Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Risiko der "Libanisierung" Syriens - USA und Verträge … - Risse in der Fassade am US-Wohnimmobilienmarkt - was bedeutet das für QE?

26.08.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.53 Uhr) bei 1.3382, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3334 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 98.55. In der Folge notiert EUR-JPY bei 131.85, während EUR-CHF bei 1.2340 oszilliert.

Bevor die konjunkturellen Themen bearbeitet werden,sind wir gezwungen das politische Umfeld in Augenschein zu nehmen, da Politik im Zweifelsfall Ökonomie und nachgeordnet Märkte dominiert.

Die Zuspitzung der Lage in Syrien beinhaltet das Risiko, dass es im Nahern Osten zu nachhaltigen Verwerfungen kommen kann, die den Begriff Flächenbrand erlaubten. Eine solche Entwicklung böte zumindest kurzfristig erhebliches Rückschlagspotential für die sich gerade erholende Weltwirtschaft.

Eine treffende Formulierung für die sich abzeichnende "Behandlung" Syriens ist die Begrifflichkeit "Libanisierung" Syriens, nachdem diese "Libanisierung" im Irak unter großem Aufwand willentlich oder unwillentlich geschaffen wurde. Alan Greenspanhat in seinen Memoiren klar gemacht, dass es nicht um Demokratie oder Chemiewaffen ging, sondern um Macht und Öl.

Eine "Libanisierung", die den Umstand eines Bürgerkriegs beinhaltet, ein solches Land als Neutrum in der Politik der eigenen Sache fixiert und gleichzeitig Drittmächten ein Spielfeld ohne Grenzen einräumt, wurde im Irak in der ersten Instanz durch Unwahrheiten/Lügen gegenüber der Weltgemeinschaft in der UNO seitens der USA ermöglicht.

Im Fall Syrien werden die Unwahrheiten/Lügen vor den Vereinten Nationen bisher durch gezielte finanzielle und militärische Unterstützung der so genannten "Freiheitskämpfer" und nicht bewiesene Unterstellungen (Gaseinsatz der Regierung) ersetzt. Staatsrechtlich ist diese Vorgehensweise nicht nur zweifelhaft, sondern nichttolerierbar.

Da die USA und auch das UK ohne Konsequenzen den Irakkrieg vom Zaun brechen konnten, ist auch jetzt eine derartige "Kür" der Achse Washington/London nicht auszuschließen. Das Thema "Staatsterrorismus" hatten wir an dieser Stelle bereits sachlich bedient. Fakt ist, dass wir besorgt sind, sowohl über die Lage in Syrien als auch über unser kontinentaleuropäisches Staatsrechtverständnis.

Die Snowden Enthüllungen erschüttern das Mark des westlichen Bündnisses in sachlicher Hinsicht. Die moderaten, die leisen oder die nicht vernehmbaren Töne außerhalb Londons und Washingtons können als diplomatische Reaktion oder aber als etwas ganz anderes gewertet werden.

Derzeit favorisieren wir, da wir unterstellen, dasses kein vertragliches oder faktisches Unterordnungsverhältnis gegenüber den USA und dem UK gibt (das wäre ja Verfassungsbruch), dass es sich um diplomatische Vorgänge handelt und hinter den Kulissen die Freiheit, das Staatsrecht und Interessen außerhalb der MachtachseWashingtons und Londons zäh verteidigt werden.

Die Tatsache, dass bei dem Spionageangriff auf die Vereinten Nationen bewusst bilaterale Verträge gebrochen wurden, unterstreicht, dass die US-Administration Verträge nicht würdigt, die ihren Interessen widersprechen. Welches Vertrauen kann sich auf einer solchen Handlungsweise der USA aufbauen? Was sind liebe Worte wert, Herr Innenminister, wenn Verträge nach Gutdünken gebrochen werden!

