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Liquiditätskrise? Eine Währungsperspektive

22.09.2011  |  Redaktion
2008 stand das Weltfinanzsystem vor einer potentiellen Schmelze, als die Finanzierung von Investmentbanken ins Stocken geriet, was im Endeffekt zur Pleite von Lehman Brothers führte. Drei Jahre danach haben wir jede Menge Probleme, aber vielleicht können Anleger dennoch einen Unterschied zwischen Finanzschmelze und Insolvenz (was wir im Folgenden erörtern werden) machen. Auch wenn Politiker und Banker jede Menge Stoff für hitzige Diskussionen bieten, so wollen wir ihr menschliches (und damit fehlbares) Wesen als gegeben hinnehmen und die Konsequenzen für die Anleger diskutieren. Und vor diesem Hintergrund bewerten wir den US-Dollar, Währungen und Wertpapiere.

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In den vergangenen Monaten wiesen verschiedene Marktbeobachter auf die angespannte Situation in den Interbanken-Kapitalmärkten hin. Schlagzeilen warnten vor erneut anstehenden Finanzunfällen. Auch wir hatten einen ganzen Beschwerdenkatalog vorgebracht. Aber denken Sie wieder daran, dass Al Capone wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, und nicht für seine Aktivitäten als Gangster. Credit Default Swaps (CDS, Kreditausfallversicherungen) auf Griechenland müssen nicht unbedingt durch Griechenlands Zahlungsunfähigkeit ausgelöst werden, sondern weil beispielsweise Finnland auf die Hinterlegung von Schuldensicherheiten beharrt, bevor die nächste Tranche aus dem European Financial Stability Facility (EFSF) gezahlt wird. Und in diesem Sinne dürfte es auch bestimmte Banken geben, die Finanzierungsprobleme haben. Aber rechnen Sie nicht damit, dass Liquiditätsmangel ihnen das Genick bricht.

Jeder, der eine Einführung in das Buchführungswesen gelesen hat, wird sich sicher noch an die Grundformel "Vermögen (Aktiva) = Verbindlichkeiten + Eigenkapital (Passiva)" erinnern. Banken unterliegen im Grunde derselben Bilanzierungsrealität, obgleich diese im Detail etwas komplizierter aussieht (das solle zwar nicht so sein, doch wenn Aufsichtsbehörden und Lobbyisten zusammenarbeiten, ist das Resultat nicht unbedingt klar und durchsichtig). Der Kredit eines Kunden taucht in der Bankenbilanz in den Aktiva auf. Eigenkapital könnte das von den Aktionären eingezahlte Kapital sein. Und Verbindlichkeiten sind die Kredite, die die Bank selbst aufnimmt, um ihr Kreditportfolio (Aktiva) bezahlen (finanzieren) zu können.

Im Gegensatz zu Nicht-Finanzunternehmen arbeiten Banken mit großen Hebeln (niedriger Eigenkapitalanteil im Vergleich zu den Verbindlichkeiten); darüber hinaus haben Banken eine inhärente Laufzeiteninkongruenz. Laufzeiteninkongruenz bedeutet, dass Banken eher kurzfristig Geld leihen, während sie langfristige Projekte finanzieren. Entscheidende Risiken der Banken sind unter anderem Zinsrisiken (das Risiko steigender kurzfristigen Zinsen kann für Institutionen mit einer Laufzeiteninkongruenz problematisch sein) und Ausfallrisiken (das Risiko, dass Kreditnehmer ihre Kredite nicht zurückzahlen). Mit dem Versprechen, die Zinssätze bis mindestens Mitte 2013 niedrig zu halten, hat die Federal Reserve (Fed) das Zinsrisiko der Banken deutlich gesenkt. Das von den Kreditnehmern ausgehende Risiko bleibt jedoch bestehen (denken Sie dabei nur an die griechischen Staatsschulden oder an die mit Subprime-Hypotheken besicherten Wertpapiere - also zwei der offensichtlicheren Risikoquellen).

Bei der Finanzierung ihrer Kreditportfolios (ein Aktivum der Banken) entstehen den Banken erhebliche Finanzierungsrisiken. Die Finanzierung kann durch Kundeneinlagen erfolgen (eine recht solide Finanzierungsquelle; die Einlagen der Bankkunden tauchen in den Passiva der Bankenbilanz auf), durch die Emission verschiedener Schuldpapiere (z.B. längerfristige Anleihen oder kurzfristige Geldmarktpapiere) oder indem Banken von anderen Finanzinstitutionen Kredit erhalten - der Interbanken-Kreditmarkt.

Das offensichtliche Problem der Interbanken-Kreditmärkte: Wenn eine Bank einer anderen Finanzinstitution nicht traut, wird sie dieser Institution aller Wahrscheinlichkeit nach keine Kredite gewähren, nicht einmal übernacht. Folglich dürften die Finanzierungskosten einer solchen Institution steil ansteigen. Man darf dabei allerdings nicht vergessen, dass Banken auch zum Kapital der respektiven Zentralbank Zugang haben. Die Tage, als Investmentbanken weder über Kundeneinlagen verfügten, noch Zugang zu einem "Finanzierungsfenster" der Zentralbanken hatten, sind vorbei. Goldman Sachs und auch die restlichen großen Investmentbanken wechselten ihre Status und wurden zu Geschäftsbanken. Als solche können sie, wie alle anderen Banken, das unerschöpfliche Sparschwein anzapfen.




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