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Der Crash als Erlösung

19.08.2014  |  Robert Rethfeld
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Bundesfinanzminister Schäuble plant für 2015, ohne eine zusätzliche Verschuldung auszukommen. Allein durch das Zurückfahren der Ausgabe von Staatsanleihen durch die USA und Deutschland verknappt sich das Angebot deutlich, selbst wenn andere Staaten (wie Frankreich und die Peripherie-Staaten) ihr Emissionstempo beibehalten. Das Congressional Budget Office plant für 2015 einen weiteren Rückgang der Neuverschuldung auf 469 Mrd. US-Dollar. Erst ab dem Jahr 2016 soll die Neuverschuldung erneut zulegen.

So bleibt der Zwang zur Neuordnung des Finanzsystems aus. Theoretisch können Japan und andere hochverschuldete Staaten ihre Politik noch Jahrzehnte weiterführen. Solange der Anleger mit einer 10-Jahres-Rendite von 0,5 Prozent zufrieden ist, muss der japanische Staat kaum in die Tasche greifen. Auch der deutsche Finanzminister dürfte sich bei einer Rendite von einem Prozent ein fröhliches Lächeln nicht verkneifen können.

Man kann den Zustand der Finanzwelt beklagen. Die Probleme (Staatsverschuldung, Vertrauenskrise, der Zustand des Euroraums, die lose Geldpolitik) sind bekannt und harren der Lösung. Manches jedoch ist aus zyklischer Sicht erklärbar. Die "Enteignung der deutschen Sparer" zum Beispiel.

Eine Rendite von 1,0 Prozent und eine Inflationsrate von 0,8 Prozent ergeben einen Realzins von 0,2 Prozent. Also fast nichts. Der geringe Sparzins wird durch die Inflationsrate entwertet. Der Sparer wird enteignet.

Der Blick in die US-Historie zeigt, dass ein Realzins von null oder darunter nicht ungewöhnlich ist.

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Die Periode von 1981 bis 2005 gilt historisch als die längste Periode mit einem positiven Realzins. 24 Jahre lang (blauer Kreis obiger Chart) häufte sich auf dem eigenen Sparkonto ein beständiger, realer Vermögenszuwachs an. Mit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007 endete diese ungewöhnliche Periode. Die Rendite von Staatsanleihen, Renten- und Lebensversicherungen sowie die Cashbestände werden nicht erst die Verlierer eines Crashes sein, wie die Autoren Weik/Friedrich meinen: Sie sind es schon jetzt.

Mal verdienen die Sparer real dazu, mal verlieren sie real. Historisch betrachtet gibt es keine Garantie auf positive Realzinsen. Die lange positive Periode von 1981 bis 2005, die viele Zeitgenossen als Regel ansehen, muss als Ausnahme gelten.

Fazit: Beten für den Crash hilft nur, wenn man die Renditen in sein Gebet mit einbezieht. Im Falle deutlich steigender Zinsen würde die Staatengemeinschaft zu einer Neuordnung des Finanzsystems gezwungen. Steigende Renditen allein in der Peripherie reichen dafür nicht aus. Die Märkte sind ein lebendiger, anpassungsfähiger Organismus. Sie tun das, was sie am Leben erhält. Vorstellbar ist ein Szenario deutlich steigender Zinsen dann, wenn die Nachfrage nach Staatsanleihen nachlassen würde. Die Verknappung des Angebots in den kommenden Jahren macht es schwer, sich ein solches Szenario im Hinblick auf die kommenden Monate vorzustellen.

Der Kriegsfall ist - angesichts der aktuellen Ereignisse - nicht auszuschließen. Der Spanische Erbfolgekrieg, der Wiener Kongress im Gefolge der napoleonischen Kriege sowie der erste Weltkrieg bilden einen 100-Jahre-Kriegszyklus. Ein Krieg in dieser Dekade würde dem Zyklus entsprechen. Ein größeres kriegerisches Ereignis dürfte - über die Verknappung von Gebrauchsgütern - einen Anstieg der Inflation in Gang setzen. Diese würde die Renditen steigen lassen. Der Mechanismus der Neuordnung würde ausgelöst werden.

Möge uns ein solches Ereignis erspart bleiben. Es gilt der Spruch "Be careful what you wish for".


© Robert Rethfeld
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