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Konjunkturdaten spitze - ein paar Worte zu Sinn und Unsinn stiftender Analyse und der Frage nach verantwortungsvoller Rolle der Wirtschaftsmedien

28.06.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.50) bei 1.3070, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im US-Handel bei 1.3001 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 98.80. In der Folge notiert EUR-JPY bei 129.15, während EUR-CHF bei 1.2337 oszilliert. Wir freuen uns sehr, dass die Konjunkturdaten weitgehend positiv überraschend ausfallen - das passt in das große Bild unserer Prognosen. Zu den aktuellen Daten kommen wir im weiteren Verlauf des Kommentars.

Noch mehr freuen wir uns über die Einlassungen diverser Fed-Vertreter als auch der People’s Bank of China. Diese Einlassungen decken sich nahezu perfekt mit unseren adhoc Analysen als diese Erkenntnisse marktrelevant wurden.

Nachdenklich stimmt mich, dass diejenigen Analysen, die für massive Verwerfungen bei der Bewertung zyklischer Aktiva verantwortlich zeichnen, prominent medial in den Vordergrund gestellt wurden. Dieser Mix der (mehr als angreifbaren) Analysen gekoppelt mit dem markanten Medienecho sind Konstellationen, die dazu geführt haben, dass es zu massiven Eigentümerwechseln bei zyklischen Aktiva (Aktien, Rohstoffe) in den letzten Tagen gekommen ist.

Die "kleine Frau" und der "kleine Mann" (beispielsweise über gezogene Stopps bei Aktienfonds wegen mangelnder Risikotragfähigkeit) sind hier die Verlierer. Fragen Sie sich als Leser bitte, wer der Gewinner dieser Aktionen ist. Auch das mediale Handling der Eurodefizitkrise mit der bis vor kurzem latenten Ausblendung der Reformerfolge passt sich in dieses Bild der Negativanalysen und dem entsprechenden Medienecho ein. Medien tragen viel Verantwortung.

Vor diesem Hintergrund bedanke ich mich herzlich bei n-tv, bei der Deutschen Welle, bei dem Deuteschen Anlegerfernsehen, bei dem ARD Team an der Frankfurter Börse und auch N24 als auch dem Weserkurier. Gerade bei den Printmedien fallen mir weitere Danksagungen sehr schwer …

Die Eurozone kommt in Bewegung. Der EU-Haushalt per 2020 ist unter Dach und Fach. Frau Dr. Merkel kann sich zukünftig mehr Solidarität in der Eurozone vorstellen. Die EZB bereitet sich professionell auf Herrn Voßkuhle vor. Unfallgefahren für die Eurozone sind damit weiter verringert. Entsprechend ist die Voraussetzung verbessert, dass die aufgebaute Untersättigung in der globalen Zyklik abgebaut werden kann. Die aktuellen Konjunkturdaten implizieren genau das.

Diese Entwicklung wird auch die Schwellenländer ergreifen. Im jetzigen Umfeld sind die maßgeblichen Katalysatoren die US-Wirtschaft, die japanische Wirtschaft und auch Teile Kontinentaleuropas. Die Schwellenländer, ob Werkbank der Welt China oder Rohstoffländer wie Brasilien, werden leicht verzögert den Reigen schließen. Voraussetzung ist und bleibt, dass es zu keinen erheblichen politischen Unfällen kommt . Hilfreich wäre fraglos auch, wenn Herr Hollande vor dem Hintergrund einer globalen Konjunkturbeschleunigung seine Reformhausaufgaben sportlich anginge. In einer positiven globalen Konjunkturlage wäre das weniger schmerzvoll als in einem globalen Abschwung.

Wenden wir uns den aktuell veröffentlichten Konjunkturdaten zu. Bezüglich Japan verweisen wir auf die Rubrik "Letzte Nachrichten".

Der deutsche Arbeitsmarktbericht setzte per Juni positive Akzente. Die Arbeitslosenzahl in der saisonal bereinigten Fassung sank um -12.000 (Prognose +8.000). der Vormonatswert wurde von +21.000 auf +17.000 revidiert, so dass das Zweimonatergebnis um 24.000 Jobs besser ausfiel als erwartet wurde. Die saisonal bereinigte Quote stellte sich auf 6,8% nach zuvor 6,8% (revidiert von 6,9%).

