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Revision Finanzmarktausblick 2011 - Implikationen 2012

26.08.2011  |  Folker Hellmeyer
- Seite 3 -
Prognosebasis:

Zunehmend ist für richtige Marktprognosen, eine politische Prognose vorzuschalten.

Die sich dynamisch verändernde finanzökonomische Machtachse (u.a. Anteil am Welt-BIP, Devisenreserven) zu Lasten der westlichen Welt und zu Gunsten der Schwellenländer trifft auf eine bisher starre unveränderte Machtachse am Finanzmarkt und in der Finanzarchitektur zu Gunsten der Achse New York/London.

Im Rahmen der Deregulierung der Finanzmärkte hat die Bankenaristokratie sich gegenüber der Politik durchgesetzt. Die "Boards", die bei Bilanzierung und bei Produkten bestimmend mitarbeiten, sind nahezu durchgehend von der Klientel der Bankenaristokratie besetzt. Die deregulierten Märkte sind wesentliches Machtinstrument in der gegenwärtigen Lage.

Die Finanzmarktarchitektur ist Teil des ordnungspolitischen Rahmens des seit 1945 dominierenden US-zentrischen Finanzsystems. Die sich aus dieser Friktion zwischen Finanzmarktpotenz und realen wirtschaftlicher Potenz ergebende Situation liefert das Skript für die aktuellen Entwicklungen an den Finanzmärkten und nachgeordnet in der realen Wirtschaft.

Schlussendlich geht es um das Thema Machtkonservierung und Hegemonie des obwaltenden Systems. Es ist nur konsequent, dass der obwaltende Machtapparat seine Möglichkeiten innerhalb dieses Systems nutzt. Dabei spielt der Begriff Fairness und sachliche Diskontierung eine untergeordnete Rolle (siehe Status).

Der Rückblick auf die letzten zwei Jahre mit der Forcierung für China destabilisierender Themen (Immobilienkrise, Überhitzung etc.), die allesamt nicht eintraten, und auch der Umgang mit der Eurozone, die sich hinsichtlich Substanz und Reformfähigkeit gegenüber den USA drastisch abhebt, verdeutlicht, dass der Medienmarkt und der Finanzmarkt die Orte der Auseinandersetzung sind. Sowohl Kontinentaleuropa (Ende 2008: Löst der Euro den USD ab?) als auch China sind derzeit unter dem Aspekt der Dominanz die maßgeblichen Herausforderungen für das US-zentrische Finanzsystem.


Für unsere Revision der Prognose 2011 unterstellen wir, dass es keinen Grenznutzen für einen systemischen Kollaps gibt. Die Konfidenz in diese These ist jedoch weniger ausgeprägt als vor sechs Monaten. Es zeigen sich Risse in der Homogenität der Weltgemeinschaft, systemische Risiken nicht zuzulassen. Ergo ist das Prognoserisiko erhöht.

Das primäre Risiko geht derzeit von der Eurozone aus. Die zögerlichen Politikansätze in der Krisenbewältigung, die sachlich zwar überzeugen, jedoch nicht die "Spielplätze" der Spekulation adressieren, sind Katalysator der aktuellen Lage.

Wir unterstellen für unsere Prognose, dass die Einlassungen von Kanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy zutreffen, dass der Euro und die Integrität der Eurozone nicht zur Disposition stehen und im Zweifelsfall weitere umfassende Maßnahmen ergriffen werden, die dem Markt den "Spielplatz" entziehen analog zu der Position der Politik der Schweiz, die bereit ist, ordnungspolitisch einzugreifen.


Makroausblick:

Die Qualität der globalen Konjunkturlage bleibt bezüglich der zyklischen Einwertung (siehe Status) hoch. Es ist kein opportunistisches Wachstum erkennbar. Ohne systemischen Kollaps wird sich per 2011 ein globales Wachstum im Bereich von 3,9% - 4,2% ergeben. Für 2012 erwarten wir eine Fortsetzung der Expansion mit einem Wachstumsclip von 3,7% - 4,0%. Deutschland wird per 2011 mit einem Wachstum zwischen 3,0% - 3,3% aufwarten. Per 2012 ist eine Zunahme um 2,0% - 2,3% realistisch.


Aktienmarkt:

Der deutsche Aktienmarkt ist aktuell unter historischen als auch zyklischen Gesichtspunkten massiv unterbewertet. Die aktuelle Bewertung spiegelt politische Risiken und Emotionalität. Kurzfristig sind weitere Kursverluste auch aggressiver Natur in Gefilde bei oder unter 5.000 Punkten nicht auszuschließen. Im weiteren Verlauf der kommenden Monate über das Jahresende hinaus sollte eine Normalisierung in der psychologischen Befindlichkeit greifen, die einen Anstieg in Richtung 6.700 - 7.000 Punkte favorisiert.


Rentenmarkt:

Die 10-jährige Bundesanleihe liefert derzeit eine Rendite von 2,08%. Kurzfristig sind auch hier weitere Übertreibungen nicht auszuschließen, die Renditeziele Richtung 1,80% - 2,00% ermöglichen. Richtung Jahresende steht eine Normalisierung an, die Renditen im Bereich von mehr als 2,70% eröffnet. 2012 erwarten wir eine Fortsetzung des Anstiegs der Kapitalmarktrenditen.


Devisenmarkt:

Wir halten unsere EUR-USD Prognose mit einem Jahresendziel bei 1.50 - 1.52. Für EUR-CHF sehen wir eine Fortsetzung der aktuellen CHF-Schwäche mit Kurszielen bei 1.25 - 1.30. EUR-JPY sollte in diesem Zusammenhang reüssieren und Kursziele im Bereich von 117 - 122 ansteuern. Für EUR-GBP unterstellen wir Aufwärtspotential bis 0.91 - 0.93.


Gold:

Für Gold hatten wir eine "hanseatische" Prognose von 1.650 USD herausgegeben, was im November 2010 als ambitioniert betrachtet wurde. Wir freuen uns über die Wortwahl hanseatisch. Der Aufwärtstrend wird sich fortsetzen. Korrekturen bis 1.650 - 1.680 sind möglich, jedoch nicht favorisiert. Wir geben weder für 2011 noch für 2012 obere Limite.


Öl:

Unsere Prognose der Bandbreite 100 - 130 USD (Brent) steht weiter. Sofern die politischen Risiken ausgepreist werden, steht der Test der oberen Barriere an.


© Folker Hellmeyer
Financial Markets
Bremer Landesbank





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