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(Trügerische) Ruhe am Markt

15.08.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Nach den heftigen Bewegungen letzte Woche kommt jetzt etwas Beruhigung in den Markt. Der Markt schient sich auf die neue Realität, nämlich schwaches Wirtschaftswachstum, schnell anzupassen. So konnten am Freitag nicht einmal das extrem schwache US-Verbrauchervertrauen - die Umfrage der Uni Michigan hat mit 54,9 Punkten den tiefsten Stand seit 1980 markiert - und die Meldung, dass das französische Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal stagnierte, die Ölmärkte weiter unter Druck bringen.

Auch wenn der kurzfristige Boden erreicht zu sein scheint, dürfte die schwache physische Nachfrage die Ölpreise in Schach halten. Interessant war, dass den Anlegern zwar auch die Lust an Spekulationen auf höhere Preise vergeht und sie ihre Netto-Long-Positionen bei WTI an der NYMEX auf das niedrigste Niveau seit November 2010 reduziert haben. Jedoch hat der Rückgang lediglich 10 Tsd. Kontrakte bzw. rund 6% betragen, wobei die Netto-Long-Positionen der Anleger mit über 147 Tsd. Kontrakten weiterhin historisch gesehen vergleichbar hoch sind (Grafik des Tages). Die Daten zur Positionierung bei Brent werden erst heute von der ICE bekannt gegeben.

Dass die Anleger am Ölmarkt auch letzte Woche nicht panisch agiert und ihre Positionen wahllos geschlossen haben, zeigt auch der Blick auf den Gasmarkt. Hier bestehen schon seit Jahren hohe Short-Überhänge, unter anderem weil viel Anleger eine bislang sehr lukrative Strategie „long oil/short gas“ verfolgen. Man hätte erwarten können, dass bei einer Panik an den Ölmärkten diese zurückgeführt bzw. Gas-Leerverkäufe geschlossen würden. Dies ist jedoch nicht passiert: Ganz im Gegenteil wurden die Netto-Shorts der Anleger bei Erdgas an der NYMEX in der Woche zum 9. August sogar auf den höchsten Stand seit März ausgeweitet. Das Potenzial für stärkere Aufwärtsbewegungen bei Gas bleibt dadurch weiter hoch.

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Edelmetalle

Der Goldpreisanstieg zu Beginn letzter Woche scheint nicht allein durch die Spekulanten verursacht worden zu sein. Zumindest muss man so die Daten der CFTC interpretieren. Denn die Anleger haben in der Woche zum 9. August ihre Netto-Long-Positionen um gut 16% auf 191,4 Tsd. Kontrakte auf den niedrigsten Stand seit fünf Wochen reduziert. Offensichtlich haben die starke physische Nachfrage nach Münzen und Barren - die US-Münzanstalt berichtet im August bereits 55.500 Unzen an Goldmünzen verkauft zu haben - sowie Zuflüsse in Gold-ETFs den Goldpreis unterstützt. Jetzt im Zuge der sich aufhellenden Stimmung an den Finanzmärkten geht der Bedarf am sicheren Hafen Gold zurück:

Seit letztem Dienstag verzeichnen die Gold-ETFs Abflüsse. Allein am Freitag gingen die Bestände des größten Gold-ETFs, SPDR Gold Trust, um 12,7 Tonnen zurück. Bei Silber ist das Bild ähnlich. Zum einen gingen die Netto-Long-Positionen der Anleger in der Woche zum 9. August um 25% zurück. Zum anderen verzeichnen Silber-ETFs kontinuierlich fallende Bestände. Im Zuge der Beruhigung an den Finanzmärkten sind zwar weitere Korrekturen bei Gold und Silber wahrscheinlich. Jedoch dürfte diese Beruhigung nicht von Dauer sein, wenn sich das fundamentale Bild nicht schnell wieder bessert. Dafür gibt es aktuell jedoch wenig Hoffnung.


Industriemetalle

Nach einer turbulenten Woche starten die Metallpreise fast schon beschaulich in die neue Handelswoche und legen in der Breite moderat zu. Kupfer steigt um gut 1% und handelt wieder in der Nähe der Marke von 9.000 USD je Tonne. Wenig verwunderlich kam es aufgrund der hohen Risikoaversion in der Woche zum 9. August bei Kupfer zu einem deutlichen Abbau der Netto-Long-Positionen an der COMEX. Wie die Daten der CFTC zeigen, wurden diese um 61% bzw. um fast 17 Tsd. auf 10,6 Tsd. Kontrakte reduziert. Dies entspricht zugleich dem niedrigsten Stand seit sechs Wochen. Die Finanzinvestoren haben damit den Preisverfall in der Beobachtungsperiode verstärkt und zu einer Übertreibung nach unten beigetragen. Der Druck von dieser Seite sollte jedoch mittlerweile merklich nachgelassen haben. Wir glauben, dass der Kupferpreis auf dem aktuellen Niveau aus fundamentaler Sicht gut unterstützt bleibt.

Gemäß den heute Morgen veröffentlichten Daten der International Nickel Study Group (INSG) bestand am globalen Nickelmarkt im Juni ein Angebotsüberschuss von 4.300 Tonnen. Im Vergleich zum Vormonat hat sich der Überschuss leicht reduziert. Durch die Verzögerungen der Inbetriebnahme von zwei großen Nickelprojekten, Goro und Ambatovy, dürfe der Markt in diesem Jahr weitgehend ausgeglichen sein und der Nickelpreis bis zum Jahresende zulegen können. Ab dem nächsten Jahr sollten sich jedoch hohe Überschüsse aufbauen, die einem starken Preisanstieg im Wege stehen.


Agrarrohstoffe

Der Verband der brasilianischen Zuckerrohrindustrie (UNICA) hat seine Produktionsschätzung für die Hauptanbauregion Center-South in der Vorwoche erneut nach unten revidiert und rechnet nur noch mit einer Zuckerrohrernte von 510 Mio. Tonnen. Dies entspricht einem Rückgang um 8,4% gegenüber dem Vorjahr. Grund für die Abwärtsrevision ist eine niedrigere Produktivität, welche allein im Juli 17,5% unter dem Vorjahr lag. UNICA nannte als Gründe hierfür Frost und einen höheren Anteil zur Blüte gekommener Pflanzen, was geringere Zuckergehalte mit sich bringt. In der Folge dürfte auch die Zuckerproduktion niedriger ausfallen als bislang erwartet. Mit einem geschätzten Produktionsvolumen von 31,5 Mio. Tonnen Zucker würde das Vorjahresniveau um 5,8% unterschritten.

Zu Beginn der Zuckerrohrernte ging UNICA noch von 34,6 Mio. Tonnen aus. Die sich verschlechternden Produktionsperspektiven im wichtigsten Produzentenland Brasilien waren ein wichtiger Grund dafür, dass der Rohzuckerpreis zwischen Anfang Mai und Ende Juli um ca. 50% auf 31 US-Cents je Pfund steigen konnte, ehe die Marktturbulenzen in den beiden letzten Wochen einen Rückgang des Zuckerpreises auf 27 US-Cents zur Folge hatten. Dies spiegelt sich auch im Verhalten der Finanzanleger wider. Die spekulativen Netto-Long-Positionen ereichten Ende Juli zunächst mit 165 Tsd. Kontrakten den höchsten Stand seit zwei Jahren, waren zuletzt aber rückläufig. Wir rechnen mit einem Zuckerpreis von 26 US-Cents zum Jahresende.


CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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