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US-Daten fad, Fed-Protokoll, mehr aufgewärmte Suppe - ein paar Worte zu Griechenland

21.08.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.51 Uhr) bei 1.3412, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3324 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 97.55. In der Folge notiert EUR-JPY bei 120.80, während EUR-CHF bei 1.2312 oszilliert.

Der Chicago Fed National Activity Index (US-Sammelindex aus 85 Einzelindikatoren) per Berichtsmonat Juli legte von -0,23 auf -0,15 Punktezu. Diese zunächst positive Entwicklung ist hinsichtlich der Revision des Vormonatswerts jedochweitaus weniger erbaulich. Der Juniwert wurde von -0,13 auf -0,23 Punkte revidiert. Ergo ist der aktuelle Juliwert etwas negativer als der zunächst ermittelte Juniwert. Der beigefügte Chart belegt die leichte Besserung der Indexwerte seit März 2013. Ob diese moderaten Anstiege des Indexes ausreichen, Grundlagen für den Ausstieg aus dem QE-Programm zu liefern, sei dahin gestellt.

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Der US-Halbleitermarkt sendet Schwächesignale. Das ist von hoher Bedeutung, denn die Entwicklung des Halbleitermarkts hat Frühindikatorqualitäten. Per Berichtsmonat Juli ergab sich pro 1,00 USD Auslieferungsvolumen ein Auftragsvolumen in Höhe von 1,00 USD nach zuvor 1,10 USD. Das ist nicht Ausdruck einer Verstärkung konjunktureller Kräfte!

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Der US-Wohnimmobilienmarkt spielt für die weitere Entwicklung der Konjunktur in den USA eine elementare Rolle. Diesbezüglich werfen wir einen Blick auf den US-Hypothekenmarktindex. Wenn der Index fällt, kommt es zu einer geringeren Vergabe. Es stellt sich die Frage, ob der jüngste Anstieg der Zinsen am US-Kapitalmarkt um circa 1% im Rahmen der Debatte über einen Ausstieg aus der Schaffung der Überschussliquidität Traktionentwickelt hat?

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Hoppla, der Einbruch des Index impliziert, dass diejüngste Erholung an den US-Wohnimmobilienmärkten Risse im Finanzierungsfundament erfährt. Dieser Index ist dem Offenmarktausschuss übrigens sehr vertraut, denn er hat Frühindikatorqualität.

Der Markt wartet gebannt auf die Fed-Protokolle per Juli. Auch wir haben Interesse an den Verlautbarungen des Offenmarktausschusses, die der Öffentlichkeit zugemutet werden. Es schauen ja alle drauf.

Dabei wird bei uns im Team diskutiert, wie viel Marketing und wie viel ernst zu nehmende Verbalakrobatik diesem Protokoll beizumessen ist. Daneben gehen wir fest davon aus, dass der NSA die Inhalte bereits bekannt sind und das politische „Okay“ Washingtons damit auch gewährleistet ist.

Die Latenz, mit der der Markt seit April mit Ausstiegsszenarien torpediert wird, ist irritierend. Die Tatsache ist, dass exakt ab Frühjahr 2013 der Aufbau der Überschussliquidität von 85 Mrd. USD in den USA ergänzt wurde durch monatlich 60 Mrd. USD aus Tokio. Ergo führen wir eine Debatte über eine Verringerung des Aufbaus von Überschussliquidität, während der monatliche Aufbau um satte 70% auf circa 145 Mrd. USD monatlich erhöht wurde.

Ich hoffe, dass der geneigte Leser jetzt versteht, was mit US-Marketing oder US-Spin gemeint ist. Mehr noch wird das Thema Verringerung des Aufbaus der US-Überschussliquidität gebunden an die Voraussetzung einer deutlich besseren US-Konjunkturlage, die aber noch nicht eingetreten ist.

Volkswirte und professionelle Marktteilnehmer habenoffensichtlich Basiswissen über Entwicklung von Umlaufgeschwindigkeiten in Aufschwüngen in ihrer Analyse vernachlässigt. Jetzt haben wir schon so viele studierte Marktteilnehmer und der gesunde Menschenverstand bleibt verlassen in wenigen Ecken der Welt zurück.

Dennoch werden wir hier in Bremen nicht das Gebot sachlicher Analyse verletzen. Die normative Kraft des Faktischen setzt sich ultimativ grundsätzlich durch.

Wir sind an unserer eigenen Analyse orientiert, diesich Fakten widmet. Der Trackrecord der Fed ist nicht notwendig gut. Was sagte Herr Bernanke beispielsweise noch 2007/2008: "The crisis is contained!" - wir nahmen lautstark die Gegenposition ein.

