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Erstes Halbjahr 2012: Dezimierung der Banken in den westlichen Staaten

19.10.2011  |  Redaktion
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Wir werden auch weiterhin den Verlockungen vorgefertigter Meinungen entsagen und uns die Arbeit machen, die wahren Entwicklungen hinter den dem Chaos, den Manipulationen und Verzerrungen sichtbar zu machen. Denn nur so wird die Lage verständlich und die weitere Entwicklung vorhersehbar (11).

Wenn von "Banken" die Rede ist, denkt man schon seit fast ewigen Zeiten vor allem an die Londoner City und an Wall Street (12). Und das ist auch richtig, denn London (seit mehr als 200 Jahren) und New York (seit beinahe 100 Jahren) sind die Zentren des internationalen Finanzsystems; dort sitzen die großen Banker der Welt. Jede globale Bankenkrise wie überhaupt jede große Entwicklung im Bankensektor nimmt ihren Ausgang in diesen beiden Städten. Und sie münden auch dort. Denn das moderne globale Finanzsystem ist ein riesiger Prozess eines immerwährenden Kreislaufs der in diesen beiden Städten und für diese beiden Städte erzeugten reellen oder virtuellen Reichtümer (13).

Die historisch bedeutsame Dezimierung der Banken in den westlichen Staaten, die bald einsetzen und sich über einige Quartale hinziehen wird, kann daher nur verstanden und beurteilt werden, wenn die Rolle der Londoner City und der Wall Street in die Analyse dieses finanziellen Debakels einbezogen wird. Zweifelsohne spielen auch Griechenland und der Euro dabei eine Rolle, wie wir in vorhergehenden Ausgaben des GEAB geschrieben haben; aber sie sind Auslöser, nicht Verursacher. Die Schulden Griechenlands von heute sind die unethischen Geschäftspraktiken der Banken von gestern, die in der aktuellen Krise für alle sichtbar werden; der Euro ist die Nadel, der den Luftballon der gegenwärtigen Finanzindustrie zum Platzen bringt. Es sind die beiden Finger, die auf das Problem deuten; sie sind aber nicht das Problem. Nach dem chinesischen Sprichwort sieht aber der Idiot immer nur den Finger des Weisen und nicht das, auf das er deutet (14).

Wenn man die Zukunft der Banken der westlichen Staaten vorhersagen möchte, muss man nach London und der Wall Street schauen. Denn dort sammeln sich die Herden der Banker, um jeden Abend ihren Liquiditätsbedarf an der Dollarquelle zu stillen. Und der Zustand des westlichen Bankensystems lässt sich an der Entwicklung der dortigen Mitarbeiterzahlen der Banken und ihrer Ertragslage ablesen. Anhand dieser beiden Faktoren kann man ablesen, ob sie überleben oder verschwinden werden.


Die Dezimierung der Bankmitarbeiter

Für die Mitarbeiter der Banken sieht das Bild recht düster aus. Nicht einmal die "Stars" unter den Bankers können sich ihres Arbeitsplatzes noch so sicher sein. Seit Mitte 2011 folgt an Wall Street und in der City eine Massenentlassungen der vorhergehenden auf dem Fuß; auch die zweitrangigen Finanzplätze wie die Schweiz und europäische und japanische Banken bleiben davon nicht verschont. Insgesamt sind in zwei riesigen Entlassungswellen mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze in der Finanzindustrie verschwunden: Die erste überspülte 2008-2009 den Bankensektor, die zweite vor dem Sommer 2011.

Die Katastrophe ist aber noch nicht überstanden; das Wasser steigt Monat für Monat höher. Die Vorstände der großen Banken der westlichen Staaten haben aber keine andere Wahl: Sie müssen Kosten senken. In der gegenwärtigen weltweiten Rezession, wegen der - als Folge der aktuellen geopolitischen Umbrüche und der Gewichtsverschiebung in der Weltwirtschaft (15) - geringeren Kapitalzuflüsse in die USA und nach Großbritannien sowie der einsetzenden Regulierung der Finanzindustrie (die mehr und mehr den Banken die gerade in den letzten zehn Jahren so besonders rentablen Geschäftsfelder entzieht und lukrativen Finanzpraktiken verbietet) steht den Banken das Wasser bis zum Hals.

Die einfachste Lösung ist da natürlich, abertausende Mitarbeiter auf die Straße zu setzen. Aber noch nicht einmal dabei beweisen die Banker Weitsicht und machen entsprechend ihrer Geschäftslage einen harten, aber einmaligen Schnitt. Vielmehr stellen sie ungefähr alle sechs Monate fest, dass sie das Ausmaß des Problems zu gering eingeschätzt haben und sie eine weitere Entlassungswelle entfesseln müssen. Da sich für November und Dezember 2011 in den USA ein perfekter Sturm in Politik und Finanzindustrie ankündigt (16), gehen wir davon aus, dass zu Beginn 2012 mit einer neuen Entlassungswelle zu rechnen sein wird. Wenn man weiß, dass bei Goldman Sachs inzwischen aus Kostengründen (17) die Zahl der Grünpflanzen in den Büros begrenzt ist, kann man sich ausrechnen, dass die Kostenjäger der Banken in den nächsten Quartalen viel zu tun haben werden. Wenn sogar die Grünpflanzen in den Büros abgezählt werden, weiß man, dass bald die pink slips (18) zahlreich in die Büros flattern.


Die Dezimierung der Bankenzahl

Das Bankensystem der westlichen Staaten ähnelt immer mehr ihrer Stahlindustrie in den siebziger Jahren. Die Stahlkönige hatten geglaubt, die Herren der Welt zu sein (sie mischten sich sogar in Weltpolitik ein, als sie sich aktiv am Ausbruch der Weltkriege beteiligten); als die Banker in die Rolle der "Herren des Universums" schlüpften, glaubten sie sogar an ihren göttlichen Auftrag, wie der Vorstandsvorsitzende von Goldman Sachs in einem Interview zum Besten gab. Die Stahlindustrie war damals und durch Jahrzehnte hindurch die "Speerspitze" wirtschaftlicher Macht, Ausdruck der wirtschaftlichen Potenz eines Staates.

Macht wurde in Millionen Tonnen Stahl ausgedrückt, wie später in Milliardengewinnen für Banken und Millionen–Boni für Banker und Händler. Und dann veränderten sich die Bedingungen. Bei der Stahlindustrie vollzog sich der Wandel in zwei Jahrzehnten (bei den Banken in lediglich zwei bis drei Jahren (19)): Verschärfter Wettbewerb, einbrechende Erträge, Massenentlassungen, Verlust des politischen Einflusses, Ende der Riesensubventionen und schließlich Verstaatlichung und/oder Restrukturierung, an deren Ende die Stahlindustrie auf ein Maß geschrumpft war, das im Vergleich zu seiner Hochphase winzig war (20). Die Banken stehen erst am Beginn der Verstaatlichung-/Restrukturierungsphase, aber sie können bei einem Blick zurück auf die Stahlindustrie schon sehen, wohin ihre Reise bis 2013 geht.




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