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Regierungsbildung, Fed-Politik und US-Schuldenlimitbelasten!

24.09.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.39 Uhr) bei 1.3495, nachdem Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden im europäischen Geschäft bei 1.3480 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 98.85. In der Folge notiert EUR-JPY bei 133.40, während EUR-CHF bei 1.2292 oszilliert.

Die Bundestagswahl liegt hinter uns. Es wurden klare Ergebnisse geliefert. Dennoch ist die Regierungsbildung noch nicht klar. Die SPD ziert sich. Die Grünen sind zunächst sehr mit sich selbst beschäftigt. Fakt ist, dass Kompromisse in einer Koalitionsregierung erforderlich sind. Diese Kompromisse sind derzeit nicht voll abwägbar. Entsprechend liefert die anstehende Regierungsbildung Unsicherheiten. Das belastet Risikoaktiva.

EZB-Präsident Mario Draghi sprach gestern vor dem Europäischen Parlament. Mario Draghi ist grundsätzlich zu einer neuen Liquiditätsspritze fürdas Bankensystem bereit. Sollte es nötig werden, um die laxe geldpolitische Ausrichtung der Zentralbank aufrecht zu erhalten, werde die EZB alle zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, "inklusive einer weiteren langfristigen Refinanzierungsoperation", sagte der Chef der Europäischen Zentralbank.

Diese Einlassungen sollen nach unserer Ansicht zweiThemen bedienen. Einerseits liefert Draghi eine klare Aussage, die Verwerfungen an den Zinsmärkten verhindern helfen sollen. Andererseits zielen seine Einlassungen darauf ab, einen unangemessenen Anstieg des Euros gegenüber dem USD zu unterminieren.

Beide Aspekte sind für eine Belebung der Konjunkturder Eurozone und in der Folge der fiskalischen Gesundung von erheblicher Bedeutung.

Das Thema des US-Tapering bleibt uns dank des "Market-Spin" unserer Freunde erhalten. Bei Tapering reden wir nicht von Reduktion von Liquidität, sondern lediglich von einem sukzessiven Ausstieg aus dem Aufbau von Überschussliquidität.

Gestern meldete sich Mr. Dudley zu Wort. Er begründete den nicht begonnenen Ausstieg aus dem Aufbau der Überschussliquidität mit einer immer noch schwächlichen Verfassung der US-Wirtschaft.

Diese Analyse der Lage der US-Wirtschaft deckt sichmit unserer Sichtweise. Die selbstragenden Kräfte sind unausgeprägt. Die Erholung am US-Arbeitsmarkt ist mit vielen Fragezeichen versehen. Hochqualitative Jobs gingen verloren, überwiegend Billigjobs werden geschaffen. Die Partizipationsrate am Arbeitsmarkt ist um 3% geringer als 2007.

Daraus schließen wir, dass es zu einem sehr vorsichtigen Ausstieg aus dem Aufbau der Überschussliquidität kommen kann - eine Reduktion der Überschussliquidität, die bei verbesserter Konjunkturlage geboten wäre, steht überhaupt nicht auf der Agenda.

Ergo ist die Art und Weise der analytischen Aufbereitung schon ein rechter Sturm im Wasserglas. Das gilt um so mehr, als dass der Markt die Reduktion der Bilanzsumme der EZB in den abgelaufenen Monaten um 24% überhaupt keine Diskussion wert war. Diese Reduktion der Überschussliquidität der EZB hatte keine Auswirkungen. "Food for thought!"

Die Debatte über das Dilemma des US-Schuldenlimits kommt immer stärker in den Fokus der Finanzmärkte. Deutlich wird hier, dass die USA anders als die Eurozone ihre strukturellen Hausaufgaben nicht gemacht haben. Hinsichtlich der belebten US-Konjunkturlage, die teuer erkauft wurde und wird und unausgeprägte selbsttragende Kräfte hat, kommt es zwar zur Reduktion des Haushaltsdefizits. Das ist aber maßgeblich zyklisch bedingt. Die Gesundung ist nicht struktureller Art.

Das lässt sich an Daten des IWF der USA und der Eurozone per 2013 verifizieren (Fiscal Monitor April 2014):

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(in % der Wirtschaftsleistung)


Da die Daten aus der Eurozone zuletzt deutlich positiv überraschten, sind die per April veröffentlichten Werte als äußerst konservativ zu klassifizieren.

Die vorläufigen Werte der Einkaufsmanagerindices der Eurozone nach Berechnung von Markit setzten gestern in einer Gesamtbetrachtung positiveAkzente.

Der Index für das produzierende und verarbeitende Gewerbe sank unerwartet von zuvor 51,4 auf 51,1 Punkte. Die Prognose lag bei 51,8 Zählern. DerIndex lieferte den schwächsten Wert seit zwei Monaten.

Der Dienstleistungsindex nahm dagegen von zuvor 50,7 unerwartet stark auf 52,1 Punkte zu. Hier lag die Konsensusprognose bei 51,1 Punkten. Es wurde der höchste Wert der letzten 27 Monate erreicht.

In der Folge verzeichnete der Composite Index einenAnstieg von 51,5 auf 52,1 Zähler. Dieser Index erreichte den höchsten Stand seit 27 Monaten.Analysten hatten lediglich eine Zunahme auf 51,9 Punkte unterstellt.

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Ingesamt hat sich damit das Wachstumsbild der Eurozone per September gegenüber dem Vormonat leicht aufgehellt.

Der US-National Activity Index der Federal Reserve Chicago setzte per Berichtsmonat August starke positive Akzente. Der Index legte von revidiert -0,43 (zuvor -0,15) auf +0,14 Punkte zu und markierte den besten Wert seit Februar 2013.

Dieser Index ist ein Sammelindex, der aus 85 Einzelindikatoren der US-Wirtschaft und der US-Finanzmärkte zusammengestellt ist. Das aktuelle Indexniveau impliziert einen Wachstumspfad von circa 2%.

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Der Markit Einkaufsmanagerindex für das produzierende und verarbeitende Gewerbe der USA sank unerwartet von zuvor 53,1 auf 52,8 Punkte. DiePrognose lag bei 54,0 Zählern. Trotz des Rückgangs der Dynamik impliziert dieses Indexniveauunverändert stabile Expansion.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3400 -30 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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