Die Bush-Doktrin, nur die Verträge zu würdigen, diefür die USA vorteilhaft sind, die hinsichtlich deraktuellen Datenlage offensichtlich von Präsident Obama übernommen wurde, wirft Fragen auf, was vertragliche Gegenparteinen der USA erwarten dürfen, wenn Verträge zu Gunsten der Gegenparteien ausfallen.

Fakt ist, dass die Lage im Nahen Osten und die Veröffentlichungen von Herrn Snowden es zwingend erforderlich machen, die bilateralen Verhältnisse zu den USA und UK nachhaltig zu überprüfen. Überprüfung ist fraglos ein Begriff, der dem Feld der Diplomatie zuzurechnen ist.

Eine Emanzipation von der Machtachse Washington/New York/London erscheint in der Realpolitik nach den politischen Erfahrungen seit dem Irakkriegund den Erfahrungen an den Finanzmärkten seit Ausbruch der Krise 2007/2008 hinsichtlich der Strukturen (Bilanzierungsregelen, Deregulierung, Oligopolisierung) mittelfristig erforderlich zu sein, um die Werte zu wahren, für die unsere kontinentaleuropäischen Verfassungen und derkontinentaleuropäische Humanismus (versus Elitismus) stehen.

Die Eliten der USA von heute mit den US-Eliten der USA der Zeit der Rosinenbomber zu vergleichen, erscheint bezüglich der aktuellen Politikausrichtung sachlich unangebracht zu sein. Bewusst sprechen wir von den verantwortlichen Eliten in den USA, deren Respekt vor der eigenen Verfassung, aber auch Drittländern aktuell unterproportional ausfällt …

Aus der Eurozone erreichten uns am Freitag positiveWirtschaftsdaten. Das Verbrauchervertrauen in der Eurozone legte per August von zuvor -17,4 auf -15,6 Punkte zu. Die Prognose lag bei -16,5 Zählern. Damit erreichte das Verbrauchervertrauen den höchsten Wert seit Juli 2011!

Open in new window


Der Absatz neuer US-Wohnimmobilien brach per Berichtsmonat Juli massiv um -13,4% von zuvor 455.000 auf 394.000 Objekte ein. Mehr noch wurde der Vormonatswert massiv von 497.000 auf 455.000 Objekte revidiert. Es wurde der tiefste Umsatz seit Oktober 2012 verzeichnet.

Open in new window


Im Laufe dieser Woche hatten wir auf die Divergenz der Hypothekenvergabe und der positiven Entwicklung am US-Wohnimmobilienmarkt hingewiesen. Diese Divergenz löst sich nun auf. Da der Wohnimmobilienmarkt für den privaten Verbraucher in seinem Konsumverhalten von hoher Bedeutung ist, ergeben sich Risse bezüglich der Nachhaltigkeit des US-Aufschwungs.

An dieser Stelle wird deutlich, dass die US-Wirtschaft nach wie vor am Tropf der Intervention hängt. Was heißt das für das vom Markt schon diskontierte Ende der quantitativen Maßnahmen? Die Euphorie eines zügigen Endes dürfte mindestens gedämpft werden.

Um es noch einmal deutlich zu machen:

Die USA subventionieren ihre Ökonomie mit einem Haushaltsdefizit in Höhe von circa 6,5% des BIP und durch Anleiheankäufe der Fed, die circa 6% des BIP ausmachen. Ergo sind wir mit einer Subvention von 12,5% des BIP konfrontiert.

Die EZB kauft nichts, die Haushaltsdefizite der Eurozone werden dieses Jahr voraussichtlich nicht höher als 2,9% des BIP liegen. Die USA reformieren nicht, die Eurozone reformiert seit 2009/2010!

Wir sind immer wieder erstaunt, wie willig diese quantitativen und qualitativen Fakten medial bearbeitet werden und von den Finanzmärkten goutiert werden …

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR/USD favorisiert. Immer mehr kristallisiert sich eine Bandbreite zwischen 1.27 - 1.35 heraus, die durchaus einen politischen Beigeschmack hat.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"