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Ein paar Worte zu Energiekosten in D - Datencocktail weitgehend erfrischend

07.11.2013  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.3525 (07.54 Uhr), nachdem im europäischen Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3489 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem USD auf 98.65. In der Folge notiert EUR-JPY bei 133.40. EUR-CHF oszilliert bei 1.2328.

Die Debatte um die Strompreisrabatte nimmt derzeit einen breiten Raum ein. Bei diesem Thema geht es um die Zukunftschancen des Standorts Deutschland.

Der Ausstieg aus der Atomenergie per 2020 mit der Energiewende hin zu alternativen und regenerativen Energien war und ist richtig. Daran ist nicht zu rütteln.

Unser Haus steht wie kein anderes Haus für diesen langfristigen Politikwechsel in der Energiepolitik durch unsere Unternehmenspolitik. Die Bremer Landesbank ist einer der ersten Finanzierer dieses Segments in Deutschland.

Es geht aktuell um die Probleme, die durch die abrupte Wende nach Fukushima ausgelöst wurden.

Diesbezüglich geht es

• um die Frage der zukünftigen Wirtschaftsstruktur.
• Es geht um die Frage, ob das Hochlohnland Deutschland das Wohlstandsniveau halten kann. Die Debatte greift vollständig zu kurz!
• Fakt ist, dass Deutschland ein Industriestandort ist, der seine Industriestrukturen in der aggressiven Phase der Globalisierung durch sensibles Verhalten der Tarifparteien erhalten hat (im Gegensatz zu USA, UK und Südeuropäern).
• Fakt ist, dass diese Industriekultur, aber vor allen Dingen das enge Wirtschaftscluster (u.a. Zulieferer) Grundlage für das das Hochlohnland Deutschland ist.
• Fakt ist, dass Deutschland einen der energieintensivsten Wirtschaftsstandorte hat.
• Fakt ist, dass sich Deutschland ohnehin im obersten Preissegment für Energie bewegt.
• Fakt ist, dass Deutschland im Vergleich der Investitionsstandorte im OECDVergleich in den letzten Jahren zunehmend abfällt.
• Fakt ist, dass ein geringes Investitionsniveau den industriellen Kapitalstock erodiert und das enge Wirtschaftscluster und damit eine der Grundlagen des Standortvorteils Deutschlands schwächt.
• Fakt ist, dass nicht die Industrie für den abrupten Energiepolitikwechsel nach Fukushima votierte.
• Fakt ist, dass nach meinem Kenntnisstand kein anderes Land nach dem Debakel in Japan einen derartigen Lastwechsel in der Energiepolitik vornahm.
• Fakt ist, dass dieser abrupte Richtungswechsel den Investitionsstandort Deutschland in Frage stellt, da Planungssicherheit in elementaren Feldern der Wirtschaftsstruktur offensichtlich unausgeprägt ist. Die Richtlinienkompetenz lag in dieser Frage tendenziell auf der "Straße" und im Medienwald …

Der deutsche Bürger und nicht die Unternehmen wollte mit überwältigender Mehrheit den abrupten Ausstieg, ohne sich der Kosten bewusst zu sein.

Würde die Umfrage heute über einen derartigen Lastwechsel der Energiepolitik abgehalten werden, sähe das Ergebnis voraussichtlich deutlich anders aus.

Emotional geprägte Entscheidungen sind nicht notwendig weise. Gut gemeint ist nicht notwendig gut gemacht!

Im Rahmen der deutschen Empörungskultur sollen jetzt die Unternehmen, die bisher durch Rabatte von den Folgen in wesentlichen Teilen ausgespart wurden, belastet werden. Vordergründig ist dieser Vorschlag charmant, hintergründig könnte er extrem teuer sein. Fraglos weist Empörung eine nicht unerhebliche Nähe zu Emotion und eine erkennbare Distanz zu ausgewogener Sachlichkeit auf.

Der deutsche Bürger verweigert sich der Rechnung für die Politik, die er laut und bestimmt bestellte.

Deklinieren wir den Fall des Wegfalls der Rabatte für die deutsche Industrie durch:

• Die komparativen Nachteile des Investitionsstandorts Deutschland nähmen sportlich zu.
• Ohnehin gehen die energieintensiven Investitionen derzeit stark in Richtung USA, die massiv günstigere Energiepreise anbieten. Viele Länder rüsten sogar mit Atomenergie auf (u.a. UK, China) und spielen damit die Karte der Angebotspolitik bei einem sensiblen Wirtschaftsgut.
• Durch Abschreibungen und mangelnde Neu- und Ersatzinvestitionen schmälerte sich der Kapitalstock Deutschlands.
• Mittel- und langfristig schwächte sich das Wirtschaftscluster ab. Die Attraktivität des Standorts Deutschland würde sinken. Die Basis des Hochlohnlands würde erodiert.
• In der Folge sänke das Potentialwachstum. Das Steueraufkommen käme unter Druck (Thema Steuererhöhung!).
• Das Beschäftigungsniveau als auch unter Umständen das reale Lohnniveau kämen unter Druck.

Könnte der Preis für den Bürger und die kommenden Generationen nicht viel höher ausfallen als das Volumen der temporären Rabatte für die deutsche energieintensive Industrie?

Werden diese Aspekte angemessen rational in der Debatte berücksichtigt?

Könnte die vermeintliche Gerechtigkeit, die jetzt lautstark angestrebt wird, nicht am Ende ein elender Pyrrhussieg sein? "Food for thought!"

Werfen wir einen Blick auf die gestern veröffentlichten Konjunkturdaten der Eurozone:

Der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleitungsbereich der Eurozone legte per Oktober von 50,9 Zählern in der Erstschätzung auf 51,6 Punkte zu. Der Composite Index für Produktion und Dienstleistung stellte sich auf 51,9 Punkten nach 51,5 Punkten in der Erstschätzung.

Die Einzelhandelsumsätze der Eurozone sanken per September unerwartet stark um -0,6% im Monatsvergleich (Prognose -0,4%) nach zuvor +0,5%. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um +0,3% nach zuvor -0,2%. Die deutschen Auftrageingänge setzten positive Akzente auch dank eines starken Auftragseingangs aus der Eurozone.

Per September kam es zu einer Zunahme im Monatsvergleich um +3,3% (Prognose +0,5%) nach zuvor -0,3%. Im Jahresvergleich stellte sich der Anstieg auf 8,2% nach zuvor 3,0%.

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Die Daten aus den USA lieferten ein gemischtes Bild:

Der Challenger Report, der Auskunft über angekündigte Massenentlassungen gibt, wies per Oktober 45.730 betroffene Arbeitsverhältnisse aus. Gegenüber dem Vormonat kam es zu einem Anstieg um +13,5%. Im Jahresvergleich stellte sich ein Rückgang um -4,2% ein. Der Blick auf den Chart belegt, dass das aktuelle Niveau nicht als prekär zu klassifizieren ist.

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Die Frühindikatoren der USA nach Lesart des Conference Board legten im Monatsvergleich per September um 0,7% zu. Die Prognose lag bei 0,6%. Damit kam es zum fünften Anstieg innerhalb der letzten sechs Monate. Der Index stellt sich aktuell auf das höchste Niveau seit April 2008!

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das zunächst eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.3420 - 1.3840 eröffnet eine neue Trendopportunität.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



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