Vor Fed-Sitzung und Quartalssaison
Weil aber "nicht sein kann, was nicht sein darf", wird an den Finanzmärkten seit einigen Tagen mal wieder so getan, als hätte es nie eine Staatsschuldenkrise der Eurozone gegeben.
Am Freitag gab es ein im Vorfeld viel beachtetes Treffen der Euro-Finanzminister unter "An"-Teilnahme ihres US-Kollegen Geithner. Historisch einmalig - aber um so mehr verwundert es, wie wenig dabei herauskam. Nämlich nichts. Ich hatte (wieder einmal) mehr erwartet. Es dürfte nicht nur mir so gegangen sein.
Denn nachdem sich das Null-Ereignis herumgesprochen hatte, erstarkte der Dollar-Index wieder und auch Gold, das zuletzt klar unter 1800 gefallen war, erholte sich und notiert wieder darüber. Damit ist der Goldpreis zwar in sein zuletzt gebildetes Aufwärtsdreieck zurückgekehrt (siehe im Blog der TimePatternAnalysis: Gold - kurzfristige Entscheidung). Die Chartsituation wirkt aber erst einmal "angeschlagen".
Schuldenkrise - nur mal zur Erinnerung, bevor es vergessen geht: Sämtliche europäischen Rettungspakete umfassen ein Volumen von nominal rund 1.543 Mrd. Euro. Wenn alles schief geht, wäre Deutschland mit bis zu 595 Mrd. Euro dabei.
Im Detail entfiel im Falle einer Pleite von Griechenland, Italien, Portugal und Spanien auf Deutschland ein Anteil von 15 Mrd. Euro am Rettungspaket des IWF im Gesamtumfang von 250 Mrd. Euro.
Der IWF-Rettungsplan für Griechenland hat einen Umfang von 30 Mrd. Euro, zwei Mrd. Euro kommen aus Berlin. Der EU-Rettungsplan für Griechenland hat einen Umfang von 80 Mrd. Euro geschnürt. Der deutsche Steuerzahler ist im Fallen eines Falles mit 27 Mrd. Euro dabei.
Die EZB hat für mittlerweile rund 143 Mrd. Euro für Staatsanleihen gefährdeter Euro-Länder ausgegeben. Auf Deutschland entfällt davon ein Betrag von 48 Mrd. Euro. Die Verbindlichkeiten Griechenlands, Portugals, Irlands und Spaniens nach Target 2 der EZB machen einen großen Teil der Gesamtsumme von 340 Mrd. Euro aus. Deutschland hat daran einen Anteil von 113 Mrd. Euro.
Zu Bareinzahlungen von 80 Mrd. Euro in den im Juli erweiterten Hilfsfond ESFS haben die Euro-Länder Garantien in Höhe von insgesamt 620 Mrd. Euro übernommen. Deutschland trägt im Fall eines Falles daran gut 200 Mrd. Euro. Wie die FAZ jedoch berichtet, liegt das deutsche Haftungsrisiko für den ESFS mit 400 Mrd. Euro rund doppelt so hoch. Die Deutsche Bank weist nämlich darauf hin, dass auch Zinszusagen berücksichtigt werden müssen, die der Hilfsfonds eingeht, wenn er sich refinanziert. Das hatte Finanzminister Schäuble zu erwähnen vergessen, als es kürzlich im Bundestag um dieses Thema ging.
Nun sehen wir mal nicht ganz so schwarz und nehmen an, dass "im Falle eines Falles" der deutsche Steuerzahler "nur" mit 300 Mrd. Euro belastet wird, das sind 12% des deutschen BIP. Das können wir uns doch leisten! Oder? Wo die KfW doch ausgerechnet hat, dass die Mitgliedschaft in der Eurozone Deutschland in den vergangenen zwei Jahren 50 bis 60 Mrd. Euro beschert hat... (gegenüber der Fiktion, wir hätten noch die Mark).
Vergessen wir nicht: Wenn auch Portugal, Italien, Irland und Spanien in Schieflage geraten, die der jetzigen von Griechenland ähnelt, dürften die Rettungspakete bei weitem nicht reichen. Beobachter schätzen, dass hierzu der ESFS, oder wie die Nachfolgemodelle heißen mögen, etwa 2.000 Mrd. Euro groß sein müsste. Der Anteil Deutschlands stiege dann nominal (ohne Berücksichtigung etwa von Zinszusagen) um rund 380 Mrd. Euro und damit auf knapp 1000 Mrd. Euro insgesamt. Dabei ist der unwahrscheinliche Fall vorausgesetzt, die anderen Rettungsbestandteile, wie z.B. die Maßnahmen der EZB, blieben gleich.