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Politische Risiken in USA und Italien belasten Risikoaktiva

30.09.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.57 Uhr) bei 1.3495, nachdem Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden im asiatischen Geschäft bei 1.3470 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 97.90. In der Folge notiert EUR-JPY bei 132.10, während EUR-CHF bei 1.2223 oszilliert.

Die Politik liefert derzeit Steilvorlagen, um Risikoaversion zu verstärken und Verunsicherung in der Realwirtschaft zu erhöhen.

Im Zentrum stehen dabei die USA.. Das Fiskaljahr geht heute in den USA zu Ende. Ein neuer Haushalt ist nicht verabschiedet. Die Schuldenobergrenze bei 16,7 Billionen USD wird in der zweiten Oktoberhälfte erreicht, weil dann auch die letzte kreative Finanzierungsoption ausgenutzt seinwird.

In den USA spielt derzeit Ideologie eine wesentliche Rolle. Die Republikaner sind gespalten. Der "orthodoxe" und ideologische Teil der Partei, die "Tea Party Bewegung", ist nicht bereit, sich Kompromissen zu öffnen. Seitens dieser Gruppierung wird der Gesamtstaat in Geiselhaft genommen. Fakt ist, dass Demokraten den Präsidentenstellen und den Senat kontrollieren. Nur das Repräsentantenhaus ist republikanisch dominiert.

Die Situation ist nicht vergleichbar mit den 90er "Government Shutdowns". Wenn Ideologie ins Spiel kommt, hat die Ratio kaum eine Chance. Die Wahrscheinlichkeiten eines "Government Shutdown" als auch eines kurzfristigen Zahlungsausfalls der USA (Schuldenlimit) nehmen zu. Genau dieses zunehmende Risiko spielen die Finanzmärkte.

Ratingagenturen sind ob dieser prekären Lage der USA erstaunlich still. Das wirft massive Fragen auf, die eine politische Antwort (aus der Eurozone und dem Rest der Welt) erfordern! Die politische Situation in Italien ist wenig befriedigend. Der Begriff Possenspiel drängt sich förmlich auf. Das Ego des "Non-Cavaliere" bestimmt in Italien das Schicksal der Nation. Die Gleichgültigkeit der italienischen Bevölkerung ob dieser Egomanie eines 77-jährigen Rechtsbrechers wirft Fragen über das Selbstverständnis der italienischen Politik, aber auch der Bevölkerung auf.

Fakt ist, dass sich dieses Land nicht weiterer Reformen verweigern kann, wenn mittelfristig Zukunftschancen für die jüngere Bevölkerung geschaffen werden sollen. Es geht nicht nur um Konsolidierung der öffentlichen Finanzen, sondern um Effizienzsteigerung der Administration und ganz wesentlich um Arbeitsmarktreformen, um Eintrittsbarrieren zu verringern und Wachstumspotentiale zu erhöhen.

Italiens Wirtschaft hat in der Vergangenheit trotz der Politik funktioniert. Die positivere Einschätzung der Lage seitens der italienischen Unternehmen mag diesen Umstand spiegeln. Für Italien geht es derzeit jedoch nicht um kurzfristige Befindlichkeiten und Veränderungen des Konjunkturzyklus, sondern um die Frage, ob dieses Land sich den Realitäten der global agierenden Ökonomie stellt und Zukunftsfähigkeit schafft oder sich zukünftiger Sklerose der Ökonomie, der Gesellschaft und des Wohlstands ausliefert.

Der dritte Unsicherheitsfaktor politischer Natur betrifft die politische Gemengelage in Deutschland. Die Regierungsbildung ist problematisch. Die Frage,welcher Preis für eine Regierungskoalition und wichtiger noch für die Wirtschaft und damit dieGesellschaft aufgerufen wird, ist unvermindert unklar.

Die Lernkurven aus den Krisenlagen der letzten Jahre sind offensichtlich in Washington, in Rom und ansatzweise in Berlin unausgeprägt.

Stringentes Handeln zu Gunsten der Allgemeinheit aus den Erfahrungen der Krise und der vorgelagerten Fehlsteuerungen ist unausgeprägt. Es werden Unsicherheiten kreiert oder Partei- und Individualinteressen bedient.

Damit wird die sich aus der Zyklik ergebende konjunkturelle Dynamik global eingetrübt. In der Folge wird auch die fiskalische Gesundung gestört. Nutzt das den von der Krise/den Krisen betroffenen Menschen? Food for thought …

Wenden wir uns den am Freitag veröffentlichten Konjunkturdaten zu:

Der „Economic Sentiment Index“ der Eurozone verzeichnete per September einen unerwarteten Anstieg von zuvor -95,3 (revidiert von 95,2) auf 96,9 Punkte. Die Prognose lag bei 96,0 Zählern. Damit wurde der höchste Wert seit August 2011 markiert!

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Die Stimmung der italienischen Unternehmer hat sichweiter aufgehellt. Das Barometer für die gesamte Wirtschaft kletterte im September auf 83,3 von 82 Punkten im August und damit den dritten Monat in Folge, wie die Statistikbehörde Istat am Freitag in Rom mitteilte. Es ist das höchste Niveau seit Juli 2012. Der Index umfasst Industrie,Einzelhandel, Bau und Dienstleister. Die Stimmung hellte sich in allen Branchen auf.

Besonders in der Industrie lief es gut. Hier stieg der Index überraschend deutlich auf 96,6 von 93,4 Zählern und erreichte den höchsten Stand seit August 2011.

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Auch aus der Schweiz erreichen uns positive Meldungen. Der KOF-Indikator legte per September von zuvor 1,37 auf 1,53 Punkte zu. Der Index markierte den höchsten Stand seit November 2012.

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Die persönlichen Einkommen nahmen in den USA im Monatsvergleich um 0,4% und im Jahresvergleich um 3,7% zu. Persönliche Ausgaben verzeichneten einen Anstieg um0,3% im Monatsvergleich und um 3,2% im Jahresvergleich. Die Sparquote stellte sich auf 4,6% nach zuvor 4,5%. Die Daten entsprachen weitgehend den Konsensusprognosen.

Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Universität Michigan stellte sich auf 77,5 nach zuvor 82,1 Punkten. Die Prognose war bei 80,5 Zählern angesiedelt. Der fortgesetzte Rückgang findet seine Kausalität in der politischen Zwangslage der USA als auch fraglos dem Anstieg des Kapitalmarktzinsniveaus derletzten Monate.

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Politische Einsicht, Diplomatie und Weitsicht sind die Grundvoraussetzungen, die einer nachhaltigen ökonomischen Aufschwungphase den Weg bereiten (vor allen Dingen aus einer durch politische Risiken induzierten Untersättigung heraus) und den Aufschwung begleiten.

Was derzeit vor allen Dingen in Washington und Rom passiert steht diesem Anspruch diametral gegenüber.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3400 -30 neutralisiert den positiven Bias. Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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