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Von Griechenland nach Italien: Jetzt geht es an das Tafelsilber

07.11.2011  |  Klaus Singer
Die Regierungen von Frankreich und Deutschland planen nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, die Unabhängigkeit der deutschen Bundesbank auszuhebeln. Ziel sind ihre Gold- und Devisenreserven. Das im Rahmen der jüngsten G20-Sitzung auftischte Thema verschwand wegen des Widerstands der Bundesbank zwar rasch wieder unter demselbigen, soll aber schon morgen erneut Gegenstand von Beratungen der Euro-Gruppe sein.

Zunächst sollen mehr als 50 Mrd. Euro der Devisenreserven des Systems der europäischen Zentralbanken an eine Zweckgesellschaft des EFSF verpfändet werden. Darüber soll der IWF per Sonderziehungsrechte verfügen können und damit Rettungsprogramme finanzieren.

Hintergrund ist die Sorge, der EFSF-Rettungsschirm könnte schon wieder zu klein sein. Der Fokus ist auf Italien geschwenkt. Auf der G20-Sitzung wurde das Land unter die Aufsicht des IWF gestellt.

Werden die Pläne umgesetzt, würde der bundesdeutsche Haftungsanteil am EFSF um rund 15 Mrd. Euro steigen - wohlgemerkt ohne Beteiligung des Bundestags, der erst vor kurzem dem Steuerzahler eine -angesichts der gleichzeitig beschlossenen Hebelei unrealistische- EFSF-Haftungsobergrenze von 211 Mrd. Euro versprochen hat.

Und sie wären wohl nur der Anfang. Es locken: Goldreserven von insgesamt fast 400 Mrd. Euro, sowie Devisenreserven im Volumen von gut 580 Mrd. Euro. Der deutsche Anteil daran beträgt knapp 132 Mrd. Euro an Gold und gut 180 Mrd. Euro an Währungen.

Während das Bundesverfassungsgericht strenge Auflagen hinsichtlich der Mitwirkung des Bundestags an allen Eurozonen-Rettungsschirmen gemacht hat, laufen die großen Summen längst unter der Hand ohne seine Beteiligung an ihm vorbei:

Die EZB hat mittlerweile rund 180 Mrd. Euro an europäischem Staatsanleihen-Müll in den Büchern, davon 40 bis 50 Mrd. Euro an direkt gekauften und weitere etwa 90 Mrd. Euro an als Sicherheit hinterlegten Griechen-Papieren. Und über das europäische Zahlungsverkehrssystem Target 2 sind die Forderungen der Bundesbank gegen das Euro-System auf 450 Mrd. Euro angeschwollen. Allein im August und September stiegen die Verbindlichkeiten der Banca d’Italia um über 80 Mrd. Euro an - Zeichen der Kapitalflucht aus dem Land des illustren Berlusconi.

Das Eigenkapital der EZB beträgt mickrige rund 11 Mrd. Euro - Peanuts angesichts der Risiken. Die Bundesbank haftet für die EZB mit einer Quote von 27%. Allein bei den Target 2-Verbindlichkeiten der Euro-Südschiene (mit Irland) bei Deutschland, den Niederlanden und Finnland in Höhe von 630 Mrd. Euro mit 170 Mrd. Euro haftet die Bundesbank, also der deutsche Steuerzahler, in einer ähnlichen Größenordnung wie bei der EFSF.

Target 2 wirkt ähnlich wie Eurobonds, erklärt Hans-Werner Sinn vom ifo-Institut, weil sich Länder mit Leistungsbilanzdefiziten hierdurch automatisch refinanzieren. Die Schuldensünder sind so vom Zwang zum Abbau von Ungleichgewichten befreit, ein weiterer falscher Anreiz im Euro-System.

Das Gerede der europäischen Spitzenpolitiker von der "Alternativlosigkeit des Euro" fördert das Erpressungspotenzial der Schuldenmeister in der Eurozone. Gleichzeitig wächst auch der Unmut über Transferzahlungen in den "Geberländern". Umso mehr Eile müssen Merkel & Co an den Tag legen.

Der Vorstoß von Griechenland Ministerpräsident Papandreou, sein Volk zu den Rettungsmaßnahmen der Eurozone zu befragen, währte einen Tag. Er wurde von Merkel & Co zurückgepfiffen - wo kämen wir denn hin, wenn jetzt auch noch das Volk bei der Rettung der Finanzindustrie mitspricht. Um nichts anderes geht es bei all den Rettungsschirmen.

Eigentlich müsste man von Rettungsringen sprechen, denn das Wasser kommt in der Eurozone von unten, nicht von oben. Und es fehlt nicht viel, dann steht es ihr bis zum Hals.

Der nächste Pleitekandidat ist schon ausgemacht: Italien mit Schulden von 1,9 Bill. Euro und einer BIP-Schuldenquote von über 120 Prozent. Die EZB kauft fleißig italienische Staatsanleihen und kann doch nicht verhindern, dass die Zinsen für Zehnjahresanleihen jetzt, nach den Beschlüssen des EU-Gipfels vom 27. Oktober, auf über 6 Prozent gestiegen sind; vor einem Monat waren noch bei 5,86 Prozent zu bezahlen.




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