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2014 oder 1914 … Asymmetrie der Bewertung und Politik

16.04.2014  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.3822 (07.40 Uhr), nachdem im europäischen Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3791 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 102.20. In der Folge notiert EUR-JPY bei 141.25. EUR-CHF oszilliert bei 1.2165.

Die Ukrainekrise hat die Finanzmärkte fest im Griff. Die Turbulenzen am deutschen Aktienmarkt sind eindringlicher Beleg dieses Umstands.

Die Ruhe am Devisenmarkt ist dagegen nahezu irritierend. Sollte der USD nicht gegenüber dem Euro an Wert zulegen, wenn wir hier an den Grenzen der EU mit Bürgerkrieg und einem möglichen Stellvertreterkrieg zwischen USA und Russland auf dem Rücken der Menschen der Ukraine zündeln?

Findet die Neubewertung unter Umständen aus dem Grund nicht statt, da die offensichtliche Aggression der USA allen freien Schwellenländern und wirklich freien Ländern eine Warnung hinsichtlich der eigenen Souveränität ist und entsprechend kein Interesse an einem Aufbau der USD-Devisenreserven besteht, da dadurch Abhängigkeiten von den USA erhöht werden (z.B. Kontensperren nach politischem Gutdünken)?

Was wir in unseren Medien erleben, ist bezüglich des Anspruchs einer aufgeklärten Gesellschaft und dem Anspruch auf sachliche mediale Begleitung mehr als irritierend. Die Entschuldigung einer Fehldarstellung zu Lasten Russlands in dem gestrigen "Heute Journal" von Herrn Kleber darf man als Indiz dieser medialen Asymmetrie interpretieren.

Man könnte den Eindruck gewinnen, dass wir uns im Jahr 1914 und nicht 2014 bewegen.

Bezüglich Asymmetrie geht es auch um die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine.

In einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Merkel hat der russische Präsident Putin vor einem Bürgerkrieg in der Ukraine gewarnt. Diese Sorge ist mehr als berechtigt.

Die Regierung der Ukraine hat gestern damit begonnen, Gewalt gegen die Separatisten anzuwenden.

Putin forderte von den Vereinten Nationen und der Staatengemeinschaft eine Verurteilung des Vorgehens der ukrainischen Sicherheitskräfte gegen die eigene Bevölkerung.

Zu dieser Verurteilung wird es bezüglich der Stimmrechtsverteilung und der Veto-Macht der USA nicht kommen.

Werfen wir einen Blick auf die Fakten der letzten 24 Stunden:

Sowohl die Bundesregierung, die USA, die EU und Nato haben die rechtmäßig gewählte Regierung Janukowitsch aufgefordert, keine Gewalt gegen die Maidan-Aktivisten/Besetzer einzusetzen. Ansonsten käme es zu drastischen Sanktionierungen und Isolierungen auch mit Blick auf Russland.

Die jetzige nicht verfassungskonforme Regierung (Russen feindlich und mit radikalen und antisemitischen Elementen) der Ukraine geht militärisch gegen die Demonstranten/Separatisten in der Ostukraine vor. Dieses Vorgehen wird von dem Weißen Haus offen unterstützt und von der Bundesregierung, der EU und der Nato toleriert.

Dass der CIA-Chef Brennan unter falschem Namen nach Kiew reiste, spricht Bände. Die Erklärungen des Weißen Hauses hinterlassen einen aufgeklärten und kritischen Geist fassungslos. Sie erinnern an ein Kind, das sich ohne Erlaubnis an Süßigkeiten erfreut und dann behauptet, dass es nur um eine Qualitätskontrolle ginge …

Wenn man den Wahrheitsgehalt der Äußerungen der US-Regierung vom Irakkrieg bis zur NSA begutachtet (Für historisch Interessierte: Man kann auch im 19. Jahrhundert beginnen) und den daraus resultierenden Blutzoll Dritter nicht außer Acht lässt, wird deutlich, dass kalte Machtpolitik das Leitthema der USA ist. Mit Demokratie und Werten der Freiheit hat das nichts zu tun. Wie geht das humanistisch geprägte Kontinentaleuropa damit um?

Chinas Wachstum und Wirtschaftsdaten setzen weder positive noch negative Akzente. Wir sind nicht bereit, ob einer Veränderung des Wachstums von 7,7% auf 7,4% im Jahresvergleich eine Debatte über ein Scheitern der chinesischen Politik und Wirtschaft zu führen.

Der deutsche ZEW-Sentiment Index enttäuschte gestern mit einem nicht erwarteten Rückgang von 46,6 auf 43,2 Punkte. Die Prognose lag bei 45,0 Zählern. Damit wurde der niedrigste Wert seit Sommer 2013 markiert. Diese Reaktion ist vor dem Hintergrund der Ukrainekrise angemessen.

Positiv stach dagegen der aktuelle Lageindex hervor. Hier kam es unerwartet zu einem Anstieg von 51,3 auf 59,5 Punkte.

Diese Divergenz zwischen Erwartung und Lage passt in das Bild. Wir haben im Jahresausblick von Aufholeffekten per 2014/2015 gesprochen. Die wirken sich positiv aus. Die Politik spielt aber mit der Fortsetzung genau dieses Aufschwungs. Nichts anderes sagt uns der aktuelle ZEW-Index.

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Die Daten aus den USA konnten nicht überzeugen:

Der NY Fed Manufacturing Survey enttäuschte mit einem Rückgang des Index per April von zuvor 5,6 auf 1,3 Punkte. Die Prognose lag bei 8,0 Punkten.

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Die US-Verbraucherpreise legten im März im Monatsvergleich um 0,2% (Prognose 0,1%) zu. Im Jahresvergleich ergab sich eine Zunahme um 1,5% (Prognose 1,4%) nach zuvor 1,1%.

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Der NAHB Housing Market Index legte per April von 46 (revidiert von 47) auf 47 Punkte zu. Die Konsensusprognose lag bei 50 Punkten. Das Bild für den Wohnimmobilienmarkt bleibt damit eingetrübt. Der Index bewegt sich auf dem Niveau des Frühsommers letzten Jahres.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Nachhaltige Trendsignale sind derzeit unausgeprägt.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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