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Europas Stimmung besser als Lage

13.02.2014  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.3625 (07.43 Uhr), nachdem im US-Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3580 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 102.03. In der Folge notiert EUR-JPY bei 139.00. EUR-CHF oszilliert bei 1.2215.

Nachdem die USA ihr Schuldenlimit dieses Mal geräuschlos erhöht haben, drohen von dieser Seite erst einmal keine neuen "bad news". Besondersder rechte Flügel der Republikaner, die Tea Party Gruppe, forderte wieder politische Zugeständnisse für ihr Entgegenkommen. Präsident Obama lehnte dieses jedoch wieder konsequent ab. Aber Erfahrung macht klug und so stimmten nicht die Tea Party-Mitglieder, sonderndie gemäßigten Republikaner für die Erhöhung des Schuldenlimits. So herrscht in dieser Angelegenheit bis März 2015 Ruhe.

Europa zeigt dagegen ein Bild, in dem die gute Stimmung nicht zu den letzten veröffentlichten belastbaren Fakten passt.

Gestern wurden europäische Produktionsdaten veröffentlicht, die Enttäuschungspotenzial lieferten.

Die mäßigen Erwartungen von -0,1 Prozent wurden mit-0,7 Prozent im Monatsvergleich sogar noch unterboten und zeigten, wie wackelig dieErholung in Europa noch ist. Auch der Jahresvergleich enttäuschte mit +0,5 Prozent und lag deutlich unter den Erwartungen von 3,0 Prozent. Bedenklich ist weiterhin die schwache Investitionstätigkeit, die sich hier in einer Abnahme der Investitionsgüter wie Maschinen und Anlagen von -2,1 Prozent. Im Schnitt produzierten die Industrieunternehmen im vergangenen Jahr 0,8 Prozent weniger als zuvor.

Erfreulich dagegen waren die Entwicklungen in Portugal und Griechenland, wo deutliche Zuwächse (+0,7/+2,6%) zu verzeichnen waren.

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Sicher hatte der französische Notenbankpräsident und EZB-Direktor Benoît Cœuré auch diese Zahlen im Hinterkopf, als er einen Einblick in die aktuellen EZB-Diskussionen gewährte.

Weitere expansive Schritte der EZB wurden intern heiß diskutiert und sind eine absolut Ernst zu nehmende Alternative im Instrumentenkasten der EZB. Die Sackgasse aus schwachem Wachstum, (zu) niedrigen Investitionen und niedrigen Zinsen soll so bekämpft werden. Die Inflationsdaten der Eurozone liefern der EZB jedenfalls gute Argumente, um die ohnehin niedrigen Zinsen weiter zu senken. Nur falls die nächsten Wirtschaftsdaten unerwartet positiv ausfallen, wird die EZB wohl nicht noch einmal die Zinsen ändern. Diese Nachrichten reichten aus, um den Euro gegenüber dem Dollar einen Cent tiefer zu schicken. Dieser Effekt ist heute Morgen aber bereits wieder vollständig aufgeholt und der Euro zeigt sich von diesem Ausblick und auch von der offenen Entscheidung um das Anleihekaufprogramm unbeeindruckt.

In diese Stimmung passen die Nachrichten um Irland,die nun endgültig an den Kapitalmarkt zurückkehren werden. Portugal hat sein Emissionsvolumen für das komplette Jahr bereits zur Hälfte gedeckt. Und die Anleihekurse der griechischen Staatspapiere haben in den vergangenen Tagen weiter Kurs gehalten und in Rekordtempo den Erholungskurs fortgesetzt. Die Renditen von 10Y-Anleihen liegen inzwischen unter 6 Prozent.

Das politische Zerren um den Bankenstresstest bleibt bestehen. Nachdem Gerüchte kursierten, dass alleine schon aus politischen Gründen min. eine deutsche Bank durchfallen sollte, gibt es nun neue Erkenntnisse, dass es Erleichterungen für Banken geben soll, die von staatlicher Hilfe profitiert haben oder gegen die ein Beihilfeverfahren bestand. Diese Banken haben bisher alle Sollzielgrößen erfüllt bzw. übererfüllt und bekommen einen Vertrauensvorschuss von EBA und EZB, die die Kriterien für den Stresstest definieren. In dem Test sollen die (eigentlich erst zukünftig erreichten) niedrigeren Risikopositionen den Kapitaleinlagen gegenüber gestellt werden. Nicht nur deutsche Banken profitieren von dieser Regelung, sondern auch Banken aus dem angeschlagenen Bankensektor in Südeuropa. Der Test wird immer komplexer und politischer.

Zu guter Letzt beenden wir den heutigen Report mit einer Nachricht aus der Mottenkiste. Die EU-Kommission überlegt laut einem Papier, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, die Sparguthaben der Europäer anzuzapfen. Dieses Geld soll dann der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Wir wissen nicht, ob es sich hierbei um eine verfrüht veröffentlichte 1. April-Meldung handelt, alles andere wäre schwer verdaulich. Grundsätzlich erfüllen Banken durch ihre Transformationsfunktion die Umwandlung von Spareinlagen in Investitionskapital - durch die ausgereichten Kredite. Die in der Tat schwachenKreditvolumina in Europa haben keinen Zusammenhang mit zu wenig verfügbaren Geldmitteln. Vielmehr sind es unsichere Aussichten, die Firmen nicht in Investitionen locken sowie immer strengere Kapitalanforderungen an Banken. Diese schrumpfen häufig ihre Bilanzen und sparen in erster Linie an Krediten.

Die Stellhebel zur Gesundung sind nicht in einer Zwangsumwandlung der Sparguthaben zu Investitionskapital zu suchen. Neben Niedrigzinsen und Dreifachbesteuerung sowie eines fragwürdigen Rentenmodells wäre diese Zwangsmaßnahme ein weiteres Zeichen der Politik, wen sie wirklich für die Bereinigung finanzieller Schwierigkeiten heranziehen will. Den kleinen Sparer…. Wir wehren uns entschieden gegen solche Überlegungen und hoffen auf einen 1.April Gag im Februar.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Nachhaltige Trendsignale sind derzeit unausgeprägt.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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