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Liquiditätskrise? Eine Währungsperspektive

22.09.2011  |  Redaktion
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Auch die Europäische Zentralbank (EZB) stellt dem europäischen Bankensystem unbegrenzte Liquidität zur Verfügung! Mengenmäßig tatsächlich unbegrenzt. Die Banken hinterlegen einen Teil ihres Kreditportfolios als Schuldensicherheit, und im Gegenzug erhalten sie Barmittel. Diese Barmittel können buchstäblich aus dem Nichts geschöpft werden; Zentralbanken brauchen das Geld nicht sonst wo aufzutreiben, sie übertragen ganz einfach einen Kredit auf das Konto, das die betreffende Bank bei der Zentralbank hat.

Es zeigt sich also, dass das EZB-Model doch recht flexibel ist. Wenn die Krise aufflammt, brauchen Banken mehr Liquidität; wenn die Krise abflaut, werden diese Fazilitäten zurückgeführt. Die EZB wachte und wacht streng darüber, dass diese Maßnahmen grundsätzlich befristet und unabhängig von der allgemeinen Geldpolitik sind. Man kann sich zwar über die Schwere der Krise oder die Qualität der Schuldensicherheiten streiten, es ist aber korrekt zu sagen, dass die EZB-Praxis robuster ist als die der Federal Reserve. Durch den Ankauf hypothekarisch besicherter Wertpapiere (mortagage backed securities, MBS) und Staatsanleihen verfügt die Fed jetzt über eine Bilanz, die nur schwer zu verwalten ist.

Die EZB hingegen hat nur einen Teil dieser Geldsummen gedruckt und könnte ihre Liquiditätseinrichtungen innerhalb von Monaten (die längste läuft ein Jahr) auslaufen lassen. Die EZB stellt den europäischen Banken zudem unbegrenzte US-Dollar-Liquidität zur Verfügung und zwar über Swap-Vereinbarungen mit der Fed - in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Nationalbank und der Bank of England. Und diese Fazilitäten dienen dazu, Finanzinstitutionen ins neue Jahr zu bringen! Gegen Ende des Jahres kommt es zur großen Bilanzkosmetik, und Finanzinstitutionen möchten „gute“ Wertpapiere in ihren Bilanzen ausweisen.

Und so herrscht jedes Jahr die Sorge, dass diejenigen, die weniger attraktive Wertpapiere emittieren, aus den Kapitalmärkten gedrängt werden. Und hier zeigt sich die Entschlossenheit der Zentralbanken, die Märkte mit großen Mengen Liquidität zu versorgen (auch wenn das in den USA durchaus politische Risiken birgt) - und das ist auch der Hauptgrund, warum wir glauben, dass eine liquiditätsabhängige Finanzschmelze von Tisch ist.

In den 1990ern zeigte die Bank of Japan, dass man selbst ein technisch insolventes Bankensystem aufrechterhalten kann. Und in diesem Sinne können manche Institutionen durchaus Solvenzprobleme haben, die Zentralbanken können sie jedoch liquide halten.

Wenn die Finanzierungskosten zu hoch sind, müssen die Finanzinstitutionen ihren Fremdkapitalanteil abbauen oder mehr Kapital aufbringen. Ersteres kann sehr teuer sein; in der Tat haben die Banken großen Spielraum hinsichtlich der Bilanzierung ihrer Wertpapiere zum Anschaffungswert - ohne zwingende Anpassung an den Marktwert. Die Logik dieser Regulierung ist teils darin begründet, dass den Banken - mit Blick auf die inhärente Laufzeiteninkongruenz im Bankensektor - eine längerfristige Perspektive ermöglicht werden soll. Wie sich zeigt, haben die Märkte wenig Sympathie für eine derart verschraubte Logik. Das Problem ist nur folgendes: Sollten die Banken tatsächlich ihren Fremdkapitalanteil abbauen wollen, müssten sie auch ihre Verluste anerkennen und somit wahrscheinlich auch einen erheblichen Teil ihres Kapitals vernichten.

Die jüngsten Stresstests in Europa bewirkten dahingehend jedoch etwas Fabelhaftes: Der Stresstest sorgte für bislang unerreichte Transparenz, da die Staatsschuldenbestände der Finanzinstitutionen aufgelistet wurden. Die Märkte brauchen die Aufsichtsbehörden nicht, damit sie ihnen sagen, was gut und was schlecht ist; die Märkte brauchen Transparenz. Die Märkte sind jetzt in der Lage, jene schwächeren Institutionen ins Visier zu nehmen und diese zu „ermutigen", mehr Eigenkapital aufzubringen oder den Fremdkapitalanteil zu verringern. Diese "Ermutigung" durch die Märkte treibt schließlich die politischen Entscheidungsträger und die Bankenvorstände an.

In vielerlei Hinsicht ist es ein wunderbarer Dialog. Politische Entscheidungsträger und Vorstände mögen vielleicht in der Lage sein, das Timing zu bestimmen, wann Staaten und Banken ihre Bilanzen aufräumen/ die Kurve kriegen, aber diese Maßnahmen sind eng mit den Prozessen an den Anleihemärkte verzahnt. In einer Region lässt dieser "Reformprozess", hinsichtlich nachhaltiger Fiskalpolitik, schwer zu wünschen übrig: in den USA. Und das ist kein Zufall: Die US-Anleihemärkte haben die Politiker noch nicht zum Handeln gezwungen. Natürlich wäre es viel besser, wenn Politiker und Bankenchefs der Sache voraus wären.




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