Der beigefügte Chart zeigt die Entwicklung der Arbeitslosenzahl und belegt die im Vergleich zu anderen Ländern entspannte Lage. Das gilt um so mehr, als dass die Anzahl der Beschäftigten in Deutschland nicht nur im Monatsvergleich, sondern auch im Jahresvergleich zugelegt hat.

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Die Einzelhandelsumsätze nahmen per Mai im Monatsvergleich um 0,8% (Prognose 0,2%) nach zuvor -0,1% (Revidiert von -0,4%) zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 0,4% nach zuvor 2,7% (revidiert von 1,8%).

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Der Economic Sentiment Index legte per Juni unerwartet stark von zuvor 89,5 auf 91,3 Punkte zu. Die Prognose lag bei lediglich 90,3 Zählern. Der Index hat damit das höchste Niveau seit Frühjahr 2012 markiert.

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Auch die vom "Conference Board" für die Eurozone ermittelten Frühindikatoren springen freudig an. Per Berichtsmonat Mai legte der Index von zuvor 106,9 auf 107,3 Zähler zu. der Index erreichte damit das höchste Niveau seit Mitte 2011.

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Die Geldmenge M-3 der Eurozone nahm im Jahresvergleich um 0,3% im Monatsvergleich und um 2,9% nach zuvor 3,2% im Jahresvergleich zu.

Die Kreditvergabe an den Privatsektor sank im Jahresvergleich um -1,1% nach zuvor -0,9%. Hier liegt ein Kernproblem für den anstehenden Aufschwung.

Vielleicht mach es Sinn, Teile der jetzt umgesetzten oder umzusetzenden Regulatorik auf Sinn und Unsinn zu überprüfen.

Fakt ist, dass nicht nur in Deutschland die Finanzinstitute unter anderem durch die Umsetzung von Basel III in ihrer Kreditvergabefähigkeit beschnitten werden. Finanzinstitute, die erstens weitestgehend mit der Krise nichts zu tun hatten und zweitens antizyklisch in der Krise Kreditportfolien erweiterten und damit volkswirtschaftliche und gesellschaftspolitische als auch europäische und globale Verantwortung lebten!

Wir reden von den Sparkassen, den Genossenschaftsbanken und auch von der Bremer Landesbank neben anderen Regionalbanken.

Mehr noch werden Teile des Mittelstands durch die jetzt umzusetzenden Regeln in der Finanzwelt an den prozyklischen Kapitalmarkt gedrängt. Das ist übrigens exakt das Geschäftsmodell der "Täter", die die Krise verantworteten.

Löst man systemische Problem oder schafft man mit den neuen Regeln potentiell mehr systemische Probleme?

Die Lehre aus der Krise müsste es sein, antizyklische Kräfte zu stärken. Genau das Gegenteil wird jedoch gemacht!

Fällt man in Berlin und Brüssel auf dumpfe Klientelpolitik der global agierenden Bankenaristokratie herein? "Food for thought!"

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Chart: Entwicklung der Kredite an den Privatsektor


Werfen wir einen kurzen Blick auf die gestern veröffentlichten US-Daten:

  • Die Arbeitslosenerstanträge per 22. Juni stellten sich auf 346.000 nach zuvor 355.000 (positiv).

  • Persönliche Einkommen legten per Mai im Monatsvergleich um 0,5% zu (Prognose 0,2%) und im Jahresvergleich um 3,3% nach 2,9%. Der private Konsum nahm im Monatsvergleich um 0,3% und im Jahresvergleich um 2,9% nach zuvor 2,4% zu (positiv).

  • Der Index anhängiger Hausverkäufe verzeichnete per Mai einen starken Anstieg um 6,7% nach zuvor -0,5%. Damit markierte der Index den höchsten Wert seit sechs Jahren!

  • Der Bloomberg Consumer Comfort Index“ stieg in der Berichtswoche per 23. Juni von - 29,4 auf -28,3 Punkte. Hier wurde der höchste Wert seit fünf Jahren erreicht.

Das Bild ist doch recht positiv, oder? Deswegen achten Sie bitte auf das "Post Scriptum"! Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD favorisiert. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.3220 -50 neutralisiert das für den USD positive Bild.

Viel Erfolg!

P.S. Wir schalten heute die Börsenampel außer der Reihe von gelb auf grün. Hintergrund der Maßnahme außerhalb der Reihe ist die markante Divergenz zwischen konjunktureller Realität und "Market Spin".


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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