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Italien beordnet, EZB ohne Überraschungen, USA im Fokus - positive EUR-Daten!

04.10.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.44 Uhr) bei 1.3627, nachdem Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden im europäischen Geschäft bei 1.3587 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 97.10. In der Folge notiert EUR-JPY bei 132.35, während EUR-CHF bei 1.2240 oszilliert.

Das politische Drama in Italien nahm eine positive überraschende Wendung. Berlusconi knickte im letzten Moment ein und unterstützte die Regierung Letta. Diese Niederlage Berlusconis darf als Indiz für einen massiven Machtverlust der Person Berlusconi interpretiert werden. Die politische Drangsalierung Italiens durch die Privatinteressen des „Non-Cavaliere“ ist voraussichtlich beendet. Für Italien und für die Eurozone stellt diese Wendung eine massive Entlastung dar.

Die EZB lieferte keine Überraschungen. Eine Politik der ruhigen Hand dominiert. Die EZB hält sich alle Optionen hinsichtlich weiterer Lockerungen laut und bestimmt offen. Auch vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen im Haushaltsstreit in den USA ist dieser Ansatz sachlich geboten. Die EZB stuft die Konjunkturerholung als fragil ein und erkennt derzeit richtigerweise keinen Inflationsdruck.

Die Situation in den USA verschärft sich zusehends. Weder für den Haushalt noch für die Schuldenobergrenze ist eine schnelle Lösung vermeintlich in Sichtweite. Die Warnungen, die an die USA von dem IWF und weiteren Seiten gerichtet werden, sind Ausdruck ernster Sorge. Um was geht es in den USA?

Die allgemeine Krankenversicherung, umgangssprachlich "Obamacare", ist in der alten Legislaturperiode demokratisch in der Gesetzgebung verankert worden. Sie greift ab dem neuen Fiskaljahr, das am 1. Oktober 2013 begann.

Die republikanische "Tea Party"-Bewegung will nun ohne Mehrheit im Kongress (Senat ist demokratisch dominiert) eine Veränderung der demokratisch legalisierten Gesetzgebung über eine erpresserische Haltung im Haushaltsstreit erzwingen.

Das demokratische Selbstverständnis der "Tea-Party"-Bewegung ist an dieser Stelle zu hinterfragen. Mehr noch ist zu hinterfragen, dass diese Bewegung damit erhebliche ökonomische und finanzielle Beeinträchtigungen der Wirtschaft und der Privathaushalte forciert.

Egomanisches Eigeninteresse dieser Splittergruppierung dominiert damit gegenüber den Aspekten des Allgemeinwohls und der verantwortungsvollen Ausübung der internationale Funktion. Parallelen zu Berlusconi werden hier erkennbar. Auch bei Berlusconi dominierte das Eigeninteresse gegenüber dem Thema Allgemeinwohl und "Res Publica".

Bei einer weiteren Verschärfung spielte die "Tea Party"-Bewegung mit dem internationalen Machtanspruch der USA. Passt das in das Selbstverständnis dieser Gruppierung, die von ideologischen Ansätzen geprägt ist? Wie stark wird der Druck der Lobbygruppen auf diese Bewegung in den nächsten Tagen ausfallen, die die Republikaner finanziell maßgeblich unterstützen?

Diese beiden Fragen implizieren eine klare Antwort. Es wird voraussichtlich nach einem „Showdown“ bis zur letzten Minute zu einer Lösung kommen.

Die aktuellen politischen Realitäten sind in den USA dennoch verstörend. Die Veränderung der Werteskala (Ethik und daraus resultierend die gelebte Moral), die seit mehr als 10 Jahren erkennbar ist, wirft Fragen über den Führungsanspruch der USA in der westlichen Welt auf.

Wir wünschen den USA eine Rückkehr zu den Werten ihrer Verfassung, zu den Ansätzen freier Märkte (weg von der „Asset-driven Economy“), zum Anerkenntnis der Verschiebung der finanz- ökonomischen Machtachsen, die fraglos mit politischem Machtverlust einhergehen und zu notwendigem Humanismus, der das gesellschaftspolitische Gleichgewicht stabilisieren hilft. Ebenso wünschen wir den USA den Mut zu Strukturreformen, die in der Eurozone längst umgesetzt werden.

Ansonsten spielten die USA mit ihrer Zukunftsfähigkeit losgelöst von dem, was Ratingagenturen sagen und schreiben …

Gestern überzeugten die Wirtschaftsdaten aus der Eurozone in nachhaltiger Manier. Die These, dass nachhaltige strukturelle Reformen (Lohnstückkosten, fiskalische Strukturen, soziale Strukturen) schlussendlich positive Folgen in der Konjunkturlage bedingen, erfährt in der Eurozone sukzessive eine Bestätigung, nachdem dieser Prozess durch unangemessene Spekulation lange verzögert wurde.

Der Markit Einkaufsmanagerindex der Eurozone für den Dienstleistungssektor stellte sich laut finaler Berechnung per September auf 52,2 Punkte. Der vorläufige Wert lag bei 52,1 Zählern (Index größer 50 = Wachstum).

In Frankreich stellte sich der Index auf 51,0 nach 50,7 Punkten. In Italien legte der Index von 48,8 auf 52,7 Zähler zu. In Deutschland sank der Index im Monatsvergleich dagegen von 54,4 auf 53,7 Punkte.

Der Composite Index der Eurozone (kombiniert Dienstleistung und Produktion) stellte sich auf 52,2 nach zuvor 51,5 Punkten. Der Index markierte damit den höchsten Wert seit 27 Monaten! Seit Mai bewegt sich der Index oberhalb der Marke von 50 Punkten und signalisiert damit Wachstum. Nachfolgender Chart von Markit setzt den Index in ein Verhältnis zur Wirtschaftsleistung (GDP).

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Die Einzelhandelsumsätze der Eurozone setzten gestern positive Akzente. Per Berichtsmonat August kam es im Monatsvergleich zu einer Zunahme um 0,7%. Die Prognose lag bei lediglich 0,2%. Mehr noch wurde der Vormonatswert von +0,1% auf +0,5% revidiert. Ergo war das Zweimonatsergebnis um solide 0,9% höher als in der Konsensusprognose unterstellt.

Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um -0,3% (Prognose -1,5%) nach zuvor -0,7% (revidiert von -1,3%). Der Index der Einzelhandelsumsätze erreichte per August das höchste Niveau seit August 2012.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3500 -30 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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