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Aktuelle Lage des Goldmarkts und Ausblick

19.12.2011  |  Thorsten Proettel
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Ausblick für 2012

Für 2012 erwarten wir ein anhaltend hohes Angebot an recyceltem Gold sowie eine weitere Zunahme der Goldförderung auf 2.960 Tonnen. Dem steht auf der Käuferseite voraussichtlich eine abermals geringere Nachfrage nach Schmuckgold gegenüber, während wir bei sonstigen Käufergruppen wie der Elektroindustrie, der Zahnmedizin und den Notenbanken nur mit geringfügigen Änderungen rechnen.

Vor diesen Hintergrund müssten die Investoren etwa 2.000 Tonnen Gold erwerben, um das steigende Angebot abzunehmen und den Markt zu räumen. Dies entspricht einer Zunahme von rund einem Drittel gegenüber 2011. Die Relation verdeutlicht, dass der Goldmarkt mittlerweile in weitaus stärkerem Maße als bislang vom Anlegerinteresse ab-hängt und immer mehr Investmentkäufe notwendig sind, um das hohe Preisniveau zu verteidigen.

Die zukünftige Entwicklung als Anlageobjekt Wir halten es zum gegenwärtigen Zeitpunkt für das wahrscheinlichere Szenario, dass die Investmentnachfrage nach Gold auch 2012 zulegen wird und sich der Preis wieder in Richtung seiner bisherigen Höchststände entwickelt. Zwar ist schon das aktuelle Niveau relativ ambitioniert und insbesondere Altanleger mit niedrigen Einstandspreisen würden von Gewinnmitnahmen profitieren. Problematisch für alle Kapitalanleger weltweit ist jedoch das Fehlen von sicheren und rentierlichen Alternativen.

Zweitens dürfte die hohe Sparneigung der chinesischen Bevölkerung angesichts des weiterhin robusten Wirtschaftswachstums und den Friktionen auf dem heimischen Immobilienmarkt zu neuen Kaufrekorden bei Gold führen.

Drittens ist es vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Probleme auf dem europäischen und US-amerikanischen Finanz- und Staatsanleihenmarkt unwahrscheinlich, dass Gold seine Stellung als Fluchtwährung für Anleger verlieren wird. Die bislang beschlossenen Maßnahmen der Politik erscheinen bei nüchterner Betrachtung nicht dazu geeignet, die Ursachen der Probleme zu lösen, sondern allenfalls die Symptome weiter in die Zukunft zu verschieben. Die Diskussionen über eine Hebelung der Euroland-Rettungsfonds (EFSF/ESM), über Eurobonds und der aktuelle Streit über eine Monetarisierung der Staatsschulden durch die Europäische Zentralbank verdeutlichen zudem, dass es für die aktuelle Lage keine Patentlösung gibt, sondern dass die Vorschläge Experimentalcharakter haben und ihre Realisierung mit unerwünschten Nebenwirkungen einhergehen könnte.

In unserem Hauptszenario zur Euroland-Schuldenkrise gehen wir weiterhin von der Errichtung einer umfassenden europäischen Fiskal- und Haftungsunion mit Deutschland als tragender Säule aus. Bis zu deren Errichtung dürfte die Unsicherheit und damit die Investmentnachfrage nach Gold jedoch auf erhöhtem Niveau bleiben.

Eskalation wäre unter Umständen negativ für Gold Sollte es entgegen unserer Erwartungen zu einem unkontrolliertem Zusammenbruch der Europäischen Währungsunion kommen, dann würde die Anlegernachfrage zwar steigen. Die Marktturbulenzen im Herbst 2008 nach der Pleite von Lehman Brothers verdeutlichen allerdings, dass der Goldpreis dennoch kurzfristig fallen könnte, da institutionelle Investoren zum Verkauf gezwungen wären. Bislang noch nicht offiziell diskutierte Maßnahmen wie die Rückkehr der Deutschen Mark oder die Einführung eines Nord-Euros könnte sich sogar langfristig negativ für heimische Anleger auswirken. Die neue Währung würde vermutlich stark gegenüber dem Rest-Euro und dem US-Dollar aufwerten, so dass sich der Goldpreis aus deutscher Sicht ermäßigen würde.

Mögliche Szenarien für das Ende des Goldbooms Die Reihe von Jahren mit steigendem Goldpreis wird sich nicht ewig fortsetzen. Viele Marktteilnehmer erwarten, dass vor einem Absturz des Preises eine finaler Höhenflug stattfinden wird, der von panikartigen Goldkäufen großer Bevölkerungsteile getragen wird und für Altanleger eine willkommene und deutlich erkennbare Möglichkeit zum Ausstieg bietet. Alternativ wäre aber auch denkbar, dass der Goldpreis in einem Rezessions-Deflations-Szenario allmählich zurückgeht, da die Kaufkraft fehlt, um das größer werdende Angebot aufzunehmen. In diesem Zusammenhang ist die Entwicklung der Minenförderung und die Konjunktur in Indien sowie China mittelfristig sehr bedeutend.


Fazit

Der Goldpreis befindet sich trotz der Verluste in den letzten Tagen auf einem vergleichsweise hohen Niveau und die Abhängigkeit von den Anlegern hat sich deutlich erhöht. Zu einem Zeitpunkt vor der Finanzkrise hätte dies für eine Überbewertung des Edelmetalls gesprochen. Angesichts des Mangels an Alternativen und vor dem Hintergrund der substanziellen Probleme rechnen wir gleichwohl mit weiterhin hohen Mittelzuflüssen in den Goldmarkt und bestätigen unsere nach oben gerichteten Prognosen. Da der langjährige Bullenmarkt auch zum Aufbau von spekulativen Positionen genutzt wurde, resultiert allerdings eine hohe Gefahr von Preiseinbrüchen. In diesem Zusammenhang erscheint der jüngste Preisverfall weniger fundamental getrieben sondern vielmehr als Resultat der Liquidierungen von Anlagen am Finanzmarkt, um Preisrisiken vor dem Ende des Geschäftsjahres zu eliminieren. Die Volatilität dürfte dabei auch auf automatisch ausgeführte Stopp-loss-Orders und Algotrader zurückzuführen sein.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart





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