Es ist wohl erforderlich einen schwachen Trackrecord zu haben, um hohe mediale Aufmerksamkeit zu generieren. Das gilt ja auch für einige deutsche Professoren.

Ergo wird uns eine alte Suppe neu aufgewärmt.

Ja, da der Markt unter Führung der Zentren NY und London diese Vorgaben setzt, kann damit kurzfristig Bewegung an Märkten generiert werden. Mehr aber nicht!

Wenden wir uns dem Thema Griechenland zu, das aktuell erhöhte Aufmerksamkeit findet. Meine Einlassungen sind in nachfolgendem Reuters-Artikel in kursiv gechrieben.

Reuters Meldung: SPD fordert von Merkel klare Aussage zu Griechenland-Hilfen

Berlin, 21. Aug (Reuters) - SPD-Chef Sigmar Gabrielhat von Bundeskanzlerin Angela Merkel eine vollständige Aufklärung über anstehende Griechenland-Hilfen gefordert.

Sehr geehrter Herr Gabriel, das ist nicht möglich, da Krisen nicht in ihrer Amplitude voll erfassbar sind. Ausschließen kann man gar nichts. Man kann aber die Erfolge der Reformpolitik durch egozentrisch geführte Wahlkämpfe in Gefahr bringen und damit potentiellen Schaden auch für Deutschland erhöhen. Die Forderungen der SPD und Grünen (Schwarzgeld etc.) in der Zypernlösung (Konditionierung der Zustimmung im Bundestag) haben bereits zu einer Verschiebung der konjunkturellen Erholung in der Eurozone um drei Monate beigetragen. Reicht es nicht langsam?

Ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble habe ausgesprochen, was Merkel der Bevölkerung verheimlichen wolle, sagte Gabriel dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwochausgabe).

Davon kann nicht die Rede sein, weitere finanzielleUnterstützung wurde nicht ausgeschlossen. Wenden wir uns den Fakten zu. Die strukturellen Haushaltsdefizite sind weitgehend in Griechenland bereinigt. Dabei wurde die Neuverschuldung von 15,4% des BIP per 2009 auf voraussichtlich unter 4,6% per 2013 gesenkt, obwohldie Wirtschaftsleistung im identischen Zeitraum um 25% zusammenbrach. Wer jetzt die sich abzeichnende konjunkturelle Stabilisierung aus parteitaktischen Gründen in Griechenland belastet, bürdet sich eine hohe Verantwortung auf. Das war übrigens die diplomatische Wortwahl. "Thinktwice!"

"Frau Merkel muss den Deutschen endlich reinen Weineinschenken - und zwar vor der Wahl!",
forderte Gabriel.

Siehe oben!

Schäuble hatte am Dienstag als erster deutscher Regierungspolitiker offen eingeräumt, dass Griechenland auch nach 2014 Finanzhilfen seiner internationalen Partner benötigt. Bisher hatte die Bundesregierung stets offengelassen, wie sich Griechenland nach dem Ende des zweiten Programms 2014 finanzieren soll.

In dem Moment, in dem Griechenland wieder auf die W achstumsschiene (voraussichtlich 2014 oder 4. Quartal 2013) einschwenkt, ist die Wahrscheinlichkeit nachhaltig positiver fiskalischer Überraschungen sehr hoch. Bereits im laufenden Jahrsetzt Athen unerwartete positive Akzente in der Haushaltsentwicklung als auch in einigen Sparten der Wirtschaft, unter ihnen der Tourismus. Ergo wäre es jetzt verfrüht, sich festzulegen! Europäische Solidarität ist erforderlich Herr Gabriel, oder?

SPD-Chefhaushälter Carsten Schneider warf Schäuble gegenüber der "Passauer Neuen Presse" vor, nur die halbe Wahrheit genannt zu haben. "WennHerr Schäuble nun sagt, dass Griechenland ein neues Programm braucht, dann muss er sagen, wasdas kosten soll. Die konkreten Zahlen müssen vor der Wahl auf den Tisch".

Herr Schneider, ist das wirklich smart, was Sie da veranstalten?

Zu den Fakten:


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Daten IWF Fiscal Monitor 04/2013


Jetzt freue ich mich auf einen sachlichen Wahlkampfmit harten Auseinandersetzungen, aber bitte nicht mit unsachlichen Themen!

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.3330-60 neutralisiert das für den Euro positive Bild.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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