Der Goldkrieg: Interview mit Autor Michael Morris
16.05.2014 | Redaktion
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Um die Bedeutung von Gold zu verstehen, um die Strukturen des Handels und die Macht der Großhändler und Bullionbanken zu verstehen, muss man weit zurück gehen, denn diejenigen, die sich den Goldhandel vor 150 Jahren unter den Nagel gerissen haben, dominieren und kontrollieren ihn auch noch heute. Es sind dieselben Familien, dieselben Unternehmen, die alles an A bis Z kontrollieren - nur die Methoden sind anders. Doch werden ihre Namen fast nie genannt, weil sie ein komplexes System an Firmenverflechtungen und -beteiligungen geschaffen haben, das die großen westlichen Banken und Zentralbanken einschließt, und die wahren Hintermänner verschleiert.
GS: Wollen Sie die Namen nun nennen?
Michael Morris: Ich nenne sie im Buch sehr ausführlich, beschreibe, wie sie die ersten Gold- und Kupferkartelle schufen und sich eine markt- und politik-beherrschende Vormachstellung aufbauten, die bis heute besteht. Aber ich denke, dass es den Rahmen dieses Interviews sprengen würde, wenn wir hier zu sehr ins Detail gehen. Entscheidend ist jedoch, dass ihre Macht langsam schwindet!
GS: Was die meisten Leser interessieren dürfte, ist die Frage nach dem Goldpreis. Wieso ist er 2013 so massiv eingebrochen, und wird er sich jemals wieder erholen? Die Prognosen der Banken lauten, dass der Goldpreis weiter sinken wird, viele "Goldbugs" gehen hingegen von einem stark steigenden Goldpreis aus. Was ist Ihre Sicht der Dinge?
Michael Morris: Nun, die Großbanken sollten es wissen, weil sie den Preis manipulieren. Insofern haben sie einen entscheidenden Informationsvorsprung. Doch auch die Goldbugs haben in gewissem Sinne recht. Da wirken zwei gewaltige Kräfte auf den Goldpreis ein. Das ist wie beim Tauziehen. Bislang war die Bankenseite stärker, doch wer weiß...
Es ist schwierig, den Goldpreis vorherzusagen, weil er manipuliert ist, aber langfristig denke ich, ist die Richtung klar: Es kann nur aufwärts gehen. Kurzfristig ist jedoch alles möglich. Man muss dafür die Hintergründe verstehen.
Der Goldmarkt war 2011 heiß gelaufen, weil wir im Westen zusehen konnten, wie unser Schuldgeld, allen voran der US-Dollar und der Euro, täglich an Wert verloren. Deshalb flüchteten viele Menschen ins Gold. Die Presse schrieb unentwegt über Gold. Es bildeten sich lange Schlangen vor den Goldhändlern und es kam zu Lieferengpässen. Viele Menschen hatten Angst um ihr Geld, daher sind sie auf einen Goldzug aufgesprungen, der bereits in voller Fahrt war, ohne zu wissen, wohin die Reise geht.
Sie verstanden den Markt nicht. Die Asiaten kaufen ohnehin seit Jahren alles Gold auf, das der Markt hergibt. Als dann auch noch der Westen dazu kam, war kein Halten mehr. Die Nachfrage überstieg das Angebot bei weitem. Der Goldpreis kletterte höher und höher und höher. Kurz bevor Gold jedoch die 2.000-Dollar-Marke überschritt, zogen die westlichen Notenbanken die Notbremse. Denn diese Marke war psychologisch sehr bedeutsam.
Hätte man diese geknackt, dann wären Dollar und Euro kollabiert, weil es zu einem Domino-Effekt gekommen wäre. Dann wären vermutlich die großen Banken und mit ihnen die Weltwirtschaft zusammengebrochen, die USA hätten ihre Vormachtstellung eingebüßt, und die Eurozone wäre vermutlich auseinandergebrochen. Das wurde mit allen Mitteln verhindert, auch mit illegalen. Aber das Prohibitionverbot (Anm. d. Red.: Alkoholverbot in den USA) in den 1920er-Jahren hat uns gezeigt, dass man etwas, das die Menschen wirklich wollen, auf Dauer nicht verbieten kann!
Und viele, viele Menschen wollen Gold!
GS: Welche Mittel waren das? Mario Draghi hat ja immer wieder betont, den Euro mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen! Worin besteht hier der Zusammenhang zu Gold?
Michael Morris: Ja, das ist interessant, denn so viele Möglichkeiten hat die EZB ja nicht. In Wahrheit ist es nicht die EZB, die den Euro gerettet hat. Die Schweiz stabilisierte den Euro, indem sie ihren Franken im September 2011 bei 1,20 an den Euro koppelte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es wirklich freiwillig tat, aber sie tat es. Sie tut es bis heute. Die Schweiz kauft nach wie vor täglich virtuelle Euros auf, die sie sich auf Konten gutschreiben lässt. Die Europäer begreifen überhaupt nicht, welche Opfer die Schweiz bislang für Europa erbrachte. Im Grunde ist sie seit ihrem Beitritt zum IWF nur noch ein Schatten ihrer selbst.
Die FED stabilisierte den Dollar, indem sie den Goldpreis gemeinsam mit JP Morgan Chase, Scottia Mocatta, GoldmanSachs und einigen anderen Verbündeten nach unten manipulierte. Man attackierte den Goldpreis beim London Goldfixing und an den Terminbörsen, wie der COMEX. Man schuf ein künstliches Überangebot. Es wurde fast hundert Mal mehr Gold auf dem Papier gehandelt, als physisch überhaupt existiert.
GS: Das ist für die meisten Menschen nicht nachvollziehbar. Wie kann man mehr verkaufen, als existiert? Ich denke, das ist der Punkt, der viele potentielle Goldanleger verunsichert.
Michael Morris: Ja, genau. Also, wie geht das? Indem man so tut, als ob. Man tut so, als würde man Gold handeln. Das ist, als ob Kinder in der Puppenküche mit fiktiven Zutaten kochen und einem dann den Löffel zum kosten hinhalten. Da ist nichts drauf, aber man tut so, als wäre da was, und als würde es auch ganz toll schmecken. Dann freut sich der kleine Koch und alles ist gut.
Im Grunde ist das an der COMEX genauso, nur mit dem einen Unterschied, dass dabei wirklich Geld fließt. Das wäre auch weiter nicht schlimm, wenn da ein paar große Kinder sich gegenseitig etwas hin- und her verkaufen würden, das sie nicht haben. Das Problem ist nur, dass diese Scheingeschäfte in den Spotpreis mit einfließen, also in den Goldpreis, der sich aus einer Fülle von Handelsdaten speist und als Richtschnur für die ganze Welt dient.