In Millisekunden stinkreich werden
23.05.2014 | Prof. Dr. Hans J. Bocker
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Mitunter fiel die Stufenkaskade so stark, dass der gesamte Handel am Markt für eine Weile gestoppt wurde (siehe drittes Beispiel oben). Alle Börsen haben bekanntlich Limite in den maximal erlaubten Kursbewegungen pro Zeiteinheit. Stürzen die Kurse mehr als eine bestimmte, durch die Börsenregeln festgelegte Prozentzahl ab, wird der Handel ausgesetzt, um den "irrationalen Überschwang" (Greenspan-Formulierung) zu bremsen. Meist geht es dann nach einigen Stunden oder auch erst am nächsten Tage - im obigen HFT-Beispiel nach 10 Sekunden (das sind immerhin 10 000 Millisekunde, also eine gewaltige Zeitspanne in diesem Metier) munter weiter. Ganz umsonst laufen derlei Spielchen für Goldman und Konsorten natürlich auch nicht. Auf dem Value Investment Congress in Las Vegas Anfang April 2014 stand das HFT urplötzlich im Mittelpunkt der Diskussionen, nachdem es jahrelang totgeschwiegen worden war. Hierbei liessen Experten vernehmen, dass die HFT-Branche in den letzten sechs Jahren insgesamt zwischen 4 und 6 Mrd. $ (genaue Zahlen sind unbekannt) für Super-Computer, Top-Programmierer und Software ausgegeben habe, nur um der Konkurrenz um einige Millisekunden voraus zu sein. Mitunter wäre es sogar um eine halbe Millisekunde gegangen.
Das Problem im HF-Handel liegt nicht in der Anwendung extrem ausgefeilter Technologien, deren Arbeitsgeschwindigkeiten völlig ausser Kontrolle menschlicher Wahrnehmung geriet, sondern im unethischen und kriminellen Verhalten von Männern in 4000 $ - Armani-Anzügen mit Nadelstreifen sowie der völlig passiven Haltung der Börsenaufsichten. HFT wird von den Bankern wegen seiner "hohen Effizienz im Handel und den niedrigen Kosten im Vergleich zum traditionellen Parketthandel" wieder und wieder entschuldigt. Kritik begegnet bestenfalls einem gelangweilten Achselzucken. Wie immer man diese Angelegenheit sehen mag, HFT besteht den Geruchstest nicht. Das Ganze ist hochgradig anrüchig und im Grunde natürlich kriminell. Doch nur Schmeissfliegen lockt derartiger Gestank, und diese werden von der Börsenaufsicht mittels undurchsichtiger Gaze ferngehalten, sie mögen so empört summen, wie sie wollen.
Den Nutzern solcher Programme steht ein weiterer wichtiger Vorteil ins Haus: Sie schaffen bewusst und gewollt ein negatives (Gold und Silber) oder positives (Aktien) Umfeld, Sentiment und Bewusstsein in der Öffentlichkeit. Einfach ausgedrückt und der heutigen Schieflage entsprechend, lautet die Botschaft der Hochfinanz an das kopfschüttelnde und ratlose Volk:
'Die zinslosen Edelmetalle sind für immer "out", aber Aktien und Dollar sind auf ewig "in". Verkauft also alle euer Gold und kauft Goldman (Aktien), ihr hirnlosen Trottel. Die Kurse und Preise für Edelmetalle fallen oder stagnieren wie man sehen kann, während die Aktienbörsen ganz klar die ganz grosse strahlende Zukunft repräsentieren, wie ihr ebenfalls sehen könnt.'
Den Einschub nach dem Wort "Zukunft", der da korrekterweise heissen müsste: "…bis zum Crash", lassen die hohen Herren mit ihren Propagandamaschinerien vorsichtshalber weg. Schliesslich muss man ja verantwortungsvoll der Öffentlichkeit gegenüber handeln.
Wie lange kann dieses schmutzige Spiel noch weitergehen? Theoretisch beliebig lange, solange es noch eine Börse, Käufer und Verkäufer, Spekulanten und willig mitspielende Aufsichtsbehörden gibt. Doch entscheidend ist die Tatsache bzw. Frage: WAS denn GENAU mit HTF und anderen Methoden nicht marktkonformer Machenschaften manipuliert werden kann. Die Antwort lautet: Nur den Derivate- und Papiermarkt direkt - und den physischen Markt nur indirekt - da letzterer sich in seiner Preisbildung am Papiermarkt (vorläufig noch) orientiert.
Im Falle übernormaler Nachfrage nach physischem Metall jedoch koppeln sich diese Preisgeschwister für alle sichtbar und in dramatischer Weise voneinander ab. Kein Wunder, denn der physische Markt ist im Vergleich zu den Papiergeldozeanen und Wertpapierseen winzig.
So geschehen beispielsweise im Jahre 2008, als Metall-Gold um bis zu 25% und metallisches Silber um bis zu 55% über den täglich in den Medien kotierten Preisen für Papiergold und Papiersilber lagen.
Ausserdem treten in Zeiten starker physischer Nachfrage sofort Lieferschwierigkeiten und Wartezeiten wegen der naturgegebenen Marktenge auf. Viele Käufer aus dem Bekanntenkreis des Autors mussten damals, und auch 2013 noch einmal, sechs bis 8 Wochen auf ihre bereits voll bezahlten Bestellungen warten. In solchen Situationen trocknet der physische Markt in wenigen Tagen, oder sogar in einigen Stunden, völlig aus.
Man kann mit absoluter Sicherheit davon ausgehen, dass im Falle einer wirklichen und für alle Bürger fühlbaren Krise im Nu so gut wie kein physisches Metall mehr zu erhalten ist. und wenn, dann nur zu weit überhöhten, ja sogar absurden Preisen.
Der Grund: Im Gegensatz zu allem Papier sind Metalle wie auch Rohstoffe nicht beliebig vermehrbar. Um das alte Beispiel noch einmal anzuführen: Geht nur ein einziges lächerliches Prozent der Weltbevölkerung oder aller Investoren oder aller Papiergeldhalter in Gold und Silber - noch einmal: nur e i n erbärmliches Prozent, dann stünde der Goldpreis im vier- oder gar fünfstelligen Dollar- oder Eurobereich und auch Silberkäufer müssten mit hohen drei- oder möglicherweise gar vierstelligen Preisen, jeweils pro Unze, rechnen.
In einer Situation wirklich hoher Nachfrage treten nicht nur gewaltige Preissteigerungen - genauer Kaufkraftgewinne auf, denn Zahlen sind mitunter, wie in der Hyperinflation - völlig bedeutungslos, sondern auch Knappheiten bis hin zu leergefegten Märkten ohne jedes Material in Sichtweite. Dann können die Banker oder die Finanzelite manipulieren bis sich ihre durchgeistigten Gesichter grün oder blau färben und ihre Ohrmuscheln beginnen unverdünnte Schwefelsäure abzusondern. Ihre täglich in den Medien angezeigten Papierpreise würden dann zur Zielscheibe des Spottes oder zum Inhalt gern gelesener Witzblätter.
Es gilt nach wie vor: Nur physisches Metall - nicht als Spekulationsobjekt - sondern als niemals versagende Versicherung für die Stunde X aufhäufen! Alle "Papierwerte", gleich welcher Art und Sorte, sind Versprechen von irgend jemandem (Staat, Zentralbank, Sparkasse, Sparschwein und Matratzen mit gefalteten Scheinen als Innerei, Unternehmen, Privatperson, Institution), die immer gebrochen werden. Sie gehen dann, wie so oft in der Geschichte, auf ihren echten inneren Wert zurück, nämlich Null. Dieses Beispiel wirkt allmählich etwas abgegriffen, aber auch Essen, Trinken, Atmen und Schlafen wiederholen sich ewig, und wirken hierdurch abgegriffen, bleiben aber dennoch unumstössliche Tatsachen, auf ewig real und notwendig.