgeldkonten trotz der geringen Inflationsrate noch weiter in die finanzielle Repression (Verhältnis Sparzins zu Inflationsrate) fallen. Die Hoffnung dahinter zielt wieder in die Richtung, dass Banken das Geld dann lieber ausleihen statt diese "Gebühren“ zu zahlen. Dies ist aber noch Zukunfsmusik.

Unter dem Strich wurden die Erwartungen des Marktesan die EZB erfüllt. Die Senkung des Leitzinses hat einen großen symbolischen Wert - derpraktische Nutzen ist fragwürdig. Ein wichtiger Punkt wird zukünftig sein, welche Ideen die EZB entwickelt, um die Kreditversorgung der Unternehmen tatsächlich anzukurbeln. Hier wird man auf neue Maßnahmen zurückgreifen, um durch den Geschäftsbankenmarkt durchzugreifen. Wennwir die Aussagen richtig deuten, ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir negative Einlagezinsenbekommen werden zuletzt gestiegen. Die Sparer werden schon jetzt durch niedrige Zinsen an der Sanierung Europas beteiligt. Der Anlagenotstand wird größer … die beliebten Spargelderin Deutschland kosten jeden Sparer effektiv Geld. Auch Alternativen (Aktien, Anleihen, Immobilien) sind nicht mehr günstig zu haben und werden voraussichtlich durch die letzten Entwicklungen weiteren Auftrieb sehen. Die Schuldner dagegen dürfen sich freuen.

Daten von Gestern:

Die Einkaufmanagerindices verarbeitendes Gewerbe für April lieferten ein weiteres Mosaiksteinchen für die EZB-Entscheidung. Die meisten Länder haben die Wachstumsschwelle von 50 Punkten schon lange nicht mehr geliefert. Italien 45,5 (44,5) // Frankreich 44,4 (44,4) // Deutschland 48,1 (47,9) // Eurozone 46,7 (46,5)

Positive Akzente setzte der US-Arbeitsmarkt mit einer Zahl von 324.000 Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe. Erwartet wurde ein Wert von 345.000. In der Vorwoche lag die Zahl noch bei 342.000. Heute stehen die Zahlen des amerikanischenArbeitsmarktberichtes im Fokus, in dem die u.a. die neue Arbeitslosenrate veröffentlicht wird.Die letzten Arbeitsmarktdaten waren durchwachsen. Die FED richtet ihre Geldpolitik im Wesentlichen an dem Arbeitsmarkt aus.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2950 - 80 neutralisiert den aktuellen Bias.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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