Mutiger Schachzug - EZB greift ein
Und wieder ist es die Europäische Zentralbank, die die Kartoffeln aus dem Feuer holt. Was wie eine normale Notenbankaktion klingt, ist eine verdeckte Rettungsaktion für Banken und Staaten. Kompliment, Mr. Draghi! Ein mutiger und gewagter Schachzug. Keine Frage, die Lage hinter den Kulissen des Geldes ist brenzliger als gemeinhin befürchtet.
Kreditklemme droht
Vordergründig wird eine drohende Kreditklemme im Bankensektor abgewendet. Hintergründig zielt die Aktion darauf ab, die Nachfrage nach europäischen Staatsanleihen anzukurbeln. Mit dem halben Billionen Euro Geldgeschenk zu Dumpingkonditionen ist das Thema Kreditklemme vom Tisch.
Nebenbei: Staatenrettung
Das EZB Geschenk hat einen Haken. Voraussetzung für den Geldsegen ist die Hinterlegung von Sicherheiten in Form von Wertpapieren bei der EZB. Es wird sie, liebe Leser meiner Kolumnen, wahrscheinlich nicht überraschen, dass dabei "zufällig" europäische Staatsanleihen eine wichtige Rolle spielen? Es dürfte den Banken nicht schwer fallen, zu ein Prozent Kreditzinsen (= EZB-Darlehen) munter Staatanleihen mit vier, fünf oder gar mehr Prozent Zinsen zu erwerben. Ein gutes Geschäft. Von solchen Konditionen können wir als Privatanleger nur träumen.
Verdeckte Notenpresse
Voila, so wirft man die Notenpresse für klamme Staaten an, ohne selbst im Feuer der Kritik zu stehen. Dank der angekurbelten Nachfrage sinken die Renditen für Staatsanleihen. Die Staaten bekommen mehr Luft zum Atmen. Was ist der Preis dafür? Die Risiken der Banken bzw. Staaten wandern in die EZB Bilanz. Dort schlummern sie vor sich hin.
Kein Freibrief
Mit der Finanzspritze verschafft die EZB den schlecht haushaltenden Staaten und Banken Zeit, die Probleme in den Griff zu bekommen. Gelingt das nicht, bekommt auch die EZB Probleme. Die schlummernden Risiken werden munter.
Harter Entzug oder Therapie
Wer meine Kolumne länger verfolgt, kennt meine These, dass die EZB durch das Politikversagen zum "Gelddrucken" gezwungen wird, wie es gar nicht deren Aufgabe wäre. Offiziell wehrt sich die EZB mit Händen und Füßen gegen eine Alimentierung der Pleitekandidaten, inoffiziell hat sie längst mit den Geldspritzen angefangen. Die jüngste Rekorddosis über eine halbe Billionen Euro ist der Wink mit dem Zaunpfahl.
Süchtig nach Geld
Was passiert, wenn man einem Heroinsüchtigen seine Droge wegnimmt? Er wird wild. Unser Finanzsystem braucht Kredit. In den richtigen Dosen kein Problem. Es ist sogar gut für den Wirtschaftskreislauf. Nimmt man zu viel, wird es problematisch, irgendwann zur selbstzerstörerischen Sucht. Es artet in einen Drogenexzess aus. Unser Finanzsystem ist süchtig nach Krediten.
Harter Entzug oder Kindergeburtstag?
Sollen wir dem Finanzjunky seine Gelddroge abrupt wegnehmen? Dann wäre die Finanzmarktkrise in 2008 vermutlich ein netter Kindergeburtstag gegenüber dem, was auf uns zukommt. Da ist mir das kleinere Übel eines sanften Entzugs lieber. So es denn in unserer Macht liegt.
© Heiko Aschoff
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