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Spitzenkonjunkturdaten (ggü. Erwartung) und aggressiver Abverkauf zyklischer Aktiva

21.06.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (08.00) bei 1.3240, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3162 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 97.68. In der Folge notiert EUR-JPY bei 129.35, während EUR-CHF bei 1.2268 oszilliert.

Wir haben gestern eindeutig zu Bernankes Vollkaskopolitik Stellung bezogen und von Profis, die ihr Handwerk verstehen, breite Zustimmung zu unserer Sichtweise erhalten. Dafür zunächst einmal "Danke“!

"Spin-Doktoren“, die für die derzeitige Divergenz zwischen konjunktureller Realität und Bewertung am Finanzmarkt verantwortlich zeichnen, haben derzeit im medialen Zirkus das Sagen. Unsere sachlich richtigen Einlassungen hatten gestern eine bei "0“ liegende mediale Wirkung. "Chapeau!“

Fakt ist, dass mit den aktuellen brachialen und unerwarteten Anpassungen an den Aktien- und Rohstoffmärkten Eigentümerwechsel der Aktiva einhergehen (siehe Gold Forex Report vom 20.6.), die mehr als nachdenklich stimmen. Die Frage nach dem "Qui bono“ muss gestellt werden. Das Thema China wurde gestern als weiterer Belastungsfaktor offeriert. Wir verweisen auf die Rubrik "Letzte Nachrichten“ bezüglich der Darstellung der Lage.

Ohne Frage hat China mit dem Schattenbankensystem ein Problem. Der jetzige Umgang der PBoC mit diesem System muss als Ausdruck einer Politik verstanden werden, die einerseits die Potenz des Problems erkennt und andererseits bereit ist, dieses strukturelle Problem zu lösen. Dabei werden leichte zyklische Einbußen und Belastungen der Marktpsychologie in Kauf genommen.

Die PBoC hat jederzeit die Möglichkeit die Verwerfungen am Geldmarkt zu neutralisieren. Das könnte durch Liquiditätsspritzen oder Senkungen der hohen Mindestreservesätze erfolgen. Der gezeigte Unwille der PBoC, diese Maßnahmen stehenden Fußes umzusetzen, muss als eine Kampfansage an das Schattenbankensystem verstanden werden, dass sich der Kontrolle der PBoC entzieht. Peking und die PBoC lassen sich nicht auf der Nase herumtanzen.

Ein markantes und global destabilisierendes systemisches Problem, wie einige Auguren und Agenturen es thematisieren, liegt hier meines Erachtens nicht vor.

Die Sparquote in China liegt bei mehr als 40%, Konsumverschuldung gibt es in keiner nennenswerten Höhe, China ist dank Leistungsbilanzüberschüssen wenig anfällig für Kapitalentzug und China hält die größten Devisenreserven der Welt in Höhe von mehr als 3.200 Mrd. USD. Das unterscheidet China von anderen Schwellenländern in profunder Art und Weise und ist der Schlüssel dafür, dass die Aufbaupolitik in den letzten 30 Jahren ohne drastische Krisen verlaufen ist.

Die Erfolgsaussichten spekulativer Angriffe "unserer Freunde erscheinen derzeit sehr begrenzt auszufallen“, wie bereits in der Vergangenheit mit dem Thema Immobilienblase.

Das gilt um so mehr, als dass man das politische Element, das diesen Attacken innewohnt, in Peking besser versteht (und darauf reagiert) als in anderen Währungsräumen.

Kommen wir zu den positiv überraschenden Konjunkturdaten der Eurozone:

• Der von Markit ermittelte "Manufacturing PMI“ der Eurozone legte laut erster Erfassung per Juni von zuvor 48,3 auf 48,7 Punkte zu. Die Prognose lag bei 48,6 Zählern.

• Der von Markit ermittelte "Service PMI“ der Eurozone setzte mit einer Zunahme von zuvor 47,2 auf 48,6 Punkte positive Akzente (Prognose 47,5).

• Der Composite Index stellte sich in der Folge auf 48,9 nach 47,7 Punkten und einer Prognose in Höhe von 48,1 Zählern.

• In Italien nahmen die Auftragseingänge und der Absatz der Industrie im Monatsvergleich per April jeweils um 0,6% zu.

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• In Großbritannien stiegen die Einzelhandelsumsätze völlig unerwartet per Mai stark um 2,1% nach -1,1% (revidiert von -1,3%) im Monatsvergleich an (Prognose 0,8%).

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Hatten die Daten eine Wirkung an zyklisch sensitiven Märkten? Nein, dank der profunden Rolle der "Spin-Doktoren“ fielen und fallen diese Entwicklungen der asymmetrischen Wahrnehmung zum Opfer.

Der Datenpotpourri aus den USA setzte unterschiedliche Akzente, die insgesamt jedoch zyklisch nachhaltig positiv einzuwerten sind:

• Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich per 15. Juni auf 354.000 nach zuvor 336.000. Die Prognose bei 340.000 wurde verfehlt. Das Niveau ist unprekär (siehe Chart).

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• Der "Bloomberg Consumer Comfort Index“ legte in der Berichtswoche per 16. Juni von zuvor -31,3 auf -29,4 Punkte zu. Der Index bewegt sich auf dem höchsten Niveau seit 2008.

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• "Existing Home Sales“ stellten sich per Mai auf 5,18 nach 4,97 Mio. Objekte in der annualisierten Fassung. Der Blick auf den Chart erübrigt weitere Worte.

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• Die Frühindikatoren nach Lesart des "Conference Board“ nahmen per Mai um 0,1% zu (Prognose +0,2%). Der Vormonatswert wurde von +0,6% auf +0,8% revidiert, so dass das Zweimonatergebnis etwas besser als erwartet war. Der Index markierte den höchsten Wert seit Juni 2008!

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• Der Philadelphia Fed Survey verzeichnete einen fulminanten Anstieg von zuvor -5,2 auf +12,5 Punkte per Berichtsmonat Juni und markierte den höchsten Wert seit Anfang 2011. Die Prognose war bei -2,0 angesiedelt. /Auftragseingänge von -7,9 auf +16,6!)

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P.S.: Charts von © Moody’sEconomy.com und © Reuters

Es ist in der Tat sehr bedauerlich, dass dieser positive Datenpotpourri nicht eine angemessene Diskontierung erfährt. An der Liquidität liegt das definitiv nicht.

Diese Entwicklungen werfen jedoch Fragen über Größe und Macht von Finanzinstitutionen auf (Futue-Märkte - marktbeherrschende Rolle, Kontrolle der Orders), die in der Regulatorik vollkommen außer Acht gelassen wurden. Das gilt um so mehr hinsichtlich der Tatsache, dass USBanken von Bilanzierungspflichten aus nationalem Interesse freigestellt werden können …

Der Rest der Finanzmärkte sollte doch nicht der wedelnde Schwanz eines "großen Hundes“ sein, was hieße das für die Funktionalität von Märkten ...

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.3050 - 1.3420 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



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