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Nach dem Window-Dressing zum Quartalsende

02.10.2011  |  Klaus Singer
Mancher hatte über das zurückliegende Wochenende eine "stimulierende" Nachricht aus New York erwartet. Schließlich hatten da Weltbank und IWF ihre Herbsttagung abgehalten und alle "Größen" aus der Finanzindustrie waren versammelt. Als es dann nichts wurde mit der befreienden Nachricht, startete die Woche zunächst in rot.

Das änderte sich, was Aktien betrifft, rasch. Schließlich stand das Quartalsende vor der Tür, da wurde viel investiert, um die Kurse hoch zu halten. Dies war nach dem katastrophalen Verlauf der zurückliegenden Monate aus Bilanzgründen auch bitter nötig. Allerdings blieb die Nervosität hoch, es kam zwischendrin immer wieder zu Gewinnmitnahmen.

Auffallend war die relative (teilweise auch absolute) Schwäche der Technologie-Aktien. Hier spielten negative Ertrags- und Umsatzmeldungen aus dem Halbleiterbereich eine besondere Rolle. Die Gewinnerwartungen in der Technologie wurden durch das gesamte dritte Quartal hoch gehalten worden, während sie in allen anderen Sektoren zurückgenommen wurden. Dies wird sich nicht durchhalten lassen, Kursverluste bei Technologiewerten sind die unausweichliche Folge.

Überhaupt: Der Verlauf der tatsächlichen, bzw. erwarteten Gewinne im S&P 500 und der Index klaffen mittlerweile erheblich auseinander (siehe Chart!). Entweder werden die Gewinnerwartungen weiter nach unten angepasst oder das aktuelle Kursniveau wird von den Akteuren als attraktiv angesehen und so fände der Anpassungsprozess dann anders herum statt. Die Wahrscheinlichkeit für die erst genannte Alternative ist höher.

Das dringend benötigte Window-Dressing brauchte natürlich eine Nachricht. Und weil aus New York nichts kam, wurden Hoffnungen hoch gepuscht, der ESFS würde, nachdem erst im Jul aufgestockt, nun auch gehebelt. Der Daily Telegraph schrieb, der EFSF könnte mit einer CDO-ähnlichen Struktur bis zu einem Volumen von 2 Bill. Euro verfügen, wenn er die Möglichkeit erhält, bei der EZB Kredite aufzunehmen. Umgehend kamen Dementis von allen möglichen Eurozonen-Regierungen, aber das wurde erst einmal nicht zur Kenntnis genommen.

Die deutsche Regierung dementierte besonders lautstark. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass in Kürze genau das in die Wege geleitet wird. In einem bemerkenswerten Interview hat der Präsident des Bundesverfassungsgerichts klar gestellt: "Mehr Europa lässt das Grundgesetz kaum zu". (Siehe entsprechender Artikel im Blog!). Schon die im Juli beschlossene Ausweitung des ESFS dürfte danach verfassungsrechtlich bedenklich sein, die Hebelung würde einer gerichtlichen Prüfung sicher nicht standhalten.

In der Ausgabe März/April 2000 des „Financial Analysts Journal“ hatte Cliff Asness den Verlauf der Aktiendividendenerträge im Vergleich zur Entwicklung an den Bond-Märkten analysiert. Dies hat Mark Hulbert in Marketwatch wieder hervorgeholt. In den 1980er und 1990er Jahren haben Dividenden kaum eine Rolle gespielt, schreibt Asness, da kam es -v.a. ab Mitte der 1990er- nur auf Kursgewinne an. Die meist-verbreiteten Aktien warfen damals überhaupt keine Dividende ab. Ganz anders vor 1958. Die Dividendenerträge lagen "in der guten alten Zeit" über dem 10jährigen Zins (siehe Chart!). Nach Asness war der Grund, dass Anleger bei Aktien eine höhere Volatilität erwarteten als bei Bonds. Um dies auszugleichen, hätten Aktien eine höhere Verzinsung bieten müssen als Bonds.

In der Tat ist in den zurückliegenden Jahrzehnten in Vergessenheit geraten, dass es bei Aktien zwei Verdienstkomponenten gibt, Dividenden und Kursgewinne. Seit den frühen 1980er Jahren, nach dem Platzen der damaligen Kreditblase, setzte eine nachhaltige Steigerung der Aktienkurse ein, die Volatilität sank damit allmählich, Kursgewinne wurden "verlässlich", und so trat der Aspekt der Dividendenerträge in den Hintergrund.




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