Griechenland - Italien - Frankreich? Oder wird jetzt alles gut?
Allerdings dürfte es auch kaum jemanden wirklich überraschen, wenn Frankreichs Kreditrating abgestuft wird. Französische Kommentatoren sagen denn auch, de facto habe das Land die Bestnote bereits verloren und verweisen auf die zuletzt deutlich auf rund 3,4% gestiegenen Zinsen für 10-jährigen Staatsanleihen (siehe Chart!). Der Spread zu Bundesanleihen betrug zuletzt über 1,5%.
In Brüssel geht man davon aus, dass das französische Wirtschaftswachstum in 2012 nur noch 0,6% betragen wird, und nicht 1%, wie die Regierung denkt. Eurointelligence hat ausgerechnet, dass dann zusätzlich zu den für 2012 geplanten Kürzungen von 18 Mrd. Euro weitere mindestens 4 Mrd. Euro eingespart werden müssen, wenn das Defizitziel von 4,6% erreicht werden oll.
"Das Wachstum in Europa ist zum Stillstand gekommen, und es besteht das Risiko einer erneuten Rezession", erklärte EU-Währungskommissar Olli Rehn jetzt. Bereits im laufenden Quartal wird die Wirtschaft in den 17 Ländern der Eurozone im Quartalsvergleich um 0,1% schrumpfen. Im 1. Quartal 2012 wird dann Stagnation erwartet. In 2012 wird insgesamt nur ein leichtes Wachstum von 0,5% nach 1,5 Prozent im laufenden Jahr erwartet.
Die EU-Kommission macht hierfür einen drastischen Einbruch des Vertrauens verantwortlich. Woher allerdings neues Vertrauen in das europäische Finanzsystem kommen soll, ist ungewiss. Gerade erst wird deutlich, dass die per "Versicherungslösung" geplante Hebelung der EFSF wohl nicht funktionieren wird. Angesichts der desolaten politischen Lage geben sich internationale Investoren mit einer Absicherung von lediglich 20% der Anleihen der EFSF nicht zufrieden. Daher will man jetzt offenbar umschalten
und plant für Dezember die Ausgabe kurzfristiger "Bills" mit Laufzeiten von bis zu einem Jahr. Der EFSF kann derzeit noch 250 bis 300 Mrd. Euro an Krediten vergeben.
Die „Märkte“ haben zum Wochenende hin positiv auf Meldungen reagiert, dass in Griechenland und Italien keine Politiker, sondern Finanz-Fachleute an die Spitze von Übergangsregierungen treten sollen. Das kann sicher kurzfristig Anlass für Hoffnungen sein. Die übergeordnete Frage ist jedoch, ob der politische Filz insbesondere in Italien, der seit Jahrzehnten in Hinterzimmern agiert, dadurch zu neutralisieren ist. Ich bezweifele das - so schnell geben diese mafiosen Strukturen nicht auf. Das gilt in ähnlicher Form für Griechenland.
In unterschiedlicher Abstufung gilt aus meiner Sicht für die gesamte Politik der Eurozone (und darüber hinaus), dass ihr Interesse nicht darin liegt, die aufgelaufenen Probleme wirklich zu lösen. Es geht lediglich darum, die eigenen Pfründe zu wahren. Orientierung an der Sache und an wirklichen Lösungen gibt es nur so weit, wie das den Interessen der eigenen Klientel nutzt.
Wird Frankreich ernsthaft unter Beschuss genommen, eskaliert die Situation weiter. Letztlich geht es den "Märkten" darum, so viel Kapital wie möglich zu mobilisieren. Da sind einmal die Gold- und Devisenreserven des Eurosystems, namentlich Deutschlands im Visier, darüber hinaus die "schier unbegrenzten" Möglichkeiten der EZB.
In den vergangenen Tagen war öfters zu hören, dass nur die Feuerkraft der EZB die Schuldenkrise der Eurozone lösen könne. Keine Marktspekulation könnte dagegen antreten.
Willem Buiter, Citigroup, und Huw Pill, Goldman Sachs, haben ausgerechnet, dass die EZB 2 bis 3 Bill. Euro an Mitteln "aus dem Nichts" schöpfen könnte, ohne dass sich das langfristig inflationär niederschlägt. Hierbei liegen bestimmte Annahmen zu Wachstum und Zinsen zugrunde, sowie ein Inflationsziel von zwei Prozent. Alles zusammen führt zu einem diskontierten Gegenwartswert des künftigen Einkommens der EZB, das mit den für diese Summe gekauften Assets erzielt werden kann.