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Eurozone unerwartet auf der Überholspur - US-Daten grundsätzlich positiv

23.08.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.55 Uhr) bei 1.3345, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3299 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 98.90. In der Folge notiert EUR-JPY bei 132.00, während EUR-CHF bei 1.2340 oszilliert.

Die Nachrichtenlage aus der Eurozone hellt sich weiter deutlich auf. Deutschland bestätigt das überraschend hohe Wachstum per 2. Quartal 2013. Deröffentliche deutsche Haushalt liefert wider Erwarten im ersten Halbjahr eine Überschuss in Höhevon 8,5 Mrd. Euro. Die Defizitprognose der Bundesregierung per 2013 weist damit sportliche Qualitätsmängel auf. Spaniens Handelsbilanz setzt positive Akzente und die EZB unterstreicht, dass sie sich von Fed, BoE und BoJ deutlich unterscheidet. Das Thema potentielle Zinssenkung wird durch das Thema einer potentiellen Zinserhöhung dank der positiven Entwicklung in der Eurozone erweitert.

Die Erstschätzungen von Markit für die Einkaufsmanagerindices der Eurozone setzten gestern nachhaltig positive Akzente. Dabei fällt Frankreichaußen vor. Dort war gegen den Trend ein leichter Rückgang im Monatsvergleich Mahnung an Frankreichs Politik, das Thema des verkrusteten Arbeitsmarkts und der ineffizienten Struktur der Administration zügig zu adressieren.

Unsere Kritik an dem Markit PMI setzen wir als bekannt voraus. Der nachfolgende Chart von Capital Economics, der den Composite PMI in ein Verhältnis zur Entwicklung des BIP setzt, verdeutlicht, dass der Markit Indikator für die Eurozone im jüngsten Aufschwung tendenziell nacherzählenden Charakter hatte. Bei der Betrachtung der Zeitspanne 1999 bis 2013 erfüllt der Markit-Indikator nur sehr bedingt die Anforderungeneines Frühindikators.

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Die US-Arbeitslosenerstanträge stellten sich per Berichtswoche 17. August auf 336.000 (Prognose 330.000) nach zuvor 323.000 (revidiert von 320.000). Losgelöst vom aktuellen Anstieg wird damit das deutlich ermäßigte Niveau weitgehend bestätigt.

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Die US-Wohnimmobilienpreise sind laut der Federal Housing Finance Agency (FHFA) per Berichtsmonat Juni im Monatsvergleich um 0,7% gestiegen. Der Vormonatswert wurde von +0,7% auf +0,8% revidiert. Im Jahresvergleich ergab sich eine Zunahme um 7,7% nach zuvor 7,3%. Der Preisindex stellte sich auf 203,4 nach zuvor 202,1 Punkten. Es wurde der höchste Indexwert seit August 2008 markiert.

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Der von Markit für die USA ermittelte vorläufige Einkaufsmanagerindex per August für den produzierenden Sektor verzeichnete einen leichten Anstieg von 53,7 auf 53,9 Punkte. Erwartet wurde eine Zunahme auf 54,0 Zähler.

Die US-Frühindikatoren legten nach der Berechnung des Conference Board um 0,6% per Juli zu. Die Prognose lag bei lediglich 0,5%. Der Index markierte damit das höchste Niveau seit Mai 2008!

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Das US-Verbrauchervertrauen sackte laut dem Bloomberg Consumer Comfort Index in der letzten Berichtswoche stark von -26,6 auf -28,8 Punkte ab. Wir haben auf den Zusammenhang der steigenden Zinsen/Hypotheken hingewiesen. Diese Entwicklungen dürfen als "Warning Shots" von der Fed verstanden werden!

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Wenden wir uns der öffentlichen US-Schuldensituation zu. Seit Ende März haben die USA ihre Verschuldungsmöglichkeiten zu 100% ausgeschöpft. Das offizielle Schuldenlimit ist seitdem bei 16,7 Billionen USD erreicht. Die US-Treasury bedient sich seit diesem Zeitpunkt kreativer Finanzierungswege. Die Tatsache, dass die US-Treasury diese Maßnahmen nicht das erste Mal anwendet, macht diese Maßnahmen nicht seriöser.

Nach Berechnung des CBO wird dieses Arsenal per Oktober/November 2013 ausgeschöpft sein. Wenn bis dahin keine parlamentarische Einigung überdie Erhöhung des Limits erzielt würde (bisher keine Ansätze einer Einigung erkennbar), stünde mindestens ein partieller Zahlungsausfall der USA im Raum.

Wir sind erstaunt, wie aktiv die Ratingagenturen und die angelsächsischen und amerikanischen Medien dieses Thema in ihrem Fokus haben. Noch erstaunter sind wir, dass vor diesem Hintergrund eine US-Ratingagentur den Ausblick des US-Ratings von negativ auf stabil anpasste. "Chapeau!"

Nebenbei bemerkt haben die USA jüngst ihre Berechnungsmethoden des BIP revidiert „Intangibles“ (immaterielle Anlagewerte, Patente, Copyright etc.) werden nun voll im BIP bewertet, was logischerweise zu einer Erhöhung des BIP führt.

Wer bestimmt Werte von "Intangibles"? Wird deren Wertverfall sachlich richtig ermittelt? Ist der Wert der "Intangibles nicht in den Absätzen (=realeWirtschaft) gespiegelt? Wenn er nicht gespiegelt ist, sind die Werte der "Intangibles" dann real? Hier entstehen weitere aktive statistische Kreativräume! Es geht um beispielweise knapp 560 Mrd. USD per 2012 laut NIPA Table. Das ist erheblich! Link: http://www.bea.gov/national/pdf/NIPA%202013%20RevisionTable.pdf

Durch diese Anpassungen werden die Staatsverschuldungsquoten, die in % des BIP gemessen werden, gesenkt.

Damit haben die USA ein weiteres Alleinstellungsmerkmal in ihrer Statistik, das Vergleiche mit europäischen Pendants weiter erschwert.

Es gibt keine Gesetze, wie Statistik aussehen muss.Die unterschiedlichen Ansätze werden leider jedoch nicht in der Analyse gewürdigt. 2% Wachstum in der Eurozone haben eine andere Qualität als 2% Wachstum in den USA (gleichzeitige Verarmung, Food Stamps als implizite Belege). Wir verweisen auf die Sektion Statistik in "EndlichKlartext" (Seite 159 - 168) bezüglich früherer Maßnahmen ab 1990 seitens des BEA.. Link: http://www.bea.gov/national/an1.htm

Um es noch deutlicher zu machen, bedienen wir uns der Daten von John Williams von "Shadow Government Statistics".

Herr Williams nutzt bei der Berechnung des US BIP die statistischen Ansätze vor 1990. Demnach ergibt sich nicht ein Wachstum von 1,7%, sondern eine Kontraktion in Höhe von -1,7%.

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Was sagen Ratingagenturen zu der seit 1990 anhaltenden Weichspülung der US-BIP-Daten? Nichts! Food for thought!

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR/USD favorisiert. Immer mehr kristallisiert sich eine Bandbreite zwischen 1.27 - 1.35 heraus, die durchaus einen politischen Beigeschmack hat.

Dabei dominiert die Grundlage für eine "Buy the dip" Strategie. Europa setzt nach massiven Reformen positive Überraschungsakzente. Die USA hinken jedwedem Ansatz von Reformpolitik hinterher und die Diskussion über den sukzessiven Ausstieg aus Schaffung der Überschussliquidität unterstreicht die unterschiedlichen Politikansätze zwischen EZB und Fed. Nachhaltigkeitspolitik findet im interdisziplinärenVergleich in der Eurozone statt, nicht in den USA, nicht im UK und auch nicht in Japan.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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