Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Für alle Eventualitäten vorbereitet

14.11.2011  |  Robert Rethfeld
- Seite 2 -
Open in new window


Der Gipfel in Cannes und die vorausgegangenen Konsultationen dürfte den kleinsten gemeinsamen Nenner politischen Handelns geliefert haben. Mit den Rücktritten von Papandreou und Berlusconi wurde auf politischer Ebene einiges erreicht.

Man kann den Ball seitens der EZB nicht ständig in Richtung Politik spielen und sagen, ihr müsst mehr tun. Gut, die Politik könnte den Giftschrank öffnen und die Steuern erhöhen. Man kann Subventionen kürzen (die Preise für Solarzellen verfallen weiter, warum wird die Einspeisevergütung nicht entsprechend angepasst?). Keine Frage, Einsparpotential ist auf politischer Ebene ausreichend vorhanden. Aber letztendlich - dafür steht der tiefe Fall Griechenlands exemplarisch - unterdrückt drastisches Sparen das Wachstum. So verringert sich zwar die Verschuldung, aber eben auch das BIP, sodass der Prozentsatz der Verschuldung am BIP unverändert bleibt. Mit anderen Worten: Die Anzahl der politischen Optionen, die Verschuldungsrate am BIP zu drücken, ist begrenzt.

Bliebe die EZB. Sie lehnt die Rolle des letzten Kreditgebers bisher ab und schiebt den schwarzen Peter der Politik zu. Entscheidend ist jedoch, was der Markt als ausreichend empfindet. Bei weiter steigenden Renditen wäre die EZB die einzige Institution, die in der Lage ist, den Zusammenbruch des Euro-Systems zu verhindern.

Die Frage ist: Was will Draghi später im Geschichtsbuch über sich lesen? Die Schlagzeile könnte lauten: "Durch das Nicht-Eingreifen der EZB im Jahr 2011 begann in Europa eine längere Phase wirtschaftlicher und politischer Instabilität. Der Zusammenbruch des Euro-Systems und das anschließende Chaos hätten vermieden werden können, wenn die europäische Zentralbank ihrer Verantwortung als letzter Kreditgeber gerecht geworden wäre."

Die Schweizer Nationalbank hatte den Euro bis auf die Parität zum Franken fallen lassen, die Schmerzgrenze war nicht nur erreicht, sondern überschritten. Dann kann das Machtwort von einer "unlimitierten Verteidigung" des Wechselkurses bei 1,20.

Wie kritisch man auch immer den Handlungen der Zentralbanken gegenüber steht: Auch die EZB kann eine Verteidigungslinie in Form der Zinsdeckelung aufbauen, die vor ihr unlimitiert verteidigt wird. So kann sie versuchen, einen chaotischen Systemzusammenbruch zu vermeiden. Wir haben häufig von der Neuordnung des Finanzsystems geschrieben. Eine solche Neuordnung benötigt Zeit, insbesondere in dem internationalen Rahmen, in dem sich die Finanzmärkte bewegen. Die EZB kann diese Zeit kaufen.

Die Pawlowsche Reaktion auf das Wort "unlimitierte Verteidigung" lautet "Hyperinflation". Historisch existiert kein Hyperinflationsbeispiel für einen so großen Wirtschaftsraum, wie es die Eurozone nun einmal ist. Man kann an Hyperinflation glauben, man kann sogar davon überzeugt sein. Wissen kann man es nicht.

Ich glaube nicht, dass sich die EZB als "Totengräber des Euro" titulieren lassen möchte. Sie würde sich den Ast absägen, auf dem sie sitzt. Falls doch, könnte sie den Skytower - das Symbol für die Eurozone - fremd vermieten, und das noch vor Fertigstellung. Eine EZB bräuchte es dann nicht mehr. Vielleicht hat ja die PBC (Peoples Bank of China, die chinesische Zentralbank) Interesse an den Gebäuden. Man könnte ja mal fragen.

Oder Nord- und Südeuro würden von Nord- und Südturm aus verwaltet werden. Planerische Weitsichtigkeit zahlt sich halt meistens aus.

Verfolgen Sie die Entwicklung der Finanzmärkte in unserer handelstäglichen Frühausgabe.


© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de


P.S.: Wir schauen hinter die Märkte und betrachten diese mit exklusiven Charts! Wir veröffentlichen morgens gegen zwischen 7.30 und 8.00 Uhr eine tägliche Kolumne zum aktuellen Geschehen unter www.wellenreiter-invest.de, die als 14-tägiges Schnupperabo kostenlos getestet werden kann.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"