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Der Stress nimmt nicht ab

04.08.2014  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.3420 (07.46 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3379 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 102.68. In der Folge notiert EUR-JPY bei 137.80. EUR-CHF oszilliert bei 1.2165.

Gut, Banco Espirito Santo ist erst einmal aus dem Schneider. Damit gibt es eine virulente Sorge weniger. Gleichwohl ist das Rettungspaket noch einmal Mahnung, dass die Erholung der Reformländer angreifbar ist. Das gilt vor allen Dingen für Belastungen der Weltwirtschaft resultierend aus den aktuellen Krisenherden Ukraine, aber auch Naher Osten.

Das IFO-Institut schlägt Alarm und bewegt sich damit argumentativ in unsere Richtung. IFO-Präsident Sinn erwartet, dass die Ukraine-Krise und die Sanktionen gegen Russland das Wirtschaftswachstum in Deutschland auf Null drücken werden. Bereits im zweiten Quartal hätte die Entwicklung Bremsspuren hinterlassen. Die Prognose von +0,3% sei nicht zu halten.

Das 3. Quartal müsse auch nach unten revidiert werden. Daraus ergäbe sich negativer Anpassungsbedarf in den Prognosen für 2014 und 2015.

Nach wie vor ist nicht ansatzweise eine Exit-Strategie des Westens in der Ukraine-Krise auszumachen.

Wir sind nach wie vor in höchstem Maße irritiert, dass bezüglich des Flugzeugabsturzes MH17 von Seiten der USA weiterhin keine Satellitenfotos (einer der der von den USA am intensivsten beobachteten Lufträume der Welt) geliefert werden. Mehr noch ist es an der Zeit, dass die Regierung in der Ukraine den Funkverkehr zwischen Tower und MH-17 veröffentlicht.

Das Ausbleiben dieser unverzichtbaren Informationen zur Klärung der Aggressionsfrage wirft aktuell mehr Fragen auf, als dass Antworten gegeben werden.

Die Entwicklung dieser Krise war gekennzeichnet von westlichem verdeckten Einfluss auf die ukrainische Innenpolitik (Souveränität missachtet = Aktion), einer Sezession der Krim unter massiver russischer Hilfestellung (Reaktion) und latenten westlichen Anschuldigungen, die nicht mit Beweisen (Maidan, Odessa, MH17) unterlegt wurden.

Lösungen sind derzeit nicht in Sicht.

Das Risiko, dass Europa sich teilt und mehr noch die Weltwirtschaft sich teilt (BRIC & Co gegen "Westen") ist erkennbar und wird derzeit als Risiko an den Finanzmärkten diskontiert.

Wirtschaftsdaten haben bezüglich der politischen Aktualität weniger Wirkung auf die Finanzmärkte.

Der verfügbare Datenpotpourri sendete zudem durchaus gemischte Signale. Erkennbar ist, dass die US-Wirtschaft nahezu ungeschoren aus den politischen Spannungen hervorgeht. Die Krise ist eben an die europäischen Grenzen exportiert worden.

Wie lautete es noch im "Alten Rom": "Divide et impera! So eine reformierte Eurozone ist gegenüber nicht strukturell erneuerten USA fraglos eine Herausforderung. Strukturell gesehen, sogar eine größere Herausforderung als 2007/2008.

Kommen wir zu den Fakten:

Der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex der Eurozone für den produzierenden Sektor stellte sich per Juli laut finaler Berechnung auf 51,8 (Erstschätzung 51,9) Punkte. Frankreich hat Handlungsbedarf!

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Spaniens Finanzen setzen positive Akzente. Per Juni stellte sich das Haushaltsdefizit auf 400 Millionen Euro. Im Juni 2013 lag das Defizit noch bei -6,3 Mrd. Euro. Aristoteles liegt einmal mehr richtig. Wer Strukturen verändert, verändert Konjunkturlagen und damit die Haushalte.

Der US-Arbeitsmarktbericht enttäuschte leicht. Per Juli wurden 209.000 neue Jobs geschaffen. Die Prognose lag bei 230.000 neu geschaffenen Stellen. Die Arbeitslosenquote stieg von 6,1% auf 6,2%. Die Partizipationsrate am Arbeitsmarkt legte unwesentlich von 62,8% auf 62,9% zu und bewegt sich weiterhin historisch gesehen in einem prekären Bereich.

Zwei Qualitätsmängel liegen am US-Arbeitsmarkt vor. Die Partizipationsrate ist historisch niedrig und nach wie vor gehen gut bezahlte Jobs verloren, während maßgeblich Billigjobs generiert werden (Lohnsummenaspekt).

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Das US-Verbrauchervertrauen nach Lesart der Universität Michigan sank per Juli im Monatsvergleich von zuvor 82,5 auf 81,8 Punkte.

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Die US-Bauausgaben verzeichneten per Juni einen unerwarteten Rückgang um -1,8% (Prognose +0,5%). Unsere skeptische Haltung zu dem US-Wohnimmobilienmarkt setzt eben auch Skepsis bezüglich der Bauausgaben voraus.

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Der ISM-Manufacturing Index setzte per Juli positive Akzente mit einem unerwarteten Anstieg von zuvor 55,3 auf 57,1 Punkte. Damit markierte der Index das höchste Niveau seit April 2011. Der produzierende Sektor reüssiert in den USA, da gibt es keine Frage. Das Problem ist nur, dass dieser Sektor nur circa 13% der Wirtschaftsleistung ausmacht.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Nachhaltige Trendsignale sind derzeit unausgeprägt.